Margiana – Aktuelle Forschungen zu einer bronzezeitlichen Hochkultur im heutigen Turkmenistan

Die Projekte der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts liefern zahlreiche neue Erkenntnisse zur Oxus-Kultur in der Margiana, der derzeit eine Ausstellung in Berlin gewidmet ist

Margiana, eine historische Landschaft in Turkmenistan, war vor 4000 Jahren die Wiege einer faszinierenden, aber bislang noch weitgehend unbekannten Hochkultur der Bronzezeit. Ein Zentrum der heute auch als Oxus-Kultur bezeichneten Zivilisation befand sich in Gonur Depe (dt. grauer Hügel). Der beeindruckende Fundort am Südrand der Karakum Wüste wurde 1972 entdeckt und wird seit 2010 auch von deutschen Archäologen erforscht.

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Goldfigur aus Gonur Depe
Goldfigur mit Türkiseinlage aus einem Grab in Gonur Depe. Foto: Nikolaus Boroffka/DAI

Aktuelle archäologische Forschung in Gonur Depe

Gonur Depe ist einer der größten aufgedeckten Siedlungskomplexe der Bronzezeit, nicht nur in Zentralasien, und wird schon aufgrund seiner Größe als Hauptstadt der Oxus-Kultur angesehen. Insbesondere die reichen und künstlerisch ausdrucksstarken Funde aus den sogenannten Königsgräbern, aber auch Funde aus der Stadtanlage, belegen einerseits das hohe technische Können der Bewohner dieser Stadtlandschaft, andererseits aber auch ihre Fernkontakte, die bis in den Iran und den Bereich der Indus-Kultur Pakistans reichten. Der 120 x 125 m große, zentrale Komplex umfasst ein mehrstöckiges Palastgebäude und ist von weiteren Bauten, Wasserbecken und Königsgräbern umschlossen. Neben Wohnbauten existierten religiöse Gebäude und Werkstätten etwa zur Metallverarbeitung sowie Töpferöfen.

Die Forschungen des DAI in Gonur Depe versuchen die vielen, noch ungeklärten Detailfragen zu Siedlungsstruktur, wirtschaftlichen Grundlagen, Fernhandel, geistigen Vorstellungen etc. zu klären. Moderne archäologische Ausgrabungen und die genaue Dokumentation von Funden in ihrem jeweiligen Kontext erlauben es, die Stratigraphie und die Chronologie des Fundortes zu präzisieren. Zugleich finden Geländebegehungen im Umfeld statt, die Rückschlüsse auf die strukturelle Organisation der Oase erlauben, deren Zentrum die Stadt von Gonur-Nord gewesen ist. Dabei konnten über 30 Siedlungsstellen im Umkreis von ca. 10 km von der zentralen Stadtanlage identifiziert werden.

Im Detail wird die Entwicklung der Funde, insbesondere der Keramik und der Metallfunde, verfolgt. Es werden Materialanalysen von Keramik und Metall durchgeführt und die Chronologie wird durch C-14 Datierungen auf eine feste Grundlage gestellt. Zu den reichen Funden zählen Siegel-Amulette, aus Bronze oder Metall, anmutige Terrakottafiguren von Frauen, verschiedene Tierfiguren, Perlen, Nadeln und sonstiges Kleingerät.

Ein weiterer Schwerpunkt der DAI-Forschungen in Gonur Depe liegt auf einer der Außensiedlungen, Gonur 20, die sich ca. 1,5 - 2 km südlich der zentralen Stadt befindet. Dort wurden mehrräumige Gebäude sowie Gräber untersucht. Ein dicht an den Häusern laufender kleiner Kanal lässt auf Bewässerung und Gartenwirtschaft schließen.

Das seit 2010 laufende Forschungsprojekt der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts wird in Kooperation mit dem Nationalen Amt Turkmenistans für Schutz, Erforschung und Restaurierung von kulturhistorischen Denkmälern (Aşgabat) und dem Institut für Ethnographie und Anthropologie der Russischen Akademie der Wissenschaften (Moskau) durchgeführt.

Weitere DAI-Projekte in Turkmenistan

Im Rahmen eines Humboldt-Stipendiums forscht Dr. Lynne M. Rouse derzeit an der Eurasien-Abteilung des DAI zu zwei weiteren bedeutenden bronzezeitlichen Fundplätzen in der Margiana (Ojakly und Togolok). Seit 2012 untersucht die Abteilung in Kooperation mit dem Archäologischen Institut der Akademie der Wissenschaften Turkmenistans in Dashly Tepe, 40 km nordwestlich der Hauptstadt Turkmenistans auch die frühere Besiedlung der Region. Bei den Grabungen kamen zahlreiche Tierfiguren, vor allem Rinder, zutage. Spinnwirtel dokumentieren Textilproduktion und Getreide aus Schlämmproben belegen Landwirtschaft. C14-Analysen datieren den Fundplatz in das späte Neolithikum und die Kupferzeit (mindestens ab dem 5. Jahrtausend v.Chr.).

Die Forschungen der Eurasien-Abteilung finden stets im Rahmen internationaler wissenschaftlicher Netzwerke und in Kooperation mit den Partnerinstitutionen vor Ort statt. Die Projekte sind damit nicht nur Ausgrabungen, sondern in einem umfassenderen Sinne Plattformen für den Dialog unterschiedlicher Wissenschaftskulturen und ermöglichen eine umfassende Erforschung großer Regionen und Zeiträume.

Frauenfiguren
Frauenfiguren, die bei den Grabungen in Gonur Depe gefunden wurden. Foto: Nikolaus Boroffka/DAI

Aktuelle Ausstellung in Berlin

Vom 25. April bis 07. Oktober 2018 zeigt das Neue Museum in Berlin die Sonderausstellung »Margiana. Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan«. Im Zentrum der Ausstellung stehen die Ergebnisse der archäologischen Forschungen in der antiken Metropole Gonur Depe. Erstmals werden zahlreiche Zeugnisse der Kultur außerhalb Turkmenistans zugänglich gemacht und in Kombination mit Fotografien von Herlinde Koelbl präsentiert. Die Ausstellung wird später auch noch im Archäologischen Museum Hamburg - Stadtmuseum Harburg Helms-Museum (Hamburg) und den Reiss-Engelhorn-Museen (Mannheim) zu sehen sein.