Die mittelalterliche Wüstung Krakau bei Peißen

Am Dienstag, den 28.10. stellte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt weitere Ergebnisse der aktuellen archäologischen Ausgrabungen an der künftigen Erdgastrasse zwischen Peißen und Bobbau vor.

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Steinpflaster am Rand der Siedlung mit vermutlichem Brunnen. Foto: K. Bentele © LDA Sachsen-Anhalt

Im Vorfeld des Neubaus einer 37 km langen Erdgasleitung zwischen Peißen und Bobbau durch die Erdgasspeicher Peissen GmbH werden seit April dieses Jahres an verschiedenen Stellen archäologische Untersuchungen durchgeführt. Dabei werden in der Regel etwa zehn Fundstellen gleichzeitig bearbeitet. Die Ausgrabungen, die sich innerhalb einer 20 m breiten Trasse auf 57 Fundstellen erstrecken, sollen bis Ende 2014 abgeschlossen sein.

Bei den Arbeiten waren bei Wörbzig und bei Preußlitz bereits zwei bronzezeitliche Siedlungen mit Hinweisen auf Fleisch- bzw. Metallverarbeitung entdeckt worden. Am Dienstag präsentierten die Archäologen des Landesamtes nun eine mittelalterliche Fundstelle bei Peißen im Westen der Erdgastrasse. Auf ca. 0,5 ha Fläche, auf der derzeit etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz sind, konnten Siedlungsbefunde des frühen, in erster Linie jedoch des späten Mittelalters aufgedeckt werden. Die später wüst gefallene Siedlung, für die aus den Schriftquellen der Name Krakau überliefert ist, der sich bis heute im Flurnamen »Krakauer Berg« erhalten hat, umfasste mehrere Hausgrundrisse, die anhand von gemauerten Steinkellern identifiziert werden konnten. Die Wasserversorgung der Ansiedlung wurde durch Brunnen sichergestellt. Ein solcher Brunnen mit Steineinfassung konnte dokumentiert werden, weiterhin eine Ofenstelle. Die Funde setzen sich neben vorwiegend keramischem Material – darunter auch slawische Ware des frühen Mittelalters – aus Trachtbestandteilen wie bronzenen Schläfenringen und Knochenknöpfen zusammen. Ein metallener Reitersporn und ein Hohlpfennig Weißenfelser Prägung können als besondere Artefakte innerhalb des Fundmaterials der Wüstung hervorgehoben werden. Auf die Entstehung der Siedlung in slawischer Zeit weist der Name Krakau hin, der im Mittelalter im slawischen Siedlungsraum mehrfach nachgewiesen ist. Schon vor der Ausgrabung waren Spuren der Wüstung im Gelände deutlich sichtbar und noch um die Wende zum 20. Jahrhundert sollen die Grundmauern der alten Kirche zu erkennen gewesen sein.

Die Struktur und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Siedlung lassen sich besonders gut anhand eines gepflasterten Platzes ablesen, dem vermutlich eine zentrale Bedeutung für das Dorfleben zukam: Innerhalb der Steinsetzungen des Platzes fallen Aussparungen auf, die als Standflächen von Holzhäusern interpretiert werden können. Diese wurden allem Anschein nach in leichter Bauweise errichtet. Direkt an diesen Befunden, die siedlungsabgewandt liegen, verlief im Mittelalter eine Straße mit archäologisch nachgewiesenen Wagenspuren von etwa 1 m Breite. Möglicherweise könnten die Holzhäuser als (saisonale) Verkaufsstände für lokale Waren entlang der befestigten Straße gedeutet werden. Somit zeigt sich erneut die Einbindung der Bewohner der Region um Bernburg in (über-) regionale Handelsnetze, wie sie schon für die bronzezeitlichen Fundstellen entlang der Trasse beobachtet werden konnten.

Durch die aktuellen archäologischen Ausgrabungen wird somit ein Schlaglicht auf die untergegangene mittelalterliche Siedlung Krakau und deren damalige Lebensgrundlagen geworfen. Welche Gründe, etwa Hungersnöte, Naturkatastrophen, Epidemien oder Kriege, für die Aufgabe der Siedlung ausschlaggebend waren, bleibt jedoch im Dunkel der Geschichte.