In Delbrück der Vorgeschichte auf der Spur

Ein Altarm der Lippe mitten in einer Kiesgrube mit fast 2000 Jahre alter Holzkohle, Resten von verbrannten Knochen und Keramikscherben: Hier haben die Menschen kurz nach Christi Geburt Teile von Tieren verbrannt. Was sich genau hier vor 2.000 Jahren abgespielt hat, versuchen die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) jetzt zusammen mit Studierenden der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in einer Grabungskampagne herauszufinden.

Torflinse als dunkle Schicht über dem hellen Sand
Studierenden haben ein Profil angelegt. Deutlich ist die Torflinse als dunkle Schicht über dem hellen Sand zu erkennen. (Foto: LWL/Hallenkamp-Lumpe)

Bereits im vergangenen Sommer war der Altarm der Lippe beim Kiesabbau in einer Kiesgrube zum Vorschein gekommen. Schon damals waren die LWL-Archäologen zur Stelle, um den Fundplatz genauer zu untersuchen. In der Westhälfte des Altarmes tauchten Stellen mit Holzkohlekonzentrationen, kleinsten Resten von verbrannten Knochen, Keramikscherben sowie durch starke Hitze verziegelter und geröteter Lehmboden auf.

Genauere Untersuchungen zeigten: Hier waren Teile von Tieren verbrannt worden. Unter dem Schwemmlehm folgte eine dunkelbraune, lehmige und torfige Erdschicht, aus der die LWL-Archäologen weitere archäologische Funde bergen konnten. Auch hier kamen zahlreiche Keramikscherben, Tierknochen und Überreste von Hölzern zum Vorschein. Die Fragmente von Tongefäßen, die in typisch einheimischer Machart hergestellt worden sind, und naturwissenschaftliche Analysen datieren die Fundstelle in die Zeit kurz nach Christi Geburt.

Seit Anfang August wird im Rahmen einer Lehrgrabung nun auch die Osthälfte des Altarms untersucht. Sieben Studierende des Historischen Seminars, Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), erforschen unter der Leitung von Sebastian Luke den zweiten, rund 200 Quadratmeter großen Grabungsabschnitt. Dabei graben die Jung-Archäologen erneut Keramikscherben, Tierknochen und Holzreste aus. "Wir kommen gut mit den Arbeiten voran", so der Grabungsleiter. "Der Rhythmus zwischen Bodenabtrag, Dokumentation und Fundbergung hat sich gut eingespielt, sodass wir spätestens Ende August die Grabung abschließen können."

Auch für die Studierenden ist der Fundplatz nicht alltäglich. Sie erlernen das wissenschaftliche Dokumentieren undwie man die verschiedensten naturwissenschaftlichen Proben fachgerecht entnimmt.
Nicht nur die Funde, auch die Nachbarschaft zum annähernd zeitgleich datierten benachbarten Römerlager Anreppen lässt die Wissenschaftler aufmerken. Die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen können interessierte Passanten auf einem Informationsschild nachlesen, das die Baustoffwerke Frankenfeld aufgestellt haben.

Wie genau die Fundstelle im Lippe-Altarm nun zu interpretieren ist, dazu soll die aktuelle Grabungskampagne neue Erkenntnisse beitragen. Ob hier schlicht nur Siedlungsabfall entsorgt wurde oder ob die Einheimischen vor knapp 2.000 Jahren Keramik, Knochen und Hölzer mit anderer Absicht im stehenden Gewässer des Altarmes deponiert haben? "Es spricht einiges dafür, dass es sich nicht um einen normalen Abfallplatz gehandelt hat", erläutert Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe von der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen. Die Suche nach Antworten geht nach den Ausgrabungen weiter, wenn die Funde und Befunde ausgewertet werden und ergänzende naturwissenschaftliche Analysen wie Dendrochronologie, archäobotanische und geologische Analysen, Tierknochenuntersuchungen sowie 14C-Datierungen Einblicke ermöglichen, die das bloße Auge nicht leisten kann.

Die Oberfläche wird sorgfältig geputzt
Bevor die Fläche fotografiert, eingemessen und gezeichnet werden kann, muss die Oberfläche sorgfältig geputzt werden. So sieht man auch kleinste Funde. (Foto: LWL/Hallenkamp-Lumpe)
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