Grabsteine aus dem Endneolithikum

Südlich von Merseburg kam bei Ausgrabungen im Vorfeld eines Straßenbauvorhabens ein kleines Gräberfeld der ausgehenden Jungsteinzeit zutage. Eine Besonderheit stellen dabei Steinsetzungen dar, die einst die Lage der Gräber markierten. Für solche obertägig sichtbaren Kennzeichnungen von Bestattungen findet man ansonsten meist nur noch indirekte Anzeichen aus dieser Zeit.

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Zwei der freigelegten endneolithischen Steinsetzungen, welche die Lage der Gräber markieren (Blick nach Süden). Foto © LDA Sachsen-Anhalt

Im Vorfeld des Neubaus des Zubringers L 178n zur BAB 38 / B 91 durch die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt (Regionalbereich Süd) führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt derzeit archäologische Untersuchungen durch. Die geplante Straße verläuft zwischen der L 178 und der B 91 südlich von Merseburg auf einer Länge von insgesamt ca. 2,9 km in west-östlicher Richtung. Die Breite des Trassenkorridors beträgt durchschnittlich ca. 30 m.

Im September und Oktober 2016 fanden im westlichen Trassenbereich auf ca. 1,5 km Länge die ersten archäologischen Voruntersuchungen statt. Seit Ende Mai 2017 werden hier 12 Fundstellen mit insgesamt ca. 22.000 m2 Untersuchungsfläche ausgegraben. Die Geländearbeiten dauern voraussichtlich bis Mitte November 2017 an. Die Projektleitung liegt bei Dr. Susanne Friederich und Johanna Kleinecke M.A., die örtliche Grabungsleiterin ist Johanna Schüler M.A. Insgesamt sind derzeit zehn Mitarbeiter beschäftigt.

An der Fundstelle nahe der bestehenden L 178 (Fst. 12) wurden bisher sechs Körperbestattungen aufgedeckt, die in einem direkten räumlichen Bezug zueinander stehen. Sie können in das Endneolithikum bzw. in die Glockenbecherzeit (2.800 bis 2.200 v. Chr.) datiert werden. Aus einer der Bestattungen wurde eine Pfeilspitze aus Feuerstein geborgen. Neben vier dieser Gräber konnte jeweils eine Steinsetzung aus Sandsteinplatten dicht unter dem heutigen Pflughorizont entdeckt werden. Sowohl die Steinsetzungen als auch die Bestattungen liegen in einer geraden Reihe hintereinander und erstrecken sich in nordwestsüdöstlicher Richtung. Die Bestattungen liegen durchschnittlich 60 cm tiefer als die Steinsetzungen. Dass sich hier die obertägige Kennzeichnung der Gräber der ausgehenden Jungsteinzeit erhalten hat, stellt eine Besonderheit dar, da es sonst oft nur indirekte Anzeichen für eine solche Kennzeichnung gibt.

Zwei weitere Gräber, die ebenfalls in dieselbe Zeit einzuordnen sind, lagen nur knapp 100 m entfernt an einer südlich gelegenen Fundstelle (Fst. 10), wurden aber bereits vollständig ausgegraben. Hier handelte es sich um zwei Doppelbestattungen. In einem Grab wurden zwei Erwachsene niedergelegt, von deren Ausstattung sich eine Pfeilspitze und ein Messer aus Feuerstein erhalten haben. Eine weitere Pfeilspitze, die direkt an der Schulter eines Individuums gefunden wurde, könnte die Todesursache sein. Im anderen Grab wurde eine Mutter mit ihrem Kind bestattet; von der Ausstattung der Toten fand sich eine Muschelpaillette.

Weiterhin kamen bei den Ausgrabungen Funde der Aunjetitzer Kultur und bronzezeitliche pit alignments ans Tageslicht.

Die Grabkennzeichnungen liegen in einer Reihe (Blick nach Norden). Foto © LDA Sachsen-Anhalt
Funde. Foto J. Kruse, © LDA Sachsen-Anhalt