Flämischer Maler verbarg sich im Stein

Suche nach archäologischen Vergleichsstücken aus der Zeit Luthers brachte kunstgeschichtlichen Sensationsfund ans Licht

Bei Vorbereitungen für die Landesausstellung »Fundsache Luther«, die ab Ende Oktober in Halle / Saale zu sehen sein wird, wurde das bisher einzige bekannte Selbstporträt des flämischen Malers Robert Campin (ca. 1375 - 1445) entdeckt.

Ring-Portrait
Selbstbildnis des flämischen Malers Robert Campin, getarnt als Lichtreflex auf einem Schmuckstein (Titelbild des Sonderdrucks aus »Archäologie in Sachsen-Anhalt«)

Eigentlich war der Archäologe Mirko Gutjahr auf der Suche nach einem Ring ähnlich dem Stück, das im Jahr 2005 bei Ausgrabungen im Garten des Lutherhauses in Wittenberg gefunden wurde. Bei diesem könnte es sich möglicherweise um jenen Ring handeln, von dem Luther 1536 schrieb, dass seine Frau Katharina ihn verloren habe: einen Goldring mit Schmuckstein in Krappenfassung. Der archäologische Fund soll in der am 31. Oktober beginnenden Landesausstellung im Museum Halle (Saale) präsentiert werden.

Beim Studium von Abbildungen solcher Schmuckstücke aus dem 15. und 16. Jahrhundert nahm Gutjahr auch das berühmte Gemälde »Porträt einer Frau« von Robert Campin unter die Lupe, dessen Original in der Londoner National Gallery zu sehen ist. Um den abgebildeten Ring mit dem archäologischen Fundstück zu vergleichen, betrachtete er das um 1430 entstandene Gemälde in einer starken Vergrößerung. Dabei erlebte er eine Überraschung: aus dem roten Schmuckstein blickte ihm das Gesicht eines bärtigen Mannes entgegen. Das Bild im Bild, getarnt als Spiegelung im glänzenden Stein und nur wenige Millimeter gross, stellt vermutlich den Maler selbst dar.

Damit erhält der bedeutende Maler, den die kunstgeschichtlichen Forschung inzwischen auch als Schöpfer der Werke identifiziert hat, die zuvor dem »Meister von Flemalle« und dem »Meister von Mérode« zugeschrieben worden waren, nach fast 600 Jahren erstmals ein Gesicht - dank der Akribie eines Archäologen.

Ein Artikel zu dieser Entdeckung erscheint in der Zeitschrift "Archäologie in Sachsen-Anhalt", Bd. 5 / 2008.

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