Schaffen, Erhalten, Zerstören – Zur Politisierung von Kulturgut

Jahrestagung des Exzellenzclusters »Asien und Europa im globalen Kontext«

Was bedeutet kulturelles Erbe heute? Wie wird es identifiziert, wer bewahrt es – und welche Kräfte wirken bei seiner Zerstörung? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Jahrestagung, die der Exzellenzcluster »Asien und Europa im globalen Kontext« der Universität Heidelberg vom 12. bis zum 14. Oktober 2016 veranstaltet.

Nachrichten durchblättern
Buddha Bamiyan 1963
Die 2001 von den Taliban zerstörte Buddha-Statue von Bamiyan im Jahr 1963. Foto © UNESCO / A. Lezine

Zu dieser Tagung lädt der Cluster gemeinsam mit dem Forum Transregionale Studien, der Max Weber Stiftung sowie dem Deutschen Archäologischen Institut in Berlin ein. Unter dem Titel »Making, Sustaining, Breaking – The Politics of Heritage and Culture« gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen wie Archäologie, Kunstgeschichte, Philosophie, Musikwissenschaft oder Anthropologie der Frage nach, welchen komplexen Wechselwirkungen kulturelles Erbe im politischen und gesellschaftlichen Diskurs ausgesetzt ist.

»Ausgehend von der Definition des Begriffs 'kulturelles Erbe' muss dessen Beziehungsnetz zu Politik, Gesellschaft, Umwelt und Wissenschaft beleuchtet werden. Dabei fragen wir uns, welche Auswirkungen kulturelles Erbe in Form von Artefakten, Texten, Bildern oder auch Musik auf die genannten Bereiche hat. Trägt es zur Sinn- und Identitätsstiftung und zur Stabilität eines kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Gefüges bei?«, so die am Exzellenzcluster tätige Kunsthistorikerin Prof. Dr. Monica Juneja, die die Konferenz organisiert hat. Prof. Dr. Andreas Eckert, Vorstandsvorsitzender des Forum Transregionale Studien: »Nicht nur das Schaffen, Definieren und Erhalten von Kulturgütern, sondern auch deren Zerstörung, Verfall oder »Missbrauch« wird bewusst eingesetzt. Dies kann zu Identitätsverlust, aber auch zu neuer Sinnstiftung führen.«

Während der Begriff »Kultur« in wissenschaftlichen Diskursen immer weiter vom Nationen-Begriff losgelöst wird, gibt es gleichzeitig eine Gegenbewegung, nationale Identität als kulturell homogen zu verfestigen oder sogar neu zu erfinden. »In einer Zeit, in der neue Nationalstaaten entstehen und etablierte sich neu definieren, findet der Wunsch nach Stabilität auch Ausdruck in Revolution und religiösem Fundamentalismus. In diesem Zusammenhang wird kulturelles Erbe oftmals mit einer neuen Bedeutung versehen, teilweise aber auch ignoriert oder schlicht eliminiert«, sagt Prof. Dr. Hans van Ess von der Max Weber Stiftung. »Zu den Aufgaben der Geisteswissenschaften gehört es, diese wechselseitigen Beziehungen zu beleuchten«, betont Dr. Philipp von Rummel vom Deutschen Archäologischen Institut.

Eröffnet wird die Jahrestagung mit einem Vortrag der Historikerin Prof. Dr. Nayanjot Lahiri. Unter dem Titel »Heritage at the Intersection of Politics and People – India«s Archaeological Heritage« spricht die Wissenschaftlerin von der University of Delhi über den Einfluss von Politik auf das kulturelle Erbe und den Umgang mit historischen Stätten in Indien. In einem zweiten öffentlichen Vortrag wird sich der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Sinan Antoon von der Gallatin School of Individualized Study (USA) und derzeit Fellow des Wissenschaftskolleg zu Berlin mit der Zerstörung von Kulturgütern im Irak und Syrien beschäftigen. Dabei geht er auch auf die Frage ein, wie Wissenschaftler mit den »Ruinen dieser Ruinen« umgehen. Die Vorträge finden am 12. Oktober (Prof. Lahiri) in der Aula der Alten Universität, Grabengasse 1, und am 13. Oktober (Prof. Antoon) im Karl Jaspers Centre für Transkulturelle Studien, Voßstraße 2, Gebäude 4400, statt. Beginn ist jeweils um 18 Uhr.