Bildung und Religion

Courant Forschungszentrum der Universität Göttingen wird am 3. Juni offiziell eröffnet

Mit Bildung und Religion von der Antike bis zur klassischen Epoche des Islams befassen sich Wissenschaftler am Courant Forschungszentrum EDRIS der Universität Göttingen. Es wird am Donnerstag, 3. Juni 2010, offiziell mit einem Symposium und einem Festvortrag eröffnet.

Jerusalem: Schnittstelle dreier Religionen (Foto: Berthold Werner/ Public Domain)
Jerusalem: Schnittstelle dreier Religionen (Foto: Berthold Werner/ Public Domain)

Das Courant Forschungszentrum „Education and Religion: From Early Imperial Roman Times to the Classical Period of Islam (EDRIS)“ ist eines von insgesamt sieben Courant Forschungszentren, die die Universität aus Mitteln der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern eingerichtet hat. Drei Nachwuchsgruppen untersuchen frühe „Bildungsgesellschaften“, in denen sich verschiedene Kulturen und Religionen – römisch-griechische, jüdische, frühchristliche und arabisch-islamische – gegenseitig beeinflussten und vom Miteinander profitierten. Die Wissenschaftler richten ihr Augenmerk dabei besonders auf die Einflüsse, die dieses Erbe auf das heutige Bildungssystem und die moderne Wissenschaft ausgeübt hat, wie beispielsweise die arabischen Ziffern, die griechische Philosophie und die jüdischen Übersetzungen. Mit ihren Erkenntnissen wollen sie die aktuelle Bildungsdebatte um eine kulturhistorische Dimension erweitern.

Mit den Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen religiösen Traditionen und Bildungskonzeptionen im Römischen Reich vom ersten bis zum vierten Jahrhundert befasst sich die Nachwuchsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Tobias Georges. Der Kirchenhistoriker wird gemeinsam mit einer Judaistin und einer Althistorikerin die Rolle von Schulen und Stätten höherer Bildung in der paganen Welt sowie bei Juden und Christen untersuchen: Wie prägten unterschiedliche religiöse Traditionen die Bildungsinhalte und deren Vermittlung speziell während des zweiten und dritten Jahrhunderts? Welchem Reflexionsprozess werden Glaubensvorstellungen allein dadurch unterzogen, dass sie in Schulen thematisiert werden? Welche Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Traditionen sind zu beobachten? Tobias Georges, Jahrgang 1972, wurde an der Universität Halle-Wittenberg promoviert und habilitierte sich dort. Zusätzlich forschte und lehrte er an der Universität Erlangen. Anfang November 2009 wurde er an der Universität Göttingen zum Juniorprofessor ernannt.

Die zweite Nachwuchsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Ilinca Tanaseanu-Döbler befasst sich mit der Bedeutung von Bildungskonzepten und -idealen bei der Entwicklung spätantiker religiöser Identitäten im Osten des Römischen Reiches. Wie wurde Religion tradiert, wie wurde das Verhältnis zwischen religiösen Bildungsidealen und klassischer Bildung jeweils bestimmt? Gibt es Ansätze, auf der Basis der klassischen Bildung gemeinsame religiöse und ethische Grundsätze zu formulieren? Ilinca Tanaseanu-Döbler, Jahrgang 1979, wurde an der Universität Bayreuth promoviert und forschte anschließend in Göttingen sowie an der Ohio State University in Columbus. Die Universität Göttingen ernannte sie Anfang Dezember vergangenen Jahres zur Juniorprofessorin.

Sind die Bewohner der arabischen Halbinsel mit dem Wirken Mohammeds gleich „echte“ Muslime geworden? Welche nicht-arabischen Kulturen und Traditionen haben zur Definition „Muslim“ beigetragen? In der dritten Nachwuchsgruppe, geleitet vom Islamwissenschaftler Prof. Dr. Jens Scheiner, wird untersucht, wie muslimische Gelehrte sich zum einen von islamischen Splittergruppen sowie von christlichen und jüdischen Gruppen absetzten, zum anderen aber christliches und hellenistisches Gedankengut aufnahmen. Jens Scheiner, Jahrgang 1976, wurde im vergangenen Jahr an der niederländischen Universität Nijmegen promoviert. Die Universität Göttingen ernannte ihn Mitte Februar zum Juniorprofessor.

Im Rahmen des Symposiums präsentieren die Leiter der Nachwuchsgruppen ihre Forschungsvorhaben. Der Sprecher des Forschungszentrums, Prof. Dr. Sebastian Günther, Vizepräsidentin Prof. Dr. Hiltraud Casper-Hehne sowie Prof. Dr. Günter Sternberger von der Universität Wien als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von EDRIS werden die Gäste begrüßen. Das Symposium am 3. Juni 2010 in der Paulinerkirche, Papendiek 14, beginnt um 14.15 Uhr.

Ein Festvortrag mit dem Titel „The Madrasa in the Maghreb: From the Twelfth to the Fifteenth Century“ folgt um 18.15 Uhr in der Aula am Wilhelmsplatz. Referentin ist Prof. Dr. Wadad Kadi von der University of Chicago. Sie gehört zu den weltweit bedeutendsten Wissenschaftlerinnen auf den Gebieten der arabisch-islamischen Geschichte, Kultur und Literatur. Sie publizierte vor allem zur Geschichte, Gelehrtenkultur, Theologie und zum politischen Denken in der Frühzeit des Islam.

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