Ausgrabungen im Oppidum von Manching liefern neue Erkenntnisse

Seit Anfang 2022 arbeiten Archäologinnen und Archäologen in der keltischen Siedlung von Manching, die zu den bedeutendsten Bodendenkmälern aus keltischer Zeit nördlich der Alpen zählt. Notwendig wurden die archäologischen Maßnahmen durch Bauarbeiten an der Bundesstraße 16. Gut die Hälfte der aktuellen Grabungsfläche im Zentrum des Oppidums von Manching ist mittlerweile untersucht und dokumentiert: Die jüngsten archäologischen Befunde und Funde zeichnen ein detailreiches Bild vom Alltag der Menschen, die damals dort lebten und arbeiteten.

Ausgrabung in Manching
Archäologische Ausgrabung im keltischen Oppidum von Manching. Foto: ProArch GmbH

Die geplanten Bauarbeiten an der B16 betreffen das Zentrum des keltischen Oppidums von Manching. Sie sehen unter anderem den Bau einer Autobrücke sowie einer Fußgänger- und Radfahrerüberführung vor. Die Archäologinnen und Archäologen graben nun etwaige Befunde und Funde aus und dokumentieren sie, damit sie so weiterhin der Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen und der Allgemeinheit erhalten bleiben. 

Für den Schutz und den Erhalt der dort noch im Boden erhaltenen Stadt wird die Straße so gebaut, dass auf Bodeneingriffe soweit wie möglich verzichtet werden kann. Die archäologischen Ausgrabungen, die durch eine vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt beauftragte Grabungsfirma ProArch GmbH durchgeführt und durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege betreut werden, werden daher nur auf kleinen Flächen realisiert. Finanziert werden die archäologischen Maßnahmen vom Bund und vom Freistaat Bayern. 

In der keltischen Siedlung gab es neben dem Wohnbereich auch reine Handwerksareale. Auf dem Speiseplan der Bewohner standen Getreideprodukte, aber auch Rindfleisch und Fisch. Und: sie recycelten Keramik und Holz, um Ressourcen zu sparen. 

»Das Grabungsteam ist auf zerbrochene Tongefäße gestoßen, die zu Handarbeitsgeräten umfunktioniert wurden und auf für den Brunnenbau zweitverwertete Fasswände. Ein interessanter Aspekt: Nach mehr als 2000 Jahren lässt sich an den Funden noch ablesen, dass auch für die Kelten nachhaltiges Wirtschaften ein Thema war, wenn wohl auch aus anderen Gründen als für uns heute«, erklärt Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. 

Im Süden des untersuchten Bereichs fanden die Archäologinnen und Archäologen Spuren von zahlreichen Wohngebäuden, sogenannte Pfostengruben, die für eine dichte Bebauung sprechen, sowie Brunnen und Gruben mit Siedlungsabfall – etwa Speisereste und zahlreiche Teile von Keramikgefäßen. Im nördlich angrenzenden Bereich sind dagegen kaum Gebäudestrukturen erkennbar. Stattdessen entdeckte das Grabungsteam dort eine Vielzahl großer Gruben, Gräben und Brunnen. Dieses Gebiet scheint vor allem dem Handwerk vorbehalten gewesen zu sein. Dies zeigen Funde wie Wetzsteine, die dem Schärfen von Geräten dienten, Reste von Öfen zur Eisen- und Keramikproduktion, Tierknochen, die vom Schlachten und Zerlegen von Tieren wie Rindern zeugen, verschiedene Eisenmesser und Scheren. Hier fanden die Archäologinnen und Archäologen auch die recycelten Gefäßscherben, aus denen durchlochte Wirtel zum Spinnen von Garn hergestellt worden waren. Weitere Hinweise auf die unterschiedlichsten Tätigkeiten vor Ort liefern Mahlsteine, Pflugschare und sogenannte Tüpfelplatten, mit denen die Kelten ihre Münzen herstellten, aber auch eine sehr große Menge an Tonscherben und Schlackeresten, die beim Verhüttungsprozess anfallen. 

Insbesondere der Inhalt der ehemaligen Brunnen kann den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weitere Hinweise auf die Nutzung des Areals und die umgebende Landschaft liefern. Erste archäobotanische Untersuchungen von Erdproben ergaben, dass in diesem Bereich Getreide gelagert oder verarbeitet worden ist, unter anderem Dinkel, Hafer oder Roggentrespe. Verschiedene Unkrautsamen zeugen von intensiv bewirtschafteten Böden, die typisch für Gärten und Hackfruchtäcker sind. Darüber hinaus entdeckte man Fischgräten und Schuppen, die im Manchinger Oppidum bisher nur selten dokumentiert werden konnten. 

»Ich finde es bemerkenswert, dass sich innerhalb der Grabungsfläche in der ehemaligen keltischen Stadt eine Nutzungsänderung deutlich abzeichnet. Spannend für mich ist, dass trotz vielfältiger moderner Einwirkungen wie die Entwässerung, der Straßenbau und Spuren des zweiten Weltkriegs wie Flakstellungen und Bombentrichter ein Großteil der keltischen Besiedlung im Boden noch erhalten ist«, betont Archäologin Dr. Stefanie Berg, zuständige Referatsleiterin am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. 

Über das Oppidum

Das Oppidum von Manching war eine befestigte keltische Stadt, die sich in einer verkehrsgeografisch hervorragenden Lage aufgrund der Nähe zu einem heute verlandeten Donauarm, zur Paar und zu einem schon in der Vorgeschichte wichtigen Landweg auf dem südlichen Donauufer zu einem politischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt während der Latènezeit nördlich der Alpen entwickelte. Mit der Errichtung einer Stadtmauer um 140/130 v. Christus erreichte die Siedlung ihre größte Ausdehnung mit einer Fläche von rund 380 Hektar und hatte zeitweise um die 10.000 Einwohner. Damit war diese keltische Stadt z.B. größer als das mittelalterliche Nürnberg. Die Siedlung wurde etwa um 50 v. Christus aufgegeben. 

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