Shared Heritage: das Wüstenschloss Qasr al-Mschatta in Jordanien

Am 18. Mai 2014 übergeben der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Stephan Steinlein, die Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Dorothee Dzwonnek, und der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, im Rahmen eines Festakts, in Anwesenheit der Prinzessin Sumaya bint El Hassan, das restaurierte Wüstenschloss Qasr al-Mschatta an den jordanischen Antikendienst, als Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung von Wissenschaft, Kultur und Tourismus im Lande. Projektträger sind die Technische Universität Berlin, die Staatlichen Museen zu Berlin und die Antikenverwaltung des Königreichs Jordanien.

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Qasr al-Mschatta in Jordanien
Qasr al-Mschatta in Jordanien: rekonstruierter Torbereich. Foto: Ana al'ain, Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de (Kurzfassung). Originaldatei: Qasr Mschatta.

Das Wüstenschloss Qasr al-Mschatta liegt 30 km südlich von Amman unmittelbar nördlich des Flughafens Amman. Es wurde in der Mitte des 8. Jahrhunderts errichtet und bereits im 9. Jahrhundert durch ein Erdbeben wieder zerstört. Sie ist eines der bedeutendsten Zeugnisse der frühislamischen Kunst und Architektur überhaupt. Herausragend ist der detailreiche und kunstvolle Baudekor der Hauptfassade, die bereits 1903 als Geschenk des Sultans Abdulhamid II. an Kaiser Wilhelm II. zu drei Vierteln in die Berliner Museen kam und heute das Prunkstück des Museums für Islamische Kunst im Pergamonmuseum (noch bis 2019 im Südflügel) ist. Die Neuaufstellung der Mschatta-Fassade im Nordflügel des Pergamonmuseums 2019 und die jetzige Restaurierung in Jordanien sind Teil einer engen Kooperation beider Länder im Sinne der gemeinsamen Verantwortung für Kulturgut an zwei Orten ("Shared Heritage").

Wurde die Mschatta-Fassade im vergangenen Jahr von fast einer Millionen Besuchern bestaunt, blieb der Originalort in Jordanien bislang wenig beachtet und war durch Verfall und Plünderung erheblich gefährdet. Im Rahmen eines von Günther Schauerte, dem Vizepräsidenten der SPK, noch in seiner Tätigkeit an den Staatlichen Museen zu Berlin initiierten und gemeinsam geleiteten deutsch-jordanischen Forschungs- und Restaurierungsprojekts wurde die weitläufige Palastanlage seit 2009 erforscht und restauriert. Das Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 850.000 € gefördert und ist damit eines der größten in der Region. Durch Bauforschung, archäologische Ausgrabungen, geophysikalische, naturwissenschaftliche und restauratorische Untersuchungen sowie durch Materialuntersuchungen konnten zahlreiche neue Erkenntnisse zur Geschichte und der höchst aufwändigen Innenausstattung der Anlage erarbeitet werden. Der bisherige Forschungsstand wurde insbesonders hinsichtlich einer etwa ein halbes Jahrhundert andauernde Nutzungsphase erweitert, die bisher unbekannt war. Kunsthistorische Forschungen belegen die Herausbildung einer eigenständigen islamischen Kunst, die ältere antike und christliche Vorbilder aufnimmt und in eine neue aber immer noch spätantik geprägte Kunstsprache transformiert.

Das Restaurierungsprojekt wurde vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Kulturhilfe finanziert und ist mit ca. 500.000 € ausgestattet. Leitender Restaurator und Bauforscher ist Prof. Dr. Johannes Cramer von der TU Berlin.

Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung wurde die Anlage des Wüstenschlosses Qasr al-Mschatta langfristig denkmalpflegerisch gesichert. So wurden die Voraussetzungen für seine Einbindung in ein touristisches Erschließungskonzept und die Eintragung in die Welterbe-Liste der UNESCO geschaffen. Darüber hinaus wurden Teile der im 9. Jahrhundert eingestürzten Bögen des Hauptpalastes aus dem Originalmaterial wieder aufgerichtet und so die "Lesbarkeit" der Gesamtanlage deutlich gesteigert. Die Instandsetzung der 150 m langen westlichen Außenmauer und die Ergänzung der ausgeraubten Grundmauern machen den historischen Grundriss wieder sichtbar. Ein Informationssystem für die Besucher und ein Lapidarium vermitteln Ergebnisse der Forschung am Ort.

Sämtliche Arbeiten werden mit dafür im Projektzusammenhang qualifizierten örtlichen Kräften ausgeführt. Durch diesen Wissenstransfer werden Grundlagen für die eigenständige Weiterführung des Projekts durch die jordanischen Behörden geschaffen. In der engen Verknüpfung von Wissenschaft und Restaurierung ist ein Modellfall für den Umgang mit antiken Stätten und deren zwischen mehreren Staaten geteiltem Erbe gefunden worden, der auch für andere Orte Vorbildcharakter haben kann.