Burgenforscher ziehen Bilanz der Ausgrabungssaison auf der Holsterburg

Die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben Bilanz der Grabungen in diesem Jahr auf der Holsterburg bei Warburg gezogen. Sie gingen dem Innenleben der Burg ebenso auf den Grund wie ihrem Unterbau, der Landschaft, in die sie eingebettet war und dem Alltagsleben, das sich in den verwinkelten Räumen des achteckigen Bauwerks im Hochmittelalter entfaltete.

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Die Holsterburg aus der Vogelperspektive
Die Holsterburg am Ende der aktuellen Grabungssaison aus der Vogelperspektive. (Foto: LWL/Welp)

Auf Äußerlichkeiten haben die Bewohner Wert gelegt, wenn sie sich mit einem hübsch verzierten Knochenkamm zurecht machten oder mit schönen Glasperlen schmückten. Diese Gegenstände fanden die LWL-Archäologen in dem Schutt, der von der Burg übrig blieb, nachdem sie noch im Mittelalter dem Erdboden gleich gemacht wurde. Denn die Holsterburg lag stets im Zentrum von Konflikten zwischen der Eigentümerfamilie Berkule und der Stadt Warburg. Wohl auch deshalb bauten die Besitzer die Burg an einer wichtigen Wegführung mit einer besonders spektakulären Architektur.

Da die Burg jedoch komplett zerstört wurde, ist es für die Archäologen nicht leicht, ihre Binnenstrukturen zu entschlüsseln. "Während der aktuellen Ausgrabungen konnten wir neue Erkenntnisse über die innere Aufteilung der Burg und über die Binnenstratigraphie gewinnen", ist Grabungsleiter Kim Wegener zufrieden. So ist das Grabungsteam mithilfe neuer Baubefunde jetzt den einzelnen Bauphasen des ungewöhnlichen Bauwerks auf der Spur. Wann welcher Raum umgebaut wurde, die Raumhöhe verändert oder der Eingang verlegt wurde: All das lässt sich im Boden ablesen. Auch die Ausbruchgrube des Bergfrieds, des Hauptturmes der Burg mit einem Durchmesser von 6,80 Metern, konnte in dieser Grabungssaison erstmals vollständig freigelegt und dokumentiert werden.

"Besonders freuen wir uns über die herausragenden Einzelfunde, die einen wunderbaren Einblick in das Alltagsleben auf der Burg geben", schildert Dr. Hans-Werner Peine, Leiter des Fachreferates Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen. Wichtig ist für ihn aber auch die Zusammenarbeit mit den benachbarten Wissenschaften. So analysierten die Geologen die Böden, um mehr Informationen über die Entstehung der Landschaft und deren Aussehen zur Entstehungszeit der Burg zu bekommen.

Wissenschaftler der Fachhochschule Karlsruhe nahmen Proben vom Gemäuer, um mehr über die Festigkeit der Mauern herauszufinden. Zudem untersuchten die Archäobotaniker der Universität Köln die Bodenproben nach Hinweisen auf die Flora und Fauna des Hochmittelalters.

Bei den insgesamt vier öffentlichen Führungen haben annähernd 500 Personen die Burganlage erkundet und sich über den Fortgang der Ausgrabungen und Untersuchungen informiert. Zu Gast waren auch Fachkollegen aus dem In- und Ausland. Denn die Holsterburg rückt mit fortschreitenden Forschungsergebnissen immer wieder in den Mittelpunkt des Interesses.

Aus den historischen Quellen ist nur wenig über die Vergangenheit der Holsterburg zu erfahren. Hier wird sie erstmals um 1170 erwähnt. Nach ihrer Zerstörung im Jahr 1294 geriet die Burg in Vergessenheit. Deshalb ist die Arbeit der Archäologen wichtig: "Jede archäologische Information ergänzt die Geschichtsschreibung um wertvolle Kapitel - und bereichert auch die Burgenforschung", sagt Peine. "Denn die Holsterburg ist der nördlichste Vertreter der oktogonalen Burgen in Europa."

Brettspielsteine für Mühle und Backgammon
Echte Raritäten: Brettspielsteine für Mühle und Backgammon zeugen vom Zeitvertreib der mittelalterlichen Bewohner der Holsterburg. (Foto: LWL/Brentführer)