Heidelberger Altorientalist ist »Hochschullehrer des Jahres«

Unter schwierigsten Bedingungen setzt sich der Assyriologe Prof. Dr. Stefan Maul für die Erforschung und Sicherung des bedeutenden vorislamischen Kulturerbes im Irak ein. Dafür wird der Wissenschaftler, Altorientalist an der Universität Heidelberg, jetzt als "Hochschullehrer des Jahres 2026" ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigt der Deutsche Hochschulverband (DHV) den außergewöhnlichen Einsatz von Prof. Maul für den Erhalt von Kulturgut in der antiken Stadt Ninive, der einstigen Hauptstadt des Assyrischen Reiches.

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Altorientalist Stefan Maul
Stefan Maul. Foto: © Tobias Schwerdt

Seit 2018 ist Prof. Maul maßgeblich an den Ausgrabungen in Ninive beteiligt und leistet einen wichtigen Beitrag dazu, das Erbe Mesopotamiens für heutige Generationen zugänglich zu machen. Die Stadt liegt auf dem Gebiet der heutigen Großstadt Mosul im Norden des Irak. Truppen des sogenannten Islamischen Staates hatten dort 2014 eine große Moschee gesprengt. Dabei kamen die Ruinen eines riesigen assyrischen Königspalastes zum Vorschein, der im 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung errichtet worden war. Auf Bitten des irakischen Staates engagiert sich Prof. Maul gemeinsam mit seinem Heidelberger Kollegen Prof. Dr. Peter Miglus an zentraler Stelle für die Rettung des zerstörten Kulturgutes. Seit 2018 führt ein Heidelberger Team von Assyriologen und Archäologen Ausgrabungen im alten Ninive durch und entwickelt gemeinsam mit irakischen Kollegen und Behörden Konzepte, wie das vorislamische Kulturerbe der Stadt Mosul gesichert, präsentiert und nachhaltig geschützt werden kann. Nach und nach werden Teile des ausgegrabenen Königspalastes restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Überdies stellt das Heidelberger Team in den zerstörten Museen von Mosul die in kleinste Bruchstücke zerschlagenen assyrischen Monumente wieder her.

Der Heidelberger Wissenschaftler habe sich große Verdienste um die Wiederbelebung der durch Krieg und Terror darniederliegenden Altertumswissenschaften im Irak erworben, wie DHV-Präsident Prof. Dr. Lambert T. Koch in der Begründung des Preises betont: "Dank Stefan Mauls Initiative werden inzwischen auch in Mosul irakische Studierende anhand von Originalen in der Keilschriftkunde auf höchstem wissenschaftlichem Niveau unterrichtet." Sein wegweisendes Engagement führe eindrucksvoll vor Augen, welch hohen Wert die sogenannten "kleinen Fächer" haben. Schließlich könne die Rückbesinnung auf gemeinsame Traditionen die Grundlage einer gemeinsamen Identität für die ethnisch und religiös zersplitterte Bevölkerung im Irak bilden. "Bei allen Differenzen können sich die Menschen im Irak auf ein gemeinsames Narrativ einigen: das Erbe Mesopotamiens. Es erfüllt alle mit Stolz, dass auf dem Gebiet des heutigen Irak die erste Hochkultur der Menschheit entstand", betont Prof. Maul.

Stefan Maul studierte Assyriologie, Vorderasiatische Archäologie und Ägyptologie an der Universität Göttingen, an der er auch promoviert wurde. Seine Habilitation erfolgte an der Freien Universität Berlin. 1995 wurde er auf eine Professur für Assyriologie an die Universität Heidelberg berufen. Seit April 2025 forscht er als Seniorprofessor am Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients der Ruperto Carola. Gastprofessuren führten ihn nach Paris, Rom und London. Für seine Forschungstätigkeit wurde Prof. Maul vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz‐Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland.

Stefan Maul wird der mit 10.000 Euro dotierte Preis am 23. März 2026 in Berlin verliehen.