"Kamera läuft!", ruft Moritz Brödner. Nach einem Moment Stille beginnt Geschichtsprofessor Rainer Leng, seinen Text über die Entstehung der ersten Universitäten in die Kamera zu sprechen. Er steht dabei nicht in einer mittelalterlichen Kulisse, sondern vor einer grünen Wand im Studio des Rechenzentrums der Universität Würzburg.
"Der grüne Stoff bietet die Möglichkeit, im Nachhinein beliebiges Bildmaterial als Hintergrund im Schnitt einzufügen", erklärt Michael Tscherner. Er betreut am Rechenzentrum der Universität (RZ) Projekte wie das von Leng und seinen Studierenden.
Gemeinsam zeichnen sie Kurzfilme auf, die zentrale Fachbegriffe der Geschichtswissenschaft erklären sollen. "Die Ausgangsfragen lauteten: Welche Mittelalter-Begriffe möchte ich prägnant und anschaulich erklärt bekommen und wie möchte ich sie präsentieren", sagt Leng.
Der Dreh ist also nur ein Teil eines viel längeren kreativen Prozesses, der erst nach dem Schnitt und der Bearbeitung des gefilmten Materials mit dem Upload auf die Videoplattform Youtube endet. Am Anfang stand für die Studierenden die Auswahl aus vorgeschlagenen Themen, es folgte eine umfangreiche Recherche und Aufbereitung. "Nachdem man viel Material gesammelt hat, ist gerade beim Filmen die Auslassung manchmal eine Herausforderung", sagt Alexander Zwurtschek. Der Bachelorstudent hat gemeinsam mit Moritz das Thema Universitäten bearbeitet.
"Es gibt viele Videos und Informationen im Internet, die wissenschaftlich nicht tragbar sind", sagt Moritz. Die Filme, die im Seminar von Professor Leng erstellt werden, müssen jedoch diesem Anspruch gerecht werden. "Das Video sollte ansprechend sein und gleichzeitig mit wissenschaftlicher Präzision erstellt werden. Das ist nicht immer einfach", sagt Moritz.
"Die Studenten erlernen fachliche und mediendidaktische Grundlagen", sagt Rainer Leng und ergänzt: "Die Bedeutung der Wissensvermittlung mit neuen Medien und Formaten wird in der Zukunft weiter zunehmen." Die Vorbereitung und Umsetzung des Videos beinhaltet neben der Recherche auch das Schreiben eines Drehbuchs, das Texten, Animation und die Auswahl von aussagekräftigem Bildmaterial, das im Schnitt anstatt des grünen Hintergrunds hinter dem Vortragenden, Rainer Leng, eingefügt wird. Zudem müssen die Studierenden sicherstellen, dass alle Bild- und Urheberrechte des verwendeten Materials berücksichtigt werden.
Rainer Leng arbeitet bereits seit langem mit videobasierten Methoden des Lernens und Lehrens. Neben seinem Youtube-Kanal zum Thema Mittelalter bietet er auch Moocs an. Mooc steht für den englischen Begriff "massive open online course" und bezeichnet meist kostenlose Onlinekurse, bei denen traditionelle Formen der Wissensvermittlung mit Videos und Internetforen kombiniert werden und Lehrende und Lernende auf neue Art und Weise miteinander kommunizieren.
"Die Präsenzlehre bleibt natürlich weiterhin bestehen", sagt Michael Tscherner und verdeutlicht: "Wir möchten nur Mittel und Wege anbieten, sie zu ergänzen und das Lehrangebot mit solchen Methoden insgesamt zu bereichern." Im Laufe des Jahres wird das Angebot des RZ in diesem Bereich noch erweitert. "Wir ziehen in ein größeres Studio", sagt Tscherner.
Die Videos in Lengs Youtubekanal richten sich an eine breite Zielgruppe: Dozenten, die den in akademischer Lehre entstandenen Inhalt auch in akademischer Lehre einsetzen wollen, Studenten und Lehrer, die Anregungen für den Unterricht oder Material suchen, Schüler und auch die breite Öffentlichkeit, die sich für das Thema Mittelalter interessiert. "Teilweise gilt heute bereits ein Wikipedia-Artikel als vertiefte Hintergrundlektüre – wir möchten ein wirklich hochwertiges Angebot machen", sagt Leng. Zudem solle das Videoprojekt auch innerhalb der Universität Anregungen schaffen, Aspekte der Kommunikation von Wissenschaft auch mediengestützt zu vermitteln.