»Spannend bis zum Schluss und jede Mühe wert«

Deutscher Studienpreis für Archäologie 2016 geht an Rashida Hussein-Oglü M.A.

Im Mai hat die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. (DGUF) Rashida Hussein-Oglü M.A., Universität Münster, für ihre Masterarbeit mit dem Deutschen Studienpreis für Archäologie ausgezeichnet. Hussein-Oglü befasste sich mit der typologischen Klassifikation und Chronologie von spätbronze- und früheisenzeitlicher Grabkeramik in Westfalen.

DGUF Preisträgerin
Rashida Hussein-Oglü M.A. (li.) und ihre Laudatorin Dr. Jutta Kneisel. Foto: DGUF/Daniel Stotzka

Wer das archäologische Inventar, die Befunde und die aktuelle Forschungslage in diesem Zeitabschnitt Westfalens kennt, erahnt die Herausforderung, die eine angemessene Bearbeitung dieses Themas darstellt. Rashida Hussein-Oglüs Arbeit sei eine besondere Leistung mit nachhaltiger Wirkung für die Archäologie und ein Schlüssel für zukünftige Materialanalysen, urteilte der Beirat der DGUF in seiner Begründung. Laudatorin Dr. Jutta Kneisel (Universität Kiel) war vom dreifachen Gliederungsansatz für die Keramik »zutiefst beeindruckt«.

Wir haben mit der Preisträgerin gesprochen.

Frau Hussein-Oglü, die Keramik, mit der Sie sich befassen, ist ja nun optisch nicht so aufregend, Ihr Thema klingt mühsam. Warum haben Sie sich dafür entschieden, was hat Sie gereizt?

Generell finde ich die methodische Bandbreite in der Archäologie sehr spannend – von den klassischen facheigenen Ansätzen bis hin zu den Methoden aus den Nachbardisziplinen mit allem, was sie mit sich bringen: Von ersten Anwendungsversuchen über technisch-methodische Modifikationen bis hin zu den dringend notwendigen wissenschaftlichen Diskussionen der Ergebnisse, die leider häufig auf der Strecke bleiben. Die Arbeit an »meiner« Keramik versprach eine eigene kleine Fallstudie zu werden, bei der überprüft werden konnte, inwieweit sich eine Verquickung der archäologisch-typologischen Methode mit statistischen Auswertungen Gewinn bringend auf das Material anwenden lässt – oder eben auch nicht. Denn erst bei den einzelnen Gräberfeldauswertungen hat sich gezeigt, dass die Untersuchung überhaupt zu einem Ergebnis kommen würde. Das war spannend bis zum Schluss und jede Mühe wert.

Was ist denn das zentrale Ergebnis, welchen Gewinn hat ein westfälischer Kollege, wenn er Ihre Arbeit liest und nutzt?

Nun, die Arbeit bietet zunächst einmal eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um die Keramik der westfälischen Urnenfriedhöfe typologisch zu sortieren und mit einheitlichen Termini zu beschreiben. Darauf aufbauend erfolgt eine erste grobchronologische Einordnung der Gefäße, welche den aktuellen Forschungsstand, auch unter Berücksichtigung von 14C-Daten, widerspiegelt. Allein das ist ein großer Fortschritt, da bisher sehr mühselige Literaturrecherchen notwendig waren, um überhaupt datierbare Vergleichsfunde ausfindig zu machen. Das beginnt schon beim Begriffs-Dschungel, da es für dieselben Gefäßformen, je nach Bearbeiter, sehr unterschiedliche Bezeichnungen gibt. Für die drei Leitformen der Doppelkoni, Halsdoppelkoni und Terrinen – also den geläufigen Urnentypen – liegen mit meiner Arbeit jetzt außerdem metrische Indizes vor, welche die generelle Tendenz der Formentwicklung nachvollziehen und so eine feinchronologische Ansprache ermöglichen. Am Ende steht ein Gesamtpaket, das die wissenschaftliche Aufarbeitung spätbronze- und früheisenzeitlicher Grabkeramik erheblich erleichtert und erstmals, in Diskussion mit Metallfunden und Grabformen, die feinchronologische Auswertung der Urnenfriedhöfe erlaubt. Und an diesem Punkt darf man im Hinblick auf künftige Forschung weiterfragen: Wie steht es um Belegungsabfolgen, die Entwicklung von Bestattungssitten, im Grabbrauch ablesbare Sozialstrukturen und um den demographischen Wandel?

Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?

Ich habe mich unheimlich darüber gefreut, zumal ich nie damit gerechnet hätte! Mir ist durchaus bewusst wie spröde die Arbeit ist, sowohl was das Material betrifft als auch bezüglich der Auswertungsstrategien. Ich war schon von dem Vorschlag für die Nominierung sehr überrascht und dachte, dass mit »Ems-Gurken« – so wird diese Keramik in Westfalen gern genannt - doch sicherlich kein Preis zu holen ist. Für meine eigene Forschung bedeutet dies aber auch, dass das wenig populäre Methodenstudium ad extremum seine Berechtigung hat und durchaus auch so wahrgenommen wird. Das motiviert mich natürlich sehr für weitere Projekte!

 

Die ausgezeichnete Arbeit »Spätbronze- und früheisenzeitliche Grabkeramik in Westfalen: Typologische Klassifikation und Chronologie« wird derzeit für die Publikation in den Schriftenreihen der DGUF vorbereitet.

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