Erforschung der ältesten Fundplätze in Baden-Württemberg wird von der DFG gefördert

Das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart erhält eine Förderung in Höhe von rund 400.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Erforschung der ältesten archäologischen Fundplätze Baden-Württembergs in den Stuttgarter Travertinen.

Steinwerkzeuge von der Fundstelle Bunker
Steinwerkzeuge von der Fundstelle Bunker. Bild: Yvonne Mühleis / Yvonne Tafelmaier, © Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart

Die derzeit ältesten archäologischen Fundplätze Südwestdeutschlands finden sich in Travertin-Formationen im Stuttgarter Raum (Bad Cannstatt und Münster). Für deren Erforschung erhält das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart nun von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Förderung in Höhe von rund 400.000 Euro.

In den teils mächtigen Schichtenfolgen aus Kalkstein haben sich Überreste mittelpleistozäner Jäger und Sammler in Form von Steinwerkzeugen und Tierknochen erhalten. Die Fundschichten wurden im Zuge des kommerziellen Travertin-Abbaus und beim Bau der Rauchgaswaschanlage für das Kraftwerk in Münster entdeckt. Unter der Leitung des LAD wurden diese bereits in den 1980er Jahren und Anfang der 1990er Jahre ausgegraben und dokumentiert. Eine detaillierte und umfassende Aufarbeitung der archäologischen Funde und des Fundkontextes hat jedoch bislang nicht vollständig stattgefunden. Anhand neuer und altbewährter analytischer Methoden soll es jetzt im Zuge des DFG-Projekts »Mittelpleistozäne archäologische Fundstellen in den Stuttgarter Travertinen (Bad Cannstatt und Münster) und ihre Bedeutung für die früheste Besiedlungsgeschichte Mitteleuropas« gelingen, Aussagen zur Funktion der Siedlungsplätze und zu den kognitiven Fähigkeiten der damaligen Jäger und Sammler zu treffen.

»Derzeit geht man davon aus, dass die Fundstellen mindestens 300.000 Jahre oder älter sind«, erläutert die Projektleiterin, Dr. Yvonne Tafelmaier, vom LAD. »Deutschlandweit gibt es nur eine Handvoll Fundstellen, die Hinweise auf die früheste Besiedlung Mitteleuropas durch Vorfahren der heute lebenden Menschen liefern können«, so Tafelmaier. Dabei stamme der derzeit älteste Beleg für die Anwesenheit von Frühmenschen in Mitteleuropa ebenfalls aus Baden-Württemberg: der rund 600.000 Jahre alte Unterkiefer des sogenannten Homo heidelbergensis bei Mauer im Rhein-Neckar-Kreis. »Dieser wurde allerdings ohne archäologische Begleitfunde aus Sanden des Neckars geborgen und lässt keinerlei Rückschlüsse auf das Verhalten dieser Menschen zu«, berichtet Dr. Berrin Cep, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin für das auf drei Jahre angelegte Projekt eingestellt wurde.

Im Vergleich zu West-, Süd- und Nordwesteuropa scheint Mitteleuropa laut Tafelmaier vergleichsweise spät besiedelt worden zu sein. »Derzeit kann man nicht entscheiden, ob es sich hier um eine Forschungslücke oder einen tatsächlichen Befund handelt. Unter den bekannten Fundstellen zeichnen sich diejenigen der Stuttgarter Travertine durch eine besonders gute Erhaltung der Steinwerkzeuge und Tierknochen und eine vorbildliche, zeitgemäße Grabungsdokumentation aus«, erläutert die Projektleiterin. 

Im Zuge des Projekts soll es nun auch in Kooperationen mit internationalen Partnerinstitutionen und solchen im Land (etwa dem Museum für Naturkunde in Stuttgart) gelingen, einen kleinen Puzzlestein für die Rekonstruktion der Erstbesiedlung Mitteleuropas zu liefern. Hier gibt es bisher noch viele offene Fragen.

Travertinschichten
Travertinschichten. Foto: Yvonne Tafelmaier, © Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
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