Netzwerke für den Wiederaufbau

Das Deutsche Archäologische Institut nimmt in Damaskus den wissenschaftlichen Austausch mit syrischen Fachkräften wieder auf. Stipendien, Workshops und digitale Dokumentation schaffen Grundlagen für den langfristigen Erhalt des Kulturerbes.

Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Syrien diskutieren in Bibliothek
Austausch der syrischen Stipendiat:innen. Foto: Claudia Bührig ©: DAI Orient-Abteilung. D-DAI-DAM-Dam2025_0009

Nach Jahren der Unterbrechung ist in Damaskus ein wichtiger Schritt für den Schutz und die Erforschung des syrischen Kulturerbes gelungen. An der Außenstelle des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) kamen erstmals wieder syrische Stipendiat:innen und Mitarbeitende des Instituts zusammen, um gemeinsam über zukünftige Strategien zur Bewahrung, Pflege und Vermittlung der reichen archäologischen und historischen Zeugnisse Syriens zu beraten.

Die Bibliothek der DAI-Außenstelle diente dabei erneut als Ort des wissenschaftlichen Austauschs. Claudia Bührig, Leiterin der Außenstelle Damaskus, hebt die Bedeutung dieses persönlichen Dialogs hervor:

„Unsere Bibliothek in Damaskus fungierte erstmals wieder als ein geschützter Austauschort für Wissenschaftler:innen, als ein Ort des Wissenstransfers und Dialogs. In diesem Kontext wurde wiederholt die signifikante Bedeutung des Fachaustausches für die syrischen Wissenschaftler:innen betont. Die Spezifizierung der Bedürfnisse kann insbesondere im lokalen Kontext, im Rahmen eines direkten Austausches und über gemeinsame, anwendungsorientierte Initiativen erfolgen. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass wir mit den Syrer:innen vor Ort zusammenarbeiten und gemeinsam Initiativen auf den Weg bringen.“

Stipendien als Grundlage für neue Handlungsspielräume

Ein zentrales Instrument dieses Neuanfangs ist das Stipendienprogramm des DAI. Es eröffnet syrischen Wissenschaftler:innen wieder Zugang zu aktueller Fachliteratur, internationalen Forschungsdiskussionen und direktem Austausch mit Kolleg:innen aus Deutschland. Wassim Alrez, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Außenstelle Damaskus, betont die Bedeutung dieser Förderung: „Die Stipendien sind von besonderer Bedeutung, da sie neue Möglichkeiten und Freiräume eröffnen. Unseren Kolleg:innen waren während der Kriegsjahre weitgehend vom Austausch mit der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft und von aktuellen Forschungsthemen abgeschnitten.“

Die langfristig aufgebauten Netzwerke und das über Jahre gewachsene Vertrauen bilden heute die Basis für nachhaltige Kooperationen. Sie ermöglichen erstmals seit Langem wieder konkrete gemeinsame Projekte vor Ort.

Digitale Dokumentation für den Erhalt der Altstadt von Damaskus

Ein aktuelles Beispiel für diese Zusammenarbeit ist ein Pilotprojekt zur Dokumentation der Altstadt von Damaskus, die seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Ziel ist es, die historische Bausubstanz systematisch zu erfassen und damit eine Grundlage für ihren langfristigen Erhalt zu schaffen.

Im Mittelpunkt steht der Aufbau eines Geographischen Informationssystems (GIS), das als digitales Archiv fungieren soll. Zur Vorbereitung wurde ein sechstägiger Workshop mit sieben Mitarbeitenden des syrischen Antikendienstes (Directorate-General for Antiquities and Museums, DGAM) aus Damaskus und Aleppo durchgeführt. Dabei wurde die Nordhälfte der Altstadt mithilfe von Drohnen flächendeckend dokumentiert. Gleichzeitig konnten die Teilnehmenden neue Techniken praktisch erproben und ihr Wissen untereinander weitergeben. Die Erfassung der südlichen Altstadthälfte ist für das Frühjahr 2026 geplant.

Langfristiges Engagement und gewachsene Strukturen

Das aktuelle Engagement knüpft an langjährige Aktivitäten des DAI in Syrien an. Bereits 2016 reagierte das Institut auf die massiven Zerstörungen infolge des Krieges und initiierte das Archaeological Heritage Network. In diesem Rahmen entstanden Projekte wie das Syrian Heritage Archive Project (2013–2019), das Palmyra-GIS sowie zahlreiche Weiterbildungsprogramme in den Bereichen IT, Denkmalpflege, Bauforschung und traditionelles Handwerk.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen wurden die bestehenden Netzwerke von der Außenstelle Damaskus über Jahre hinweg von Berlin und Jordanien aus gepflegt. Dieses kontinuierliche Engagement zeigt nun Wirkung. Das zugrunde liegende „Train-the-Trainers“-Prinzip stärkt lokale Verantwortung und trägt dazu bei, fachliche und organisatorische Strukturen in Syrien nachhaltig zu stabilisieren.

Damit leistet das DAI nicht nur einen Beitrag zum Erhalt eines bedeutenden kulturellen Erbes, sondern auch zur Schaffung von Perspektiven für Wissenschaft, Zusammenarbeit und gesellschaftliche Stabilität in Syrien.

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