Neues zur Wüstung Körlingen bei Magdeburg

Seit Frühsommer vergangenen Jahres führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt im Vorfeld des vierstreifigen Ausbaus der B 81 zwischen der Ortsumgehung Egeln bis zur B 246a archäologische Dokumentationen durch.

Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes beim Freilegen von Siedlungsgruben (Foto: Klaus Bentele)
Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes beim Freilegen von Siedlungsgruben (Foto: Klaus Bentele)

Die ungefähr 5,5 Kilometer lange Ausbaustrecke tangiert in fünf Bereichen archäologische Kulturdenkmale. Diese von der Steinzeit bis ins Mittelalter reichenden Fundstellen untersuchen seit 25.05.2009 bis zu 40 Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Die Ausgrabungen enden im Laufe des kommenden Monats.

Die archäologischen Untersuchungen haben besonders zur ländlichen Siedlung Körlingen, die in der frühen Neuzeit wüst gefallen ist, neue Erkenntnisse erbracht, die es erlauben, nun ein genaueres Bild dieses mittelalterlichen Dorfs etwa 10 km südwestlich von Magdeburg zu zeichnen. Der Name Körlingen wird in einer Schenkungsurkunde Ottos I. aus dem Jahr 946 erstmalig erwähnt, in der auch die Orte Borne, Biesdorf, Maxstedt und Eggenstedt an das Magdeburger Moritzkloster übertragen wurden. Aus einer weiteren schriftlichen Quelle erfahren wir, dass die Siedlung Körlingen in der frühen Neuzeit aufgelassen wurde und im Jahr 1552 wüst fiel. Fährt man heute mit dem Auto auf der Bundesstraße von Magdeburg Richtung Harz fällt auf der rechten Seite kurz vor Egeln liegend der Rasthof „Körling“ auf. Der Name Körlingen blieb bis heute erhalten, und vermutlich bestand hier über Jahre hinweg eine Pferdeumspannstation.

Doch erst die archäologischen Grabungen im Vorfeld des Straßenumbaus erlauben jetzt eine erweiterte Kenntnis über die damalige Siedlung Körlingen. Ein fast ein Meter breiter und noch heute stellenweise bis zu zwei Meter tief erhaltener Graben diente als Sicherung bzw. Annäherungshindernis der damaligen Ansiedlung. Innerhalb der Umwehrung standen dicht an dicht kleine, häufig nur zwei mal drei Meter große und – vergleichbar zu heutigen Kellern – in den Untergrund eingetiefte Gebäude, welche im Sommer vor großer Hitze schützten und im Winter ein wohltemperiertes Raumklima ermöglichten. Allenthalben befanden sich in den Gebäuden Ofenanlagen. Meist waren diese jedoch außerhalb des Wohnraumes – oder Arbeitsraumes? – errichtet. Welch hohe Bedeutung der damaligen, sicher von Anbeginn an verkehrsgünstig gelegenen Siedlung zukam, zeigt sich in der Tatsache, dass baufällig gewordene Gebäude immer an gleicher oder fast gleicher Stelle wieder errichtet wurden. Einmal genutzter Baugrund wurde immer und immer wieder genutzt. Eine kontinuierliche Siedlungsverlagerung, wie von anderen Orten bekannt, lässt sich nicht beobachten. Allein auf der einem halben Fußballfeld entsprechenden Fläche haben wir den Beleg von weit mehr als 80 Häusern aus mindestens drei Bebauungsphasen. Die Siedlung Körlingen dürfte für längere Zeit recht autark bestanden haben – eigens angelegte Brunnen sicherten die Grundwasserversorgung ab.

Durch die archäologischen Grabungen gelingt nun ein tieferer Einblick in eine ländliche, unweit vor den Toren Magdeburgs gelegene Siedlung aus dem 10. bis 13. Jahrhundert nach Christus. Körlingen war einerseits ein typisches Dorf des hohen Mittelalters im Einzugsgebiet einer bedeutenden Stadt und diente dem Moritzkloster als landwirtschaftlicher Standort. Die Ausgrabung hat nun aber andererseits die Erkenntnis erbracht, wie bedeutend die verkehrstechnische Lage Körlingens zu dieser Zeit gewesen ist. Dies wird durch den Verteidigungswall und durch die eindrucksvolle Siedlungskontinuität am Ort selbst sehr deutlich. Die Ausgrabungen an der Ortsumgehung Egeln der B 81 belegen damit einmal mehr, wie hoch der Erkenntnisgewinn ist, den vor allem archäologische Untersuchungen zu den häufig recht spärlichen schriftlichen Quellen des Mittelalters und der frühen Neuzeit erbringen können.

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