Blick in 2.000 Jahre Stadtgeschichte zum Volksfest

Ausgrabung am Landeshospital fördert zum Libori-Fest 2.000 Jahre Paderborner Geschichte zu Tage

Pünktlich zu Libori, einem der ältesten und größten Volksfeste in Deutschland, haben die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) jetzt die Ausgrabungen auf einem Grundstück am ehemaligen Landeshospital beendet und können das historische Festtreiben mit 2.000 Jahren Paderborner Siedlungsgeschichte ergänzen. Bis in die vorrömische Eisenzeit reichen die Spuren der ältesten Bewohner an dieser Stelle zurück. Gewerbetreibende, Schmiede, die Entwicklung der Wohnbebauung vom ersten bürgerlichen Steinhaus über das Kapuzinessen-Kloster bis zur Gastwirtschaft: An der Ecke Kisau/Spitalmauer spielte sich die ganze Bandbreite des städtischen Alltags ab.

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Klostermauern
Überblick über die Grabungsfläche: Im Vordergrund ist der Keller eines Hauses aus dem 15. Jahrhundert zu sehen, darüber liegt die ehemalige Klostermauer aus dem 17. Jahrhundert. In der Mitte der Betonbau eines Bier- bzw. Eiskellers einer Gastwirtschaft, die bis zur unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hier gestanden hat. Foto: LWL/Manz

»Wir konnten hier einen vielseitigen Blick durch ein großes Zeitfenster in die Paderborner Stadtgeschichte werfen«, ist Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai zufrieden. Besonders erfreulich war dabei das große Interesse der Paderborner, die Stammgäste an den Bauzäunen waren und auch bei Führungen durch die Ausgrabungen großes Interesse an der eigenen Vergangenheit zeigten. Vieles, was die Archäologen hier zu Tage förderten, ist einigen Paderbornern noch sehr präsent. Denn hier stand mit dem Wirtshaus »Goldener Anker« noch bis in die jüngere Vergangenheit ein Ort der angeregten Geselligkeit.

Das Archäologenteam legte westlich der Warmen Pader eine 2000 Jahre alte Vorratsgrube frei, die in der vorrömischen Eisenzeit von den Bewohnern für die Lagerung von Saatgetreide über den Winter angelegt wurde. Ähnliche Indizien waren unweit des Geländes bereits bei früheren Ausgrabungen entdeckt worden. Offenbar hatte das Areal schon früh besondere Vorzüge, um hier sesshaft zu werden. Daran änderte sich auch in der Folgezeit nichts, wie die Reste von Alltags- und Gebrauchskeramik aus dem frühen Mittelalter zeigen. Die Scherben stammen von Gefäßen, deren Formen und Gestaltung auf einen Gebrauch bis in das 9. Jahrhundert hinweisen.

Gruben und Spuren von Holzpfosten im Boden stammen aus dem 11. Jahrhundert. In den einfachen Hausformen lebten vornehmlich Handwerker. Bischof Meinwerk hatte den Bau der Gewerbeansiedlung in diesem Teil der Stadt veranlasst. »Deutlichere Spuren hat ein Jahrhundert später ein Schmied mit zwei kleinen Schmiedeöfen hinterlassen, der hier seine Werkstatt hatte«, so Grabungsleiterin Eva Manz.

Im Boden zeichnete sich zudem eine Stichstraße ab, über die in dieser Zeit als Verlängerung der Königstraße die hinteren Grundstücke erschlossen wurden. Ein Teil dieses Straßenstücks ist ebenfalls bei früheren Ausgrabungen erforscht worden und konnte jetzt um die neuen Erkenntnisse ergänzt werden. Demnach orientierte sich entlang dieser Sackgasse ab dem 12. Jahrhundert die bürgerliche Bebauung. Das erste Steingebäude aus dem Hochmittelalter existiert zwar nicht mehr. »Wir konnten im Boden aber ablesen, dass die spätere Bebauung aus dem 15. Jahrhundert diese ursprünglich angelegten Baufluchten aufnimmt«, so Manz. Der Plattenboden im Keller war noch erhalten. Das Haus wurde aufgegeben, als der Domprobst im 17. Jahrhundert die bürgerlichen Grundstücke aufkaufte, um ein Kapuzinessenkloster zu errichten. Eine Mauer wurde errichtet, die das geistliche Gelände von der übrigen Bebauung abgrenzte.

Womöglich nicht ganz ohne Grund, denn hier stand schon vor diesen ab 1628 einsetzenden baulichen Veränderungen die Gastwirtschaft »Goldener Anker«, dessen Fußböden vom Grabungsteam dokumentiert werden konnten. Auf dem Gelände dahinter war zudem noch der Plattenboden im Keller eines weiteren Gebäudes erhalten. Später wurde darüber eine Scheune errichtet, die bis 1945 stand - ebenso wie die Gastwirtschaft. Nach dem Krieg wurde ein neues Wirtshaus gebaut, das bis in die 1970er Jahre stand. »Daran konnten sich noch viele Besucher und Zaungäste der Ausgrabungen erinnern«, sagt Manz.

Mit dem Abschluss der Ausgrabungen kann an der Ecke Kisau/Spitalmauer, wo es bislang einen Parkplatz gab, nun mit dem Bau einer Tiefgarage für den neuen Firmensitz des Unternehmens Jacoby begonnen werden.

Vorratsgrube
Die Studentin Nora Schäfer bei Untersuchung der Vorratsgrube aus der vorrömischen Eisenzeit. Im Hintergrund ist das Straßenpflaster aus dem 12. Jahrhundert zu erkennen, das über die Grube gebaut wurde und einen Teil davon bereits vor neun Jahrhunderten vernichtet hat. Foto: LWL/Manz