"Mit der Ausdehnung des Römischen Reiches nördlich der Alpen konnten, wahrscheinlich durch verbesserte Transportinfrastruktur, auch zuvor ungenutzte Waldbestände erschlossen werden. Erst in der Spätantike erholten sich die Wälder von dieser intensiven Nutzung", erklärt Dr. Bernhard Muigg, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Wald- und Forstgeschichte der Universität Freiburg.
Für die Untersuchung sammelte das internationale Forschungsteam über 20.000 Holzfunde aus der Antike, deren Alter sich durch absolute Datierung genau bestimmen ließ. Die Proben stammen aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden. Diese weite räumliche Verteilung erlaubte es, sowohl regionale Unterschiede als auch überregionale Trends zu erkennen. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der jüngeren Eisenzeit bis ins Frühmittelalter (300 v. Chr. bis 700 n. Chr.). Das ermöglichte es den Forschenden, vorrömische, römische und nachrömische Entwicklungen zu vergleichen.
Die Daten belegen, dass die nordalpinen Wälder bereits in vorrömischer Zeit stark beansprucht wurden. Während der römischen Besetzung dienten jedoch zumeist relativ alte Waldbestände als Bauholzquelle. Die Forschenden erklären das mit einer verbesserten Transportinfrastruktur und -organisation, die es erlaubte, bis dahin ungenutzte Wälder im Hinterland zu erschließen. Ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. nahm das Durchschnittsalter der Bäume merklich ab, zeitgleich kam es zum Verschwinden besonders alter Bäume. Dies deutet auf eine lokale Übernutzung von Wäldern hin, so das Forschungsteam.
In dieser Phase zeichnen sich auch politische Krisen des Imperiums ab: Der Rückgang von Warenaustausch und Holztransport lässt sich daran ablesen, dass aus dieser Zeit weniger Nadelhölzer und daraus hergestellte Transportbehältnisse wie Holzfässer gefunden wurden. In der Spätantike (ca. spätes 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr.) kam es dann zu einer Wiederbewaldung, die sich durch den Wuchsbeginn der Altbäume des Frühmittelalters indirekt belegen lässt.
"Die von uns gesammelten Daten sind eine wichtige Ergänzung zur interdisziplinären Erforschung der Antike. Sie verbessern das Verständnis für die ökologischen und sozioökonomischen Folgen der römischen Expansion und liefern neue Erkenntnisse über die langfristige Wechselwirkung zwischen menschlicher Aktivität und Walddynamik", hebt Muigg hervor.
Publikation
Woodlands of Antiquity: A millennium of dendrochronological data on forest exploitation and timber economy between the Alps and the Atlantic
PNAS. 24.11.2025
DOI: 10.1073/pnas.251624012




