Leibniz-Preis für Ägyptologen der Universität Heidelberg

Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack, Direktor des Ägyptologischen Instituts der Universität Heidelberg, erhält den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2011 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der Heidelberger Wissenschaftler wird als einer der »international bedeutendsten deutschen Ägyptologen« ausgezeichnet, wie die DFG mitgeteilt hat. Die Auszeichnung – der bedeutendste Forschungspreis in Deutschland – ist mit einem Preisgeld von 2,5 Millionen Euro verbunden. Die Mittel kann Prof. Quack für künftige Forschungsaktivitäten einsetzen.

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Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack
Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack

Der Preisträger will damit nicht nur seine Arbeiten auf dem Gebiet der späten ägyptischen Papyri intensivieren, sondern auch gezielt den wissenschaftlichen Nachwuchs in diesem Bereich ausbilden. „Ich empfinde die Preisverleihung als große Ehre“, betonte Prof. Quack. „Sie ist für mich auch ein Ansporn, mit voller Energie meine derzeit laufenden Projekte einer abschließenden Publikation zuzuführen.“

Zur Verleihung des „Förderpreises im Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm“ an Joachim Friedrich Quack schreibt die Deutsche Forschungsgemeinschaft: „In allen Entwicklungs- und Sprachformen des Ägyptischen gleichermaßen souverän beheimatet, widmet er sich vor allem der späteren Ägyptologie und hier besonders der griechisch-römischen Zeit. Diese wurde in der traditionellen Ägyptologie lange eher stiefmütterlich behandelt und konnte so weder ihren eigenen Reichtum noch ihre Bedeutung für die anderen klassischen Altertumswissenschaften entfalten.“ Es sei Prof. Quacks Verdienst, damit eine ganze Epoche der ägyptischen Kulturgeschichte in ihrer faszinierenden Eigenheit und historischen Bedeutung erschlossen und zugänglich gemacht zu haben. Fundamental seien auch seine Forschungen zur Rekonstruktion des „Buches vom Tempel“, eines der wichtigsten Dokumente der ägyptischen Religionsgeschichte. Ausgehend von nur zwei Papyri konnte der Heidelberger Wissenschaftler Dutzende über die ganze Welt verstreute Handschriften ausfindig machen und zusammenführen. Derzeit arbeitet er an einer kommentierten Edition des Textes.

Joachim Friedrich Quack (Jahrgang 1966) studierte Ägyptologie, Semitistik und Biblische Archäologie an der Universität Tübingen; ein Auslandsaufenthalt führte ihn 1988/1989 nach Paris. Nach Abschluss seines Magisterstudiums begann er 1991 mit Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes die Arbeit an seiner Dissertation und nahm zugleich ein Zweitstudium der Altorientalistik sowie der Vor- und Frühgeschichte auf. Der Promotion 1993 und Lehrtätigkeit in Tübingen folgte ein Ausbildungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das Joachim Friedrich Quack 1995/1996 nach Kopenhagen führte. Dort arbeitete er ein Jahr als Mitarbeiter des International Committee for Publishing the Carlsberg Papyri. 1996/1997 erhielt er ein DFG-Forschungsstipendium zur Rekonstruktion des „Buches vom Tempel“. An der Freien Universität Berlin war er von 1997 bis 2002 als wissenschaftlicher Angestellter am Ägyptologischen Seminar tätig. Dort konnte er 2003 seine Habilitation „Beiträge zu den ägyptischen Dekanen und ihrer Rezeption in der griechisch-römischen Welt“ abschließen und erhielt im Anschluss daran ein Heisenberg-Stipendium der DFG. Im Jahr 2005 wurde Joachim Friedrich Quack als Nachfolger von Jan Assmann an das Ägyptologische Institut der Ruperto Carola berufen. Seit 2009 ist Prof. Quack ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Zu den Arbeitsschwerpunkten von Prof. Quack gehören Sprache, Literatur und Religion des Alten Ägypten, wobei ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit auf der Erschließung bislang unpublizierter Texte aus den Archiven ägyptischer Tempel der Römerzeit liegt. Im Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ koordiniert der Wissenschaftler das Forschungsprojekt „Medizinische Systeme im Wandel: der Fall Alter Orient“ in Zusammenarbeit mit dem Altorientalisten Prof. Dr. Stefan M. Maul. Die Forscher gehen hier der Frage nach, inwieweit die gesellschaftliche Stellung verschiedener Medizinalsysteme über die therapeutische Wirksamkeit hinaus durch politisch-ökonomische Faktoren beeinflusst wird. Im ersten Stadium der Arbeit wird dabei die Ersterschließung bislang nicht veröffentlichter oder unzureichend vorgelegter Quellen in den Mittelpunkt gestellt. Prof. Quack leitet außerdem gemeinsam mit dem Althistoriker Prof. Dr. Christian Witschel das Cluster-Projekt „Orientalische Kulte“, in dem es um religiöse Austauschprozesse sowie die Ausbreitung von Kulten im Römischen Reich geht. Am Sonderforschungsbereich „Ritualdynamik“ ist er Leiter des Projekts „Die Variation der Tradition“. Das Vorhaben widmet sich der Frage, inwieweit ägyptische Ritualtexte im Verlauf einer oft jahrtausendelangen Tradierung substantiellen Veränderungen ausgesetzt sind und wie sie auch in speziellen Niederschriften im Tempel bewusst angepasst wurden.

Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG verliehen. Für das Jahr 2011 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft vier Wissenschaftlerinnen und sechs Wissenschaftler als Preisträger benannt; Prof. Quack ist der einzige aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Preisverleihung findet im März kommenden Jahres in Berlin statt.