Die perfekte Geometrie der Pfalzkapelle Karls des Großen

1200 Jahre nach der Errichtung der Pfalzkapelle Karls des Großen in Aachen hat das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland nun das Rätsel des Bauplans weiter ergründet, das in der Vergangenheit bereits viele Deutungen erfahren hat.

Rekonstruierter Längsschnitt (oben) und Grundriss der karolingischen Pfalzkapelle in Aachen (Abb: Dehio 1887)
Rekonstruierter Längsschnitt (oben) und Grundriss der karolingischen Pfalzkapelle in Aachen (Abb: Dehio 1887)

Dabei stützten sich die Forscher des Landschaftsverbandes Rheinland auf die Ergebnisse einer neuen, exakten Vermessung. Der Pfalzkapelle liegt ein vollkommener geometrischer Plan zugrunde. Der Entwurf und das Maßsystem sind ebenso einfach wie genial. Streng geometrisch aufgebaut basieren sie auf Kreis und Quadrat, sind mit Zirkel und Lineal leicht zu konstruieren und umfassen das gesamte Bauwerk mit einheitlichen Maßverhältnissen. Die geometrische Konzeption des Entwurfs ist unmittelbar einleuchtend, von großer Klarheit, Schönheit und logischer Konsequenz.

Dem Bau der Pfalzkapelle liegt ein Fußmaß von 32,24 Zentimeter zugrunde. Dieses entspricht recht genau dem sogenannten französischen oder Pariser Königsfuß (32,48 Zentimeter), der sich vor der Einführung des metrischen Systems als anerkanntes Vergleichsmaß durchsetzte. Die neuen Erkenntnisse lassen vermuten, dass der Königsfuß seinen Ursprung in Aachen hatte und auf Karl den Großen zurückgeht. Die Maße der Pfalzkapelle gehören dem im Mittelalter gebräuchlichen Duodezimalsystem (Zwölfersystem) an und sind aufeinander bezogen: Das Maß des zentralen Oktogons beträgt 48 Fuß, Höhe und Breite der Kirche entsprechen dem zweifachen Maß des Oktogons (96 Fuß), die Länge dem dreifachen Maß des Oktogons (144 Fuß). Grundlegend ist ein Bauraster von 6 Fuß, das heißt alle wichtigen Baumaße sind teilbar durch 6.

Die Zahl 6 gilt seit der Antike als vollkommene Zahl, denn sie entspricht der Summe ihrer Teiler (1+2+3=6) und als einzige Zahl auch deren Produkt (1x2x3=6). Auch die karolingische Bauinschrift im Innern des Oktogons bezieht sich auf die Maßverhältnisse: "Und wenn in gleichen Abmaßen alles zusammenstimmt, pranget das Werk des Bauherrn, der das ganze Kirchengebäude errichtet" (Inque pares numeros omnia conveniunt, claret opus domini, totam qui construit aulam). Es ist mehr als nur ein gelehrtes Spiel mit Zahlen und Figuren. In der Vollkommenheit der Geometrie und in der Harmonie der Maße liegt die Kernidee der Aachener Pfalzkapelle, die als Tempel Salomos in Aachen begriffen wurde.

Die Forschungsergebnisse zur Geometrie der Aachener Pfalzkapelle sind zusammen mit anderen Beiträgen bald detailliert nachzulesen in einer umfangreichen Publikation, die anlässlich der abgeschlossenen Restaurierung des karolingischen Bauwerks im August dieses Jahres erscheinen wird.

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