Höhlenmalereien in Spanien stammen wohl von Neandertalern

Die Datierung von Malereien in drei Höhlen in Spanien stützt die Ansicht, dass Neandertaler mehr als 20 000 Jahre vor der Ankunft des anatomisch modernen Menschen in Europa Höhlenkunst in Form von farbigen Markierungen praktizierten.

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Tropfsteinformationen im "Sala de las Estrellas" in der Höhle "Cueva de Ardales" (Malaga, Andalusia) mit Spuren roter Pigmente
Tropfsteinformationen im "Sala de las Estrellas" in der Höhle "Cueva de Ardales" (Malaga, Andalusia) mit Spuren roter Pigmente (© João Zilhão, ICREA)

Àfrica Pitarch Martí und ihre Kolleginnen und Kollegen vom Sonderforschungsbereich 806 "Our Way to Europe" führten geowissenschaftliche Analysen zu den roten Pigmenten von einem mächtigen stalagmitischen Pfeiler in der Cueva de Ardales durch. Ziel war, die die Zusammensetzung und die mögliche Herkunft der Pigmente zu charakterisieren. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zusammensetzung und Anordnung der Pigmente nicht auf natürliche Prozesse zurückgeführt werden kann, sondern dass sie durch Spritzen und an einigen Stellen durch Blasen aufgetragen wurden.

Die Beschaffenheit der Pigmente stimmt nicht mit natürlichen Proben überein, die vom Boden und von den Wänden der Höhle entnommen wurden, was darauf hindeutet, dass die Pigmente von außen in die Höhle gebracht wurden. Die Datierung der Malereien deutet darauf hin, dass sie bei mindestens zwei verschiedenen Gelegenheiten aufgetragen wurden, einmal vor mehr als 65.000 Jahren und ein weiteres Mal zwischen 45.300 und 48.700 Jahren, was die Entstehung der Markierungen in die Zeit der Neandertaler-Besiedlung legt. Nach Ansicht der Autoren handelt es sich nicht um Kunst im engeren Sinne, sondern vielmehr um Markierungen von ausgewählten Bereichen der Höhle, deren symbolische Bedeutung unbekannt ist. Ihr Artikel "The symbolic role of the underground world among Middle Palaeolithic Neanderthals" wurde jetzt in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht.

Bereits 2017 wurden in Zusammenarbeit mit spanischen, deutschen und britischen Kollegen mehr als 70 Sinterproben genommen, die bildliche Artefakte eindeutig überlagern und ein Mindestalter der darunterliegenden Darstellungen anzeigen. Da sich die dünnen Sinterschichten seit zehntausenden Jahren zufällig bilden, reichen die gemessenen Alter über den Darstellungen von 760 Jahren bis 65.520 Jahren vor heute. Von besonderem Interesse sind die Mindestalter von vier bildlichen Artefakten mit 65.529, 45.940, 45.290, und 38.650 Jahren vor heute, sagt Professor Dr. Gerd-Christian Weniger vom SFB 806: "Nach unserem aktuellen Kenntnisstand reicht die älteste Besiedlung des Jungpaläolithikums in Zone 5 nur bis 35.422 Jahren vor heute zurück, sodass die vier genannten Proben auf eine Entstehung der unter ihnen liegenden Farbzeichen im Mittelpaläolithikum hinweisen und Neandertalern zugeschrieben werden können. Im Süden der Iberischen Halbinsel gibt es aktuell keinen gesicherten Nachweis zur Anwesenheit des anatomisch modernen Menschen vor mehr 34.000 Jahren vor heute."

Drei dieser frühen Sinterdatierungen stammen von einem mächtigen Sinterpfeiler. Die Ränder des Pfeilers weisen eine ganze Serie enger Sinterfahnen auf. Allein in diesen Sinterfahnen wurden an 45 Stellen rote Farbflecken, Punkte und Linien angebracht. Der jüngste datierte Farbauftrag ist mindestens 45.290 Jahre alt, der älteste mindestens 65.529 Jahre alt. "Daher ist davon auszugehen, dass Neandertaler für diesen Auftrag roter Farbpigmente verantwortlich waren", so Weniger. "Für den Farbauftrag weiter im Inneren der Höhle kann auch eine Autorenschaft von Neandertalern angenommen werden." Die datierten Punkte und Farbflecken wurden von Menschen aufgetragen und können nicht zufällig entstanden sein. Da sie tief im Innenbereich der Sintervorhänge angebracht wurden oder in einer Höhe, die nur durch Klettern erreicht werden konnte, handelt es sich gezielte Aktionen.

Publikation

Africa Pitarch Martí, João Zilhão, Francesco d’Errico, Pedro Cantalejo-Duarte, Salvador Domínguez-Bella, Josep M. Fullola, Gerd C. Weniger, José Ramos-Muñoz

The symbolic role of the underground world among Middle Paleolithic Neanderthals

PNAS. 2.8.2021
DOI: 10.1073/pnas.2021495118