Neue jungsteinzeitliche Funde in Öpfingen

Im Zuge einer Baugrunduntersuchung in Öpfingen (Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg) kamen umfangreiche bandkeramische Siedlungsspuren und mehrere Gräber aus der Glockenbecherzeit zum Vorschein.

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Verbreitung der Glockenbecherkultur nach Harrison 1980

Von einem flachen Höhenrücken östlich von Öpfingen bietet sich ein weiter Blick über die Niederung der Donau auf die von Süden einmündende Senke von Riß und Rottum in Richtung Oberschwaben. Bereits 2008 waren hier im Öpfinger Gewann »Haipfel« umfangreiche jungsteinzeitliche Siedlungsreste aus der Zeit um 5000 v. Chr. zutage gekommen. Im Spätherbst 2011 machte ein Bauvorhaben eine vorausgehende archäologische Baugrunduntersuchung erforderlich, deren Ergebnisse das baden-württembergische Landesdenkmalamt heute der Öffentlichkeit vorstellte.

Im etwa 250 qm großen Grabungsfenster setzen sich die schon 2008 beobachteten Siedlungsspuren unvermindert fort. Unmittelbar unter dem Ackerboden lassen Bodenverfärbungen Gruben und Pfostenreihen erkennen und die nordnordwest-südsüdöstliche Baurichtung der Gebäude nachvollziehen. In den bis in eine Tiefe von ca. 60 cm in den Lößlehmgrund reichenden Pfostengruben kamen bei der Ausgrabung Feuersteingeräte und Tonscherben mit bandkeramischer Verzierung zum Vorschein. Die Silexwerkzeuge sind ausschließlich aus Jurahornstein gefertigt. Entsprechende Siedlungsreste sind beispielsweise aus Ulm-Eggingen und Erbach-Ringingen bekannt.

Unverhofft stießen die Archäologen des Denkmalamts außerdem auf einen Grabfund, der fast drei Jahrtausende jünger ist als die bandkeramische Siedlung. In einer hölzernen Grabkammer war hier ein für diese Zeit vergleichsweise großer Mann entsprechend der Gebräuche in der Glockenbecherzeit der ausgehenden Jungsteinzeit in linksseitiger Hockerlage bestattet worden: mit dem Kopf im Norden und dem Blick gen Osten. Die Beine sind angezogen und die Unterarme parallel vor dem Oberkörper angewinkelt. Der zu Lebzeiten etwa 1,70 große Mann war im Alter von etwa 40 Jahren gestorben. Als Grabbeigaben waren ihm u.a. eine Armschutzplatte am linken Unterarm sowie - vermutlich in einer Tasche aufbewahrt und im Rücken des Verstorbenen niedergelegt - einen aus zwei Sandsteinhalbstücken bestehenden Pfeilglätter, mehrere Silexpfeilspitzen sowie Knochengeräte mitgegeben worden. Der Verstorbene gibt sich so als Bogenschütze zu erkennen, denn es handelt sich um die Utensilien, die erforderlich sind, um Pfeile zu fertigen oder nachzuarbeiten. Im Bereich seines Brustkorbs fanden die Archäologen zudem eine weitere, sorgsam zugerichtete Pfeilspitze aus weißlichem Feuerstein. Ob dies ein Hinweis auf die Todesursache ist, er also an einem Pfeilschuss starb oder ob ihm die Pfeilspitze bei seinem Begräbnis auf die Brust gelegt wurde, bleibt vorerst unklar.

Die an den Ecken sich kreuzenden Bohlen der Grabkammer zeichneten sich bei der Ausgrabung noch als Bodenverfärbungen im hellen Lößlehm ab. Vermutlich war einst über dem Grab ein kleiner Grabhügel errichtet worden, der aber heute nicht mehr nachweisbar ist. Die Grabsohle selbst lag infolge der Erosion in nur 60 cm Tiefe unter der Ackeroberfläche. Am Rücken des Toten fanden sich Keramikscherben und verbrannte Knochenreste, was die Ausgräber eine Brandbestattung vermuten läßt. Die gesamte Bestattung wurde »en bloc« geborgen, um eine genauere Untersuchung zu ermöglichen.

Etwa 4 m nördlich von diesem Grab entfernt wurden Reste einer weiteren Bestattung angetroffen, ebenfalls in einer nord-südlich orientierten Grabgrube von etwa 1,6 x 1,3 m Ausdehnung. Bedauerlicherweise war sie bereits durch Baugrabungen gestört. Wohl wegen der oberflächennahen Lage – die Grabsohle lag etwa 50 cm unter Oberfläche - sind nur noch geringste Knochenreste erhalten, dazu wenige keramische Reste einer Schale.

Die Befunde deuten auf eine kleine Gräbergruppe hin, wie sie während der Glockenbecherzeit um 2400 - 2200 v. Chr. üblich war. Die bei den Ausgrabungen in Öpfingen freigelegten Bestattungen stellen die bislang ersten Besiedlungsnachweise für die späte Jungsteinzeit des ausgehenden 3. vorchristlichen Jahrtausends im Ehinger Raum dar. Die nächstgelegenen Parallelen sind vom Ulmer Münsterplatz, aus Mühlheim-Stetten a. d. Donau (Kr. Tuttlingen) und aus dem Hegau bekannt, daneben gibt es Siedlungsreste aus dieser Zeit vom Runden Berg bei Bad Urach, von der Achalm bei Reutlingen und aus Sonnenbühl-Willmandingen. Schließlich gibt es noch einen glockenbecherzeitlichen Flussfund von den Kiesbaggerungen zur Donaurenaturierung unterhalb der Heuneburg. Die Fundpunkte sind weit gestreut, doch deuten sie an, dass die Region fest in der Hand einer glockenbecherzeitlichen Bevölkerung war.