Ein neues Museum für einen alten Fundplatz

Das Alamannenmuseum in Weingarten

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Gut 30 Jahre nach der Eröffnung wird das Alamannenmuseum Weingarten erstmals komplett neu gestaltet. Der Ausstellungssaal im alten Kornhaus der Stadt Weingarten bei Ravensburg erhält nicht nur einen Fahrstuhl und etwas frische Farbe. Die Vitrinen und Texttafeln selbst werden durch eine ganz neue Ausstellung ersetzt, die sowohl dem neuesten Stand der Wissenschaft, als auch modernen didaktischen Vorstellungen gerecht werden soll. In den folgenden Monaten wird hier der Verlauf der Ausstellungsplanung und des Aufbaus zu verfolgen sein. Doch zunächst lohnt sich ein Rückblick auf die Geschichte des Museums und auf die Entdeckung des zweitgrößten frühmittelalterlichen Gräberfeldes in Südwestdeutschland.

1952 stießen Bauarbeiter bei Kanalarbeiten auf ein frühmittelalterliches Gräberfeld. Auf dem Gelände am Rande der Stadt sollte eine Neubausiedlung entstehen und so war Eile geboten. Innerhalb der folgenden fünf Jahre wurden in mehreren Kampagnen 801 Gräber aus der Mitte des 5. Jahrhunderts bis um 700 n. Chr. aufgedeckt. Mehr als 5000 Objekte konnten bei den Ausgrabungen geborgen werden, deren Potenzial für die Forschung jedoch bis heute noch nicht voll ausgeschöpft ist. Früh wurden anthropologische Untersuchungen an dem umfangreichen Knochenmaterial vorgenommen und in den 1980er und 1990er Jahren folgten Analysen zu Ernährung und Verwandtschaftsverhältnissen der Bevölkerung. Die eigentliche archäologische Auswertung ist jedoch eher zögerlich verlaufen. Ein Katalog der Grabfunde liegt seit 1995 vor, zudem sind einzelne Detailanalysen publiziert.

Eine zusammenfassende Darstellung zu diesem außergewöhnlichen Fundort stellt die Ausstellung im „Alamannenmuseum“ in Weingarten dar. Offiziell 1976 eröffnet, wurde sie bis 1981 durch das Ehepaar Neuffer fertig gestellt. Der Saal im historischen Kornhaus bietet ausreichend Raum und ist zentral gelegen. Dem Stil dieser Zeit entsprechend, zeigt das Museum eine große Menge an Objekten in schlichten Tisch- und Wandvitrinen. Ein wichtiges Anliegen der Ausstellungsmacher war sicher, so viele schöne Stücke wie möglich zu zeigen und so liegen auf farbigem Filz - in Orange, Gelb, Blau und Rot - Trachtbestandteile, Schmuck und Waffen weitgehend ohne Hintergrundinformation aufgereiht.

Um so umfangreicher sind die Wandtexte: 16 große Texttafeln in kleiner Schrift erzählen von der Geschichte der Stadt Weingarten, der Geschichte der Alamannen, von Chronologie, Bestattungssitten bis hin zu Kunsthandwerk, Kleidung, Recht und Gesetz und zahlreichen weiteren Themen.

Den heutigen Besuchern fällt neben den altmodischen Farben des Raumes vor allem die fehlende Struktur auf. So sind Vitrinen und Texte zwar nummeriert, stehen aber nicht immer in richtiger Reihenfolge. Besonders die Trennung von Textinformation und Objekten führt dazu, dass viele Betrachter unsicher zwischen Vitrinen und Wänden pendeln in der Hoffnung Verbindungen zu erstellen.

Seit den 1980ern hat sich wenig in der Ausstellung verändert. Die bedeutendste Erneuerung besteht in zwei Grabrekonstruktionen in der Mitte des Raumes. Knochen und Originalfunde aus den zwei besonders gut ausgestatten Gräbern 615 und 619 sind dort seit 1997 in ihrer Befundlage arrangiert, so dass die Besucher eine Vorstellung erhalten können, auf welcher Grundlage die Forschung arbeitet.

Während diese Rekonstruktion sehr anschaulich ist und vor allem bei Führungen von Schulklassen gute Dienste leistet, ist der Rest der Ausstellung aus heutiger Sicht mit einigen Nachteilen behaftet. Nicht nur der veraltete Forschungsstand und das unmoderne Design, sondern vor allem die Schwierigkeiten der Didaktik führten dazu, dass Anfang des Jahres 2007 die Idee aufkam, das Museum zu renovieren.

Seitdem sind verschiedene Personen und Institutionen mit diesem Projekt beschäftigt: Die Stadt Weingarten unter Oberbürgermeister Gerber ist Eigentümerin der Funde des Gräberfeldes. Sie finanziert die neue Ausstellung und bildete einen Arbeitskreis, der die Neukonzeption begleitet. Die wissenschaftliche Betreuung vor Ort übernimmt Constanze Cordes in Zusammenarbeit mit Frau Prof. Theune-Vogt von der Universität Wien. Die Mitarbeiter des Stadtmuseums in Weingarten, Uwe Lohmann und Rolf Schaubode, die ebenfalls für das Alamannenmuseum zuständig sind, bringen ihre didaktische Erfahrung ein, während das Designbüro Bertron.Schwarz.Frey die Gestaltung übernimmt. Bereits bei der Einrichtung des Stadtmuseums im Jahre 2001 haben sie erfolgreich mit der Stadt Weingarten zusammengearbeitet.

Seit dem Frühsommer diesen Jahres feilen die beteiligten Gruppen an einer neuen Konzeption, die der Bedeutung des Gräberfeldes gerecht werden soll. Dieser spannende Prozess soll hier in mehreren Etappen vorgestellt werden.

 

Stadtmuseum im Schlössle

Scherzachstr. 1
D - 88250 Weingarten

Tel.: 0751/405255
Fax: 0751/5681909
museen(at)weingarten-online.de

www.weingarten-online.de

 

INFO
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Ein neues Museum für einen alten Fundplatz
Fünfteilige Artikelreihe zur Neukonzeption des Alamannenmuseums in Weingarten