Neue Perspektiven auf das olfaktorische Erbe Arabiens
Im Kontext eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Langfristprojekts der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und der Heritage Commission Saudi-Arabiens konnten nun erstmals biomolekulare Nachweise antiker Duftstoffe und Räucherwerk erbracht werden.
Mithilfe innovativer, biomolekularer Methoden wie Metabolomics gelang es, Duftstoffe und Räucherharze direkt in archäologischen Räuchergefäßen zu identifizieren. Diese Analysen, durchgeführt an der Technischen Universität Berlin und am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena, eröffnen neue Wege, olfaktorische Dimensionen vergangener Lebenswelten zu rekonstruieren – vom kulturellen und ökonomischen Gebrauch aromatischer Substanzen bis hin zu Alltagspraktiken. Zeitgleich leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur sensory archaeology, einer Forschungsrichtung, die archäologische Wissenschaft um die Dimension menschlicher Wahrnehmung erweitert. Düfte werden dabei nicht als Beiwerk, sondern als zentrales Medium kultureller Praktiken verstanden – als Träger von Bedeutung, Erinnerung und Identität.
Die von einem internationalen Forschungs-Team erzielten Ergebnisse sind nun in einer neu erschienenen Publikation veröffentlicht, die auf einen Workshop beim Seminar for Arabian Studies in Berlin zurückgeht. Herausgegeben wurde der Band von Arnulf Hausleiter, Orient-Abteilung des DAI, und Barbara Huber, Bonn Center for ArchaeoSciences (BoCAS) und Max-Planck-Institut für Geoanthropologie. Die Publikation verbindet naturwissenschaftliche Analytik, archäologische Kontexte und historische Interpretation. Das Ergebnis ist eine umfassende Rekonstruktion der sensorischen Erfahrung in der antiken arabischen Welt – und steht beispielhaft für enge interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit.
"Die Analysen der Räuchergefäße aus Tayma geben einen neuen Einblick in die kulturelle Praxis antiker Oasen auf der arabischen Halbinsel. Erst ab der nabatäischen Zeit wurde beispielsweise klassischer Weihrauch (Boswellia) verwendet; zuvor nutzte man vor allem Pistazienharz, eine Commiphora-Art sowie Koniferenharze. Unsere Befunde ermöglichen zudem eine differenzierte Rekonstruktion regionaler Duftpraktiken und Handelsbeziehungen – Tayma war demnach nicht nur Umschlagsplatz für Duftstoffe, sondern auch Abnehmer dieser Handelsware", erklärt Arnulf Hausleiter.
"Duft und Rauch sind flüchtige Medien – sie hinterlassen kaum Spuren, und doch prägten sie Rituale, Räume und Identitäten. Unsere Forschung bringt dieses Unsichtbare, diesen verloren geglaubten Aspekt erstmals wieder an die Oberfläche", betont Barbara Huber. Die Veröffentlichung unterstreicht die Relevanz des olfaktorischen Erbes – olfactory heritage – als Teil des immateriellen Kulturerbes. Sie zeigt, dass Düfte in der Antike nicht nur gehandelt, sondern erlebt, geteilt und erinnert wurden – als Ausdruck sozialer Identität und ritueller Erfahrung.
"Diese wichtigen Ergebnisse tragen zu einem neuen und vielschichtigen Verständnis der wirtschaftlichen und kulturellen Praktiken der Oasen auf der Arabischen Halbinsel bei", erläutert Ajab AlOtaibi, Generaldirektor für Archäologie der Heritage Commission.
Publikation
Scents of Arabia: Interdisciplinary Approaches to Ancient Olfactory Worlds
Archaeopress Archaeology. Nov 2025
DOI: 10.32028/9781805830740
https://www.archaeopress.com/Archaeopres...
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