Ursprünge des Stollenbergbaus im Ruhrgebiet

In einem Wald in Sprockhövel-Haßlinghausen (Ennepe-Ruhr-Kreis) wird derzeit ein archäologisches Forschungsprojekt zum frühen Steinkohlenbergbau im Ruhrgebiet abgeschlossen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), des Deutschen Bergbau-Museums Bochum und des GeoPark Ruhrgebiet e. V. untersuchen einen vermutlich aus dem Mittelalter stammenden Altbergbau.

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Pinge und Halde
Eine Reihe von runden Eingrabungen mit umgebender Halde stehen im Fokus archäologischer Untersuchungen. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler

»Jedes Kind im Ruhrgebiet weiß, dass der Kohlenbergbau der wirtschaftliche Motor der Region in den vergangenen hundert Jahren war,« so LWL-Archäologe Dr. Manuel Zeiler. »Kaum bekannt ist dagegen, dass bereits im Mittelalter in der Region Steinkohle abgebaut wurde. Die Ursprünge eines der bedeutendsten Bergbaugebiete Europas liegen somit noch nahezu im Dunkeln - dies wollen wir ändern«, so der Experte der LWL-Archäologie für Westfalen weiter. Denn Schriftquellen zu den Anfängen des Steinkohlenbergbaus sind rar und seine Entwicklung bis zum 17. Jahrhundert ist kaum dokumentiert. Eine wichtige technologische Zäsur war dabei der Beginn des Stollenbaus.

Zu Beginn des Steinkohlenbergbaus erkannten die Bergleute die Steinkohle an der Oberfläche und folgten den Flözen mit senkrechten oder schrägen Grabungen in die Tiefe. Doch irgendwann wurden die Abbaustellen so tief, dass das einfließende Grubenwasser nicht mehr abgepumpt werden konnte. Hier liegt der Beginn des Stollenbaus. Ein Stollen ist eine horizontale Eingrabung in den Berg, durch die das Grubenwasser abgelassen werden kann. Aus diesem Grund werden diese Stollen auch Lösungstollen genannt.

Um den Beginn dieses Übergangs zum Stollenbau untersuchen zu können, waren Geländebegehungen und die Auswertung historischer Quellen notwendig. »Dieser Stollen befindet sich in einem Areal, das bereits im 17. Jahrhundert intensiv bergbaulich genutzt wurde«, weiß Dr. Till Kasielke vom GeoPark Ruhrgebiet e. V. und führt weiter aus: »Dieser alte Stollen war damals aber schon alt, blieb unberücksichtigt und deswegen vermuten wir, dass er älter als das 17. Jahrhundert ist«. Der 70 Meter lange Stollen ist eine Rarität im Ruhrgebiet. Er wurde im Gegenortvortrieb angelegt, bei dem mehrere Teams unter Tage gleichzeitig graben.

Neben der Analyse verschiedener Bauareale des Stollens lieferte die Ausgrabung auch ausreichend organisches Material, um den Bergbau mittels der Radiokarbonmethode eindeutig zu datieren. Mithilfe dieses Ansatzpunkts lässt sich ableiten, wann im Ruhrbergbau erstmals Stollen angelegt wurden. Die Ergebnisse und Erfahrungen dieser Untersuchungen sollen in ein umfassenderes montanarchäologisches Projekt zu den Anfängen des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet einfließen. Die Arbeiten in Sprockhövel sind die Fortsetzung des interdisziplinären Forschungsprojekts zu den Ursprüngen des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet, das 2024 mit Ausgrabungen in Hagen begann.

Montanarchäologische Ausgrabung einer Pinge
Zwei dieser Eingrabungen wurden archäologisch geschnitten und die so entwickelten Profile detailliert dokumentiert. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler
Freigelegte Schachtpinge
Dabei wurde festgestellt, dass hier Schächte angelegt wurden. Vor der Person in diesem Bild findet sich ein verfüllter, runder Schacht im Boden. Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/Jennifer Garner
Freigelegter Stollen im Profil
Herausragendes Ergebnis ist die Freilegung des alten Stollens, der mit den Schachtpingen an verschiedenen Betriebspunkten gleichzeitig errichtet wurde. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler
Montanarchäologische Ausgrabung
Die Ausgrabungen erbrachten auch Holzkohle in den Profilen, mit denen per Radiokarbondatierung der Bergbau datiert werden kann. Hinter der rechten Archäologin sieht man im Profil ein Holzkohleband, was ausreichend datierendes Material lieferte. Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/Jennifer Garner