Grabung zeigt Ursprung Ibbenbürens

Damit, dass die Christuskirche in Ibbenbüren (Kreis Steinfurt) ganze Bauteile ihrer karolingischen Vorgängerin freigeben würde, hatte vor Beginn der Ausgrabung niemand gerechnet. Auch nicht mit der Begeisterung vor Ort, die aus der Notgrabung jetzt ein kleines Forschungsprojekt über seltene archäologische Funde aus karolingischer Zeit macht.

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Gräber in Chorraum der Christuskirche
Ein Grabungstechniker dokumentiert die ungewöhnlichen Gräber in Chorraum. Hier hat sich eine Ibbenbürener Familie bestatten lassen - eine für die Zeit ungewöhnliche Grabstätte für ganz normale Bürger. Foto: LWL

Ursprünglich sollte die LWL-Archäologie für Westfalen nur »baubeobachtend« die Umgestaltung des Innenraums der bereits 799 vermuteten Gründung der Christuskirche begleiten. Dabei kamen jedoch derart interessante Fundamente der Vorgängerbauten zum Vorschein, dass auch die Besitzerin, die Evangelische Kirchengemeinde und ihr Pfarrer Reinhard Lohmeyer, mehr wissen wollte. Inzwischen beschäftigt sich sogar der Architekt, der eigentlich nur eine neue Bodenplatte für den Kirchenbau planen sollte, mit den Ausgrabungen. Denn die archäologischen Spuren der Vergangenheit will die Kirchengemeinde für die künftigen Besucher von Veranstaltungen sichtbar machen und in die Umgestaltung integrieren.

LWL-Archäologe Mark Schrader erforscht jetzt die Fundamente der Vorgängerbauten von Grund auf. Was er bisher dokumentieren konnte, begeistert ihn: »Wir konnten bislang drei Bauphasen und zahlreiche Zwischenphasen identifizieren«, schildert er. Nicht nur der voraussichtlich aus dem 12. Jahrhundert stammende romanische Saalbau ist jetzt akribisch in Bauzeichnungen und exakten Messungen festgehalten. Sogar die Vorgängerin aus karolingischer Zeit lässt sich in Teilen rekonstruieren. »Wir haben nicht damit gerechnet, auch aus dieser Zeit noch Spuren zu finden«, beschreibt Schrader die wissenschaftliche Überraschung. »Wir haben Mauerreste des Chorbereiches gefunden, der sich inzwischen komplett rekonstruieren lässt.« Damit nicht genug: Im Chorraum tauchte auch das Fundament des dazugehörigen Altares auf.

Unter dem karolingischen Altar kam ein Kugeltopf zum Vorschein, in dem noch Speisereste zu erkennen waren. Er ist wohl rein zufällig unter den geweihten Ort geraten und ist der vorausgegangenen Siedlung zuzuordnen. Im Chorraum legte Mark Schrader mit seinem Grabungsteam außerdem vier Gräber frei. »Auch das ist an dieser Stelle äußerst ungewöhnlich«, erläutert er. Die Gräber stammen aus einer bewegten Zeit, da die Kirche wieder für kurze Zeit katholisch wurde. Um 1662 sind wohlhabende Ibbenbürener in ihnen beigesetzt worden - an einer Stelle, die eigentlich nur Pfarrern und Adligen vorbehalten war. Eine Urkunde berichtet von dem Kauf der Grabstellen, die einen Mann namens Niclaß Lagemann viel Geld gekostet hat.

Bis zum Ende des Sommers werden die LWL-Archäologen der Geschichte der Christuskirche weiter auf den Grund gehen. Demnächst verlagern sich die Untersuchungen in den Außenbereich. Dort will Mark Schrader nicht nur erforschen, ob der Vorgängerin der heutigen Kirche ein Querschiff vorgelagert war. Die Christuskirche ist das Herzstück und die Keimzelle der Stadt: »Wir erfahren hier viel Wertvolles über die Entstehung von Ibbenbüren«, erläutert der Archäologe.

Ausgrabung in der Christuskirche
Unter dem Boden der Christuskirche haben die Archäologen viele Überraschungen aus verschiedensten Epochen entdeckt, darunter Reste der Vorgängerkirche und Mauern aus karolingischer Zeit. Foto: LWL