Zweifel am Steinzeit-Weizenhandel

Eine DNA-Probe, die Hinweis auf prähistorischen Handel mit Getreide zu sein schien, stammt höchstwahrscheinlich nicht aus dem Neolithikum sondern von modernem Weizen. Darauf deuten neue Forschungsergebnisse des Tübinger Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie hin.

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Eine Kooperation von Wissenschaftlern der Abteilung Molekularbiologie am Tübinger MPI für Entwicklungsbiologie und der Abteilung für Evolutionäre Genetik am Leipziger MPI für evolutionäre Anthropologie haben einen neuen Echtheits-Test für sehr alte DNA entwickelt. Sie wandten diesen auf eine DNA-Probe aus vor der Küste der Isle of Wight geborgenem Sediment an, welche im Februar diesen Jahres als Zeugnis für Handel zwischen englischen Jägern und Sammlern mit fortschrittlicheren neolithischen europäischen Bauern vor rund 8.000 Jahren präsentiert wurde. Der neue Test, der im Open-Access-Magazin eLife beschrieben wird, weist der Probe mit wenigen hundert Jahren nur einen Bruchteil des zunächst vermuteten Alters zu.

"Moderne DNA kann die wertvollen Proben einfach verunreinigen. Deshalb sind Maßnahmen, welche die Echtheit der historischen DNA bestätigen, essentiell", so der Erstautor der Studie, Clemens Weiß, Doktorand in der Arbeitsgruppe für Ancient Genomics and Evolution am MPI in Tübingen. "Nur dann können uns die wertvollen Proben ihre wahre Geschichte erzählen", sagt er.

Die von den Wissenschaftlern vorgestellte Methode untersucht die sich mit den Jahren ansammelnden biochemischen Veränderungen, die spezifisch für alte DNA sind. Diese Veränderungen führen dazu, dass ein spezieller Baustein, Cytosin (C), falsch als Thymin (T) abgelesen wird. Die neue Methode testet verlässlich, ob die untersuchte DNA alte oder moderne Muster solcher C-nach-T Veränderungen aufweist. Angewandt auf die britischen Weizen-Sequenzen zeigte der Test, dass deren Abbaumuster nicht mit dem übereinstimmt, was für historische DNA erwartet wird.

"Da sich immer mehr Forscher mit der Datierung und Zusammensetzung von historischen Umweltproben befassen, wird es zunehmend wichtiger, gewisse Standards für die Auswertung und Interpretation der Daten zu setzen", so Hernán Burbano, Initiator der Studie und Arbeitsgruppenleiter am MPI für Entwicklungsbiologie.

Alte DNA zu untersuchen und zu interpretieren ist eine Herausforderung. DNA, der Speicher für genetische Informationen, kann den Tod ihres Ursprungsorganismus über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende überleben. Allerdings altert und zersetzt auch sie sich. Alte oder historische DNA ist oft fragmentiert und nur in geringen Mengen vorhanden. Diese Überreste von DNA gehen leicht verloren, wenn die Probe mit moderner DNA aus der Umgebung oder von den Wissenschaftlern, die mit ihr arbeiten, verunreinigt wird. Sowohl das hohe Risiko für Verunreinigungen als auch die geringen Mengen verfügbarer Daten machen es umso wichtiger sicherzustellen, dass die gewonnene DNA tatsächlich alt ist. Die neue Methode kann zur Authentifizierung alter DNA benutzt werden selbst wenn nur minimale Mengen an DNA zur Verfügung stehen. Wissenschaftler können dann immer noch testen, ob das C-nach-T Muster jenem entspricht, das für alte DNA erwartet wird.

"Alte DNA-Proben können uns einen Einblick in die Evolution und Ökologie von pflanzlichen und tierischen Arten gewähren und so Einzelheiten über die menschliche Geschichte aufdecken", sagt Burbano. "Wir hoffen, dass unsere neue Methode zusätzliche Sicherheit bei der Untersuchung und Interpretation alter DNA als Fenster zu unserer Vergangenheit gibt."

Publikation

 

" data-author-inst="MaxPlanckInstituteforEvolutionaryAnthropologyGermany">Kay Prüfer,

Hernán A Burbano

Research Group for Ancient Genomics and Evolution, Department of Molecular Biology, Max Planck Institute for Developmental Biology, Tübingen, Germany

Contribution: Conceived the project, developed statistical tests and wrote the paper

No competing interests declared

Clemens L Weiß, Michael Dannemann, Kay Prüfer, Hernán A Burbano, Contesting the presence of wheat in the British Isles 8,000 years ago by assessing ancient DNA authenticity from low-coverage data, eLife 2015;4:e10005
DOI: 10.7554/eLife.10005