Homo floresiensis doch eine eigene Species

Seit der Entdeckung streitet sich die Wissenschaft darüber, ob es sich bei Homo floresiensis - der auch unter dem Spitznamen »Hobbit« bekannt geworden ist - um eine kleinwüchsige Inselpopulation des Homo erectus oder um krankheitsbedingt veränderte Überreste von anatomisch modernen Menschen handelt. Eine neue Studie stützt die Theorie, dass es sich um eine eigene Art der Gattung Homo handelt.

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Homo floresiensis Schädel LB1
Der in Liang Bua 1 (LB1) gefundene Schädel eines Homo floresiensis. Photo: P. Brown

Wissenschaftler des Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment der Universität Tübingen untersuchten in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Stony Brook University New York und der Universität von Minnesota die anatomischen Merkmale der gefundenen Schädel. Die Ergebnisse der am 10. Juli in der Zeitschrift PLOS ONE publizierten Studie unterstützen die Theorie, dass H. floresiensis eine eigene Art der Gattung Homo darstellt.

Seit der Entdeckung der etwa 18.000 Jahre alten Überreste auf der indonesischen Insel Flores ist die Abstammung des Homo floresiensis stark umstritten. Grundlegende Frage ist, ob es sich um eine eigene Art handelt oder nicht. Hatte sich auf der Insel eine kleinwüchsige Population des Homo erectus etabliert? Oder waren es moderne Menschen, die an einer Krankheit litten? Der Schädel mit der Fundnummer LB1 hat eine geringe Größe und umfasste wohl nur ein eher kleines Gehirn. Als Ursachen kämen zum Beispiel eine Form der Unterfunktion der Schilddrüse oder das Laron-Syndrom sowie Mikrozephalie in Frage.

An digitalen Darstellungen der Schädel analysierten die Forscher mit Hilfe dreidimensionaler Vermessung (Geometric-Morphometric Untersuchungen) und multivarianter statistischer Berechnungen die Koordinaten der anatomischen Merkmale der Schädeloberfläche.

Sie verglichen die Form des LB1-Schädels sowohl mit fossilen Schädeln verschiedener Arten der Gattung Homo als auch mit denen moderner Menschen, die an unterschiedlichen Krankheiten litten, die als Auslöser für Kleinwüchsigkeit bekannt sind.

»Damit liegt eine umfassende Untersuchung der beiden wichtigsten, gegensätzlichen Hypothesen zur umstrittenen Einordnung des Homo floresiensis vor«, so Professorin Katerina Harvati. Die Ergebnisse zeigen, dass der LB1-Schädel größere Übereinstimmungen mit der Gruppe der fossilen als mit den modernen, krankheitsbedingt veränderten Schädeln aufweist. Obwohl die Oberfläche Ähnlichkeiten zu den von Krankheit deformierten Schädeln zeigt, existieren bei LB1 doch zusätzliche Merkmale, die diesen Schädel ausschließlich mit den fossilen Funden verbinden.

»Unsere Ergebnisse erbringen den bisher eindeutigsten Nachweis einer engen Verbindung zwischen Homo floresiensis und den fossilen Überresten der Gattung Homo«, fassen die Autoren die Resultate des Forscherteams zusammen: »Unsere Studie widerspricht der Hypothese, dass es sich bei LB1 um einen anatomisch modernen Menschen handelt, der an einer krankheitsbedingten Veränderung, wie sie zum Beispiel durch Mikrozephalie verursacht wird, litt.«

Publikation

Baab, Karen L.; Mc Nulty, Kieran P.; Harvati, Katerina: Homo floresiensis contextualized: a geometric morphometric comparative analysis of fossil and pathological human samples, PLOS ONE (2013): http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0069119

Vergleich Schädel
Durch statistische Analyse ermittelte Unterschiede der Schädel-Oberflächen. Links oben: Gesunder moderner Mensch. Links unten: moderner Mensch mit Mikrozephalie. Oben rechts: LB1 Homo floresiensis. Unten rechts: fossiler Schädel der Gattung Homo. Die Bilder verdeutlichen, wieviel höher und runder die Hirnschale des modernen Menschen im Vergleich zu den anderen drei Gruppen geformt ist. Der LB1 Schädel ist den fossilen Schädeln weitaus ähnlicher als denen der modernen Menschen. Grafik © K. Harvati