Ältestes Gräberfeld Deutschlands liegt in Brandenburg

Mittelsteinzeitliche Bestattungen bei Groß Fredenwalde in der Uckermark entdeckt

Schon 1962 wurde auf einem Berg nahe Groß Fredenwalde eine ungewöhnliche Bestattung entdeckt, die etwa 8000 Jahre alt ist. Bei einer Nachgrabung konnten nun überraschend weitere Gräber im Umfeld freigelegt werden. Die neuen Gräber datieren ebenfalls in die Mittelsteinzeit und sprechen dafür, dass um 6400 v.Chr. auf dem Weinberg Deutschlands ältestes Gräberfeld angelegt wurde.

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Wirbelsäule des jungen Mannes
Groß Fredenwalde. Die Wirbelsäule des jungen Mannes lag noch teilweise in anatomischem Verband. Neben dem Schädel liegt ein großes Feuersteinmesser. (Foto: A. Kotula)

Die Uckermark war schon in der Mittelsteinzeit eine überaus attraktive Landschaft, denn die Sammler und Jäger fanden an den zahlreichen Seen sehr gute Lebensbedingungen. In der Regel haben sich nur die Steingeräte aus der Mittelsteinzeit erhalten und nur sehr selten werden auch Gräber aus dieser Epoche entdeckt. Auf dem Weinberg bei Groß Fredenwalde konnten Thomas Terberger (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege), Bettina Jungklaus und Andreas Kotula mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft nun gleich mehrere solche Gräber aufspüren. 2012 begannen die Geländearbeiten auf dem Berg nahe Groß Fredenwalde im Bereich einer schon 1962 entdeckten Bestattung von sechs Personen. Mit der Nachgrabung konnten die alte Grabgrube lokalisiert und viele neue Beigaben wie Tierzahnanhänger geborgen werden.

In direkter Nachbarschaft kamen neue Grabgruben ans Tageslicht: In einer außergewöhnlichen Bestattung war ein junger Mann offenbar stehend bestattet worden. Das Grab blieb eine Weile offen und erst als der Oberkörper zusammengefallen war, versiegelte man die Bestattung mit Erde und entzündete darauf ein Feuer. Der Befund ist ca. 7000 Jahre alt und ohne Parallele in Mitteleuropa.

Ganz in der Nähe entdeckten die Ausgräber eine Säuglingsbestattung in einer rötlichen Verfärbung. Thomas Schenk, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), und seine Studierenden bargen das Grab in einem Block. Die älteste gut erhaltene Säuglingsbestattung Deutschlands wird zurzeit an der HTW vorsichtig freigelegt. Ockerpulver zeugt von der Verwendung des roten Farbstoffs im Grabritus. Die Bestattung zeigt, dass auch Kleinkinder Wertschätzung über den Tod hinaus erfuhren.

Die menschlichen Skelettteile sind nach Aussage der Anthropologin Bettina Jungklaus so gut erhalten, dass es unter anderem möglich sein wird, die Ernährungsweise mit Isotopenanalysen und das Erbgut (alte DNA) der letzten Sammler und Jäger Brandenburgs zu entschlüsseln. Erste an der Universität Mainz ermittelte Ergebnisse sprechen dafür, dass in Groß Fredenwalde Überreste der Ureinwohner Mitteleuropas vorliegen. Die Forscher vermuten weitere Bestattungen auf dem Weinberg. Doch schon die bislang dokumentierten Gräber sprechen dafür, dass sich dort der älteste und über mehr als 1000 Jahre genutzte Bestattungsplatz Deutschlands befindet. Die weitere Erforschung ist in einer Kooperation der niedersächsischen und brandenburgischen Denkmalpflege mit der HTW Berlin geplant.

Publikation

T. Terberger, A. Kotula, S. Lorenz, M. Schult, J. Burger und B. Jungklaus: Standing upright to all eternity - The Mesolithic burial site at Groß Fredenwalde, Brandenburg (NE Germany). Quartär 62, 2015 (2016), 133-153.
DOI: 10.7485/QU62_06

Umzeichnung des Grabes
Die Beisetzung eines jungen Mannes erfolgte vor etwa 7000 Jahren in ganz ungewöhnlicher Weise. Die Beinknochen stehen in annähernd richtiger anatomischer Position und zeigen, dass der Tote in die Grabgrube hineingestellt wurde. Nachdem der Oberkörper des Verstorbenen zersetzt war, fielen der Schädel, die Armknochen und die Rippen in die Grabgrube. Zum Abschluss des Bestattungsvorganges wurde eine Feuerstelle über der Grube entzündet (schwarze Verfärbung). (Grafik: B. Jungklaus/ T. Terberger)
Säuglingsskelett
In einer rötlichen Verfärbung wurde auch erstmals in Deutschland ein so gut erhaltenes Säuglingsskelett entdeckt (Foto: T. Terberger)