Ein augusteisches Marschlager in Paderborn?

Die Hinweise auf ein römisches Lager unter dem St. Johannisstift an der Neuhäuser Straße in Paderborn verdichten sich. Bereits im September vergangenen Jahres fanden auf dem Gelände des zukünftigen Bildungscampus des St. Johannisstift archäologische Ausgrabungen unter fachlicher Begleitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) statt. Neben Hinweisen auf die neuzeitliche- und frühmittelalterliche Vergangenheit der Stadt stießen die Archäologinnen und Archäologen der beauftragten Fachfirma auf die Fragmente von fünf verschiedenen Weinamphoren. Es handelte sich um das erste Anzeichen einer römischen Militärpräsenz in Paderborn vor gut 2.000 Jahren. Neue Ergebnisse untermauern jetzt diese Hinweise.

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Feldbackofen
Der Feldbackofen ist in Form einer liegenden Acht gut sichtbar, wird jedoch durch eine neuzeitlich-moderne Pfostengrube gestört. Foto: EggensteinExca/ R. Süße

"Amphorenfunde, wie sie in Paderborn gemacht wurden, sind bisher nur in Militärlagern wie Haltern am See oder Bergkamen-Oberaden zutage gekommen. Im Paderborner Raum waren sie bislang nur im Römerlager Delbrück-Anreppen bekannt, nicht aber in den Siedlungsgebieten der Germanen. Dass solche Amphoren jetzt in der Stadt Paderborn gefunden wurden, ist herausragend", sagt Prof. Dr. Michael M. Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen. LWL- Römerexpertin Dr. Bettina Tremmel berichtet: "Nach der Entdeckung der Amphorenfragmente haben wir zwar mit weiteren Funden aus der Römerzeit gerechnet, dennoch waren wir positiv überrascht, als wir auch noch zwei römische Feldbacköfen nachweisen konnten. Damit können wir die bisherigen Vermutungen untermauern."

Feldbacköfen sind eine Art in den Boden eingetiefte Lagerfeuer, deren erhitzte Bodenflächen als Brotbackstellen dienten. Für den Bau eines solchen Ofens hoben die Römer zuerst eine Grube in Form einer liegenden Acht aus. Sie war zwischen 60 und 80 Zentimeter tief, sodass das Feuer gut vor Wind geschützt war. Mit einer einfachen Abdeckung aus Ästen und Rasensoden, über der durch die Hitze des Feuers rot verfärbten Backfläche, entstand ein provisorischer Backofen. In der anderen Hälfte saß der Legionär und bestückte den Ofen mit Holz. Sobald das Holz abgebrannt war, kehrte er die Asche und Holzkohle von der Backfläche in seine Arbeitsgrube hinein. Anschließend wurden die rohen Brotlaibe auf die Backfläche gelegt und von der im Boden gespeicherten Restwärme gebacken.

Feldbacköfen - zumal wie in Paderborn als Batterie angelegt - wurden nur von römischen Soldaten genutzt und finden sich ausschließlich in sogenannten Marschlagern, die die Legionen während ihrer Feldzüge nach jeder Marschetappe von ca. 20 Kilometern erbauten. So konnten sie auch außerhalb ihrer fest ausgebauten Standlager in einer befestigten Stellung Zeit verbringen und von dort aus zum nächsten Ziel weiterziehen.

Im Auftrag der Paderborner Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai verschiedene Holzkohleproben aus den beiden Backöfen mit der C-14 Methode untersucht. "Wir haben Proben aus den verschiedenen Öfen und aus dem Brunnen, in dem die Amphorenfragmente lagen, nach Kiel geschickt. Bis auf eine Ausnahme datieren alle Holzkohlestücke in die Zeit um Christi Geburt", so Gai. "Das ist überwältigend, denn es bedeutet, dass die Feldbacköfen tatsächlich in die Zeit der augusteischen Feldzüge in Germanien datieren."

Dr. Georg Eggenstein, geschäftsführender Inhaber der archäologischen Fachfirma EggensteinExca GmbH, kennt die germanische Siedlungstätigkeit entlang der Lippe sehr gut: "Für unseren Grabungsleiter, Robert Süße, und mich war das Erstaunen groß. Bislang wussten wir nur, dass im hiesigen Raum in der Zeit um Christi Geburt etliche Gehöfte der germanischen Bevölkerung standen. Der Nachweis auf ein Römerlager auf dem dicht bebauten Gelände unmittelbar vor den Toren Paderborns ist ein großer Glücksfall".

Untersuchung der Amphoren
Nach ihrem Fund wurden die Amphoren-Fragmente in der Restaurierungswerkstatt des LWL genauer unter die Lupe genommen. Foto: LWL
Feldbackofen, Verfärbungen im Boden
Das Foto zeigt denselben Ofen bei der Herstellung des Längsprofiles im Teilnegativ. Gut sichtbar sind die unterschiedlichen Verfärbungen im Boden. Foto: EggensteinExca/ R. Süße