Frühste Siedlungsspuren in Spenge entdeckt

Seit vorvergangener Woche erforschen Archäologen einer Fachfirma in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die Ursprünge der Stadt Spenge (Kreis Herford). Im Rahmen der Baumaßnahme an der Langen Straße stießen sie hierbei in unmittelbarer Nähe zur mittelalterlichen Pfarrkirche auf die bisher ältesten Siedlungsüberreste des Ortes, dessen Frühphase sich womöglich bereits in das 12. Jahrhundert datieren lässt.

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Ausgrabungen in Spenge
Die Pfostenlöcher werden vermessen, fotografiert und gezeichnet. Foto: LWL/S. Spiong

Im gelben Sandboden der Baustelle sind die freigelegten, kreisrunden Verfärbungen von 30 bis 50 Zentimeter Durchmesser nicht leicht zu erkennen. Diese Verfärbungen stammen von Löchern, in denen einst dachtragende Pfosten von Holzhäusern eingegraben wurden. »Erstmals können wir hier die Ursprünge der Siedlung Spenge erfassen«, freut sich LWL-Archäologe Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld. »Pfostenhäuser dieser Art wurden selbst im ländlichen Bereich im Laufe des 12. Jahrhunderts, spätestens aber im 13. Jahrhundert durch Fachwerkbauten ersetzt. Dies zeigt uns, dass wir hier tatsächlich die Frühphase des Ortes betrachten.« Das Urkataster der Stadt Spenge zeigte noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Siedlungskonzentrationen: Neben dem Blücherplatz, wo einst der Amtshof Spenge lag, und im Umfeld der Pfarrkirche St. Martin existierten mehrere Hausstätten.

Bei den in regelmäßigen Abständen stehenden Pfostenlöchern zeichnen sich Reihen ab, die vom Nordwesten in Richtung Südosten verlaufen. Die Häuser orientierten sich somit - wie zur damaligen Zeit üblich - mit der Giebelseite zur Hauptwindrichtung. Die kompletten Hausgrundrisse ließen sich zwar bisher nicht rekonstruieren, dennoch ist es bereits möglich anhand der freigelegten Pfostenlöcher die Existenz verschiedener Häuser zu erkennen, die hier vermutlich in unterschiedlichen Phasen der Siedlung standen.

Im Siedlungsbereich, der aktuell keine 100 Meter südwestlich der Pfarrkirche erforscht wird, rätseln die Archäologen noch über das genaue Alter der jüngst nachgewiesenen Holzhäuser. »Aus den Pfostenlöchern haben wir bisher keine datierbaren Scherben bergen können. Wir hoffen aber, dass die größeren Gruben noch aussagekräftige Funde bereithalten«, merkt Grabungsleiter Lukas Kerk an. »Mit Hilfe der Radiokarbondatierung sollten die von uns geborgenen Holzkohlen jedoch verlässliche Ergebnisse liefern, um mehr über die Siedlungsursprünge des Ortes Spenge zu erfahren.«

Historischer Hintergrund

Die heutige Pfarrkirche St. Martin stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Einen kleineren Vorgängerbau aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts belegten archäologische Grabungen bereits im Jahr 1977. Da dieser Vorgängerbau der heutigen Kirche allerdings schon ältere christliche Gräber mit Ost-West Ausrichtung überlagerte, gehen die LWL-Experten von einem wiederum älteren, bisher unentdeckten, Kirchenbau in unmittelbarer Nähe aus. Der zeitliche Abstand zu diesem womöglich ältesten Kirchenbau wird jedoch nicht als sehr groß eingeschätzt, da der Kirchenfußboden aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts über den älteren Gräbern bereits etwas nachgesackt ist.

Bereits im Vorfeld der Bauarbeiten vermuteten die Stadt Spenge und die LWL-Archäologie für Westfalen vor Ort die Lage eines Bodendenkmals. Diese Vermutung hat sich jetzt bestätigt, die Siedlungsspuren im Boden werden dennoch zum Großteil einem Neubau weichen. Die aktuell freigelegten Hinterlassenschaften im Boden innerhalb der Baugrube sollen zuvor aber vollständig ausgegraben und untersucht werden, ohne die Bauarbeiten zu verzögern.

Mittelalterliches Pfostenloch im Profil
Die mittelalterlichen Pfostenlöcher sind heute nur noch als Verfärbungen im Boden zu erkennen. Foto: LWL/S. Spiong