Zwei römische Patrouillenboote der Erlanger Universität im Test

Unter Riemen und Segel wurden die in Originalgröße rekonstruierten Boote einem Praxistest unterzogen

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Rekonstruktionen im Maßstab 1:1 ermöglichen es, Erkenntnisse zu gewinnen, die weder in bildlicher, materieller noch literarischer Form überliefert sind, gerade wenn sie im ursprünglichen Einsatzfeld Leistungstests unterzogen wurden.

Die römischen Boote der Friedrich-Alexander-Universität bei Gunzenhausen am Rätischen Limes bieten eine methodisch einzigartige Konstellation. Die Boote repräsentieren 500 Jahre Bootsbautradition im römischen Militär nördlich der Alpen: so sind Vergleiche möglich. Die Fridericiana Alexandrina Navis (F.A.N.) wurde 2016/18 nach dem Vorbild des Wracks II in Oberstimm gebaut und die Danuvina Alacris zwischen 2020 und 2022 nach dem Vorbild der Wracks V und I von Mainz. Es sind nicht die ersten Nachbauten von Binnenschiffen, die den Patrouillendienst leisten, aber - nach heutigem Stand - diejenigen, die am nächsten am historischen Vorbild sind.

Ab dem Dollbord aufwärts sind die rekonstruierten Teile an den Wracks von Mainz und Oberstimm nicht mehr erhalten. Um voll funktionsfähig zu sein, müssen die übrigen, nicht erhaltenen Teile der Boote ergänzt werden, allerdings nach zeitgenössischen Fundstellen, wenn möglich. Riemenfragmente wurden in Valkenburg in den Niederlanden für den römischen Kontext und im Nydam-Moor für die germanische Seite gefunden.

Wichtig ist, dass bei der Rekonstruktion für beide Boote die nicht überlieferten Parameter gleich sind, damit die Ergebnisse der Prüfung der beiden Boote verglichen werden können. Dies gilt auch für die Steuerruder, die sehr oft auf Reliefs oder Mosaiken belegt sind. Außerdem müssen die Takelage, die Segeltypen und die Segelstoffe nach antiken Vorgaben mit gleichen Segelflächen für beide Boote und alle Typen ergänzt werden.

Mit der F.A.N. wurden seit 2018 bereits umfangreiche Tests auf stehenden Gewässern auf der Donau bis zum Schwarzen Meer durchgeführt und veröffentlicht [1]. Mit Fertigstellung der Danuvina im Juli 2022 wurden beide Boote gegeneinander bis in den November 2023 laufend getestet.

Dies verlangt nach einer Erklärung. Wurde der Lusoriatyp bevorzugt, weil die Konstruktion der Lusoria einfacher, günstiger, das Material (Planken aus Eiche) robuster oder widerstandsfähiger war? War die Verfügbarkeit von Bootsbauern aus dem rheinischen oder gallischen Raum besser? Oder sprachen auch die Leistungen für das jeweilige Einsatzspektrum (Patrouille und Mannschaftstransport) für den spätantiken Bootstyp?

Ergebnisse

A) Rudern

1)

Das Rudern ist die primäre Antriebsart der beiden Bootstypen. Die Ruderaufhängung wurde nach historischen Bedingungen rekonstruiert.

Es stellte sich heraus, dass die Beschleunigung mit längeren Rudern (4,7 m) ist schneller war, aber auch die Ruderer schneller ermüdeten (Abb. 2: links). Die kürzeren Ruder (4,1 m) sind handlicher, vorteilhaft für längeren (z.B. Patrouillen-) Routinedienst und auch besser geeignet im historischen Umfeld von engen, kurvigen und flachen Flussläufen (in Germanien).

2)

Es hat sich gezeigt, dass die F.A.N. (ca. 3 t, 18 Ruderer) einen viel kleineren Radius fahren kann als die Lusoria Regina aus Regensburg (mit ca. 6 Tonnen, 30 Ruderern), die nach den Plänen von Höckmann rekonstruiert wurde (Abb. 2: rechts).

Es ist auch zu erkennen, dass die Lusoria Danuvina mit 4-5 Tonnen (24 Ruderer), rekonstruiert nach den Plänen von Bockius, im Vergleich zur F.A.N., gegen den Wind schwer zu fahren ist (Abb. 3 und 4).

3)

Mit der F.A.N. segelten wir 2018 über weite Strecken bis zum Schwarzen Meer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 3,5 kn, die auf einer Strecke von bis zu 45 km pro Tag in etwa 10 Stunden gehalten werden konnte - ohne größere Pausen (und mit Schichtbetrieb). Die Strömung auf der Donau im Sommer 2018 war nicht sehr stark (durchschnittlich ca. 2 m/s) und die Temperaturen betrugen bis zu ca. 36 Grad, der Wind war allgemein mäßig. Im Sommer 2022 waren (auf der gleichen Strecke) die Bedingungen allerdings noch ungünstiger. Extremes Niedrigwasser und abgerissene Strömung, teilweise Gegenwind, erschwerten die Bedingungen, so dass nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 2 kn möglich war. Selbst das günstigste Hilfssegel, das Lateinsegel, konnte nicht eingesetzt werden, mit einer Ausnahme an der oberen Donau (s. Abb. 5a und b).

4)

Der Geschwindigkeitsvergleich ist auch wichtig für die Entscheidung zwischen den Bootstypen im Hinblick auf die Einsatzspektren (Patrouille oder Truppentransport). Dies wurde bei den Sprints und Regattawettbewerben getestet. Unter der Voraussetzung, dass der schmale Abstand zwischen den Ruderreihen (ca. 90 cm) optimal ausgenutzt wird und die Ruderer in der Lage sind, sich untereinander zu synchronisieren und die Kraft aus dem Oberkörper mit Unterstützung der Beine auf die Ruderblätter und damit auf das Wasser zu bringen und damit der modernen Skullbewegung möglichst nahe zu kommen, ist die F.A.N. (16 m) mit ihren 2,2 t (leer und trocken) im Sprint mit 18 Ruderern überlegen (siehe Abb. 2 oben).

Die Lusoria aus Regensburg (Regina), mit ca. 5-6 t (leer) deutlich schwerer, aber mit 30 Ruderern, hat demgegenüber Startschwierigkeiten und kann die F.A.N. in einem kurzen Sprint nicht überholen. Die Lusoria Danuvina ist kürzer (18 m) und mit 24 Ruderern und 4-5 t (leer) deutlich schneller beim Start als die Regina, aber langsamer als die F.A.N. Sie ist aber in der Lage, auf einer Sprintstrecke von 600 m aufzuholen. Auf längeren Strecken die Donau stromabwärts waren die Regina und die Danuvina immer überlegen (Abb. 6a und b).

5)

Die historische Verbindung der Riemen mit den Zapfen an den Dollborden (kardanisch mit Stropp) hat praktische Vorteile gegenüber allen anderen - modernes Skullen imitierenden - Rekonstruktionen. Der Grund ist, dass die historische Verbindung eine flexible Ausrichtung nach der Größe der Ruderer und nach den Platzverhältnissen an der jeweiligen Stelle erlaubt. Schäden beim Gebrauch können mit dieser Aufhängung konkurrenzlos schnell und während der Fahrt auf dem Wasser repariert werden.

Den Messungen zufolge hat die historische Verbindung mit dem Ruder nach der Dolle (kardanisch: siehe Abb. 7 des Wracks I in Mainz) keinen entscheidenden Nachteil gegenüber der Anordnung vor der Dolle. Im Gegenteil, empirische Untersuchungen zeigen, dass die Montierung vor der Dolle signifikant größeren Abrieb an der Dolle zur Folge hat als die historische Anbindung nach der Dolle.

6)

Die tiefer ins Wasser reichenden Steuerruder (120 cm) geben dem Kurs mehr Stabilität, insbesondere bei Verwendung von Segeln (s. Abb. 7). Auf der Donau musste 2022 bei Niedrigwasser das kürzere (50 cm) Steuer genommen werden, das mithin nicht viel tiefer als die Boote mittig reichte. Die Steuer mussten bei Grundberührung schnell gelöst werden können, wodurch bei Stephansposching auf der Donau 2022 tatsächlich ein Bruch vermieden werden konnte.

7)

Für das routinemäßige Vorwärtsfahren (stromabwärts Patrouillieren) haben die Versuche in Intervallen (mit steigender Schlagfrequenz in 4-Minuten-Schritten) ebenfalls ergeben, dass 30 Schläge/min am effektivsten in Vorwärtsgeschwindigkeit umgesetzt werden. Schnellere Frequenzen machen die Bewegung unruhig. Langsamere Bewegungen führen zu einer Verlangsamung Bootes - stärker wegen des Wasserwiderstandes bei der Danuvina (s.o.). Dies entspricht auch prinzipiell den Abläufen im modernen Rudersport, obwohl andere Materialien und Blattformen eingesetzt werden und die modernen Rollsitze fehlen, weshalb im römischen Boot der Durchzug nicht so lange sein kann. Wir haben an unseren Messdollen durch vergleichende Tests verifizieren können, dass unter römischen Ruderbedingungen die modernen und römischen Riemen gleichwertig sind.

Zum Einsatz kamen moderne Riemen aus (s. Abb. 9):

a) einem 386 cm langen Leichtholz mit einem 18 cm breiten und 60 cm langen gebogenen Blatt. Der Innenhebel, gemessen vom Drehpunkt, ist 100 cm lang. Der Riemen wiegt 3,8 kg.
b) aus einem 388 cm langen Fiberglas-Riemen, mit einem 18 cm breiten und 60 cm langen gebotenen Blatt. Der innere Hebel, gemessen vom Drehpunkt, ist 95 cm lang. Der Fiberglas-Riemen wiegt 3,3 kg.

Die römischen Vollholz-Riemen haben verschiedene Größen. Wir haben aber den 410 cm Riemen mit einem 11 cm breiten und 120 cm langen, geraden Blatt zum Vergleich genommen. Der innere Hebel, vom Drehpunkt aus gesehen, ist 110 cm lang. Er wiegt abhängig von der Holzqualität etwa 6,6 kg. Die Versuche zeigten, dass mit etwa ¾ des Kraftaufwandes des Ruderers die Werte von römischem Riemen und modernen Riemen ähnlich sind (Abb. 10: Beispiel Ruderer 2).

Wie beim modernen Skullen muss die Hauptbewegung beim Rudern aus dem Oberkörper kommen, während die Beine die Bewegung unterstützen. Trittbretter unterstützen die Bewegung. Sie wurden historisch belegbar ergänzt.

8)

Stufentests mit den Sportmedizinern haben ergeben, dass auf beiden Booten bei ähnlicher Schlagzahl und ähnlicher Geschwindigkeit trotz des unterschiedlichen Gewichts der Boote kein signifikanter Unterschied in der Anstrengung des Ruderers festgestellt werden konnte.

9)

Gleichwohl ist über die neuen Messdollen zu verifizieren, dass der individuelle Druck auf die Dollen sich in beiden Booten doch erheblich unterscheidet. Wir haben für diesen Versuch beide Schiffe mit nur 6 Ruderern besetzt und die auf die Messdollen ausgeübte Kraft mit der tatsächlich erreichten Geschwindigkeit ins Verhältnis gesetzt. Die höhere erforderliche Kraft bei der Danuvina im Vergleich zur F.A.N. bei ähnlicher Geschwindigkeit ist aus den Diagrammen ersichtlich (Abb. 13).

Bei weiteren Tests Ende September wurden weitere Messdollen eingesetzt, je 4 auf der Danuvina und 4 auf der F.A.N. Es wurden sowohl Manöver als auch Stufentests mit verschiedenen Schlagfrequenzen und als auch Schnelligkeitsrennen gefahren. Hier steht die Auswertung noch aus. Wir erhoffen uns aus den Auswertungen nähere Aufschlüsse über die bei den Manövern und bei den Regatta-Rennen von den Ruderern ausgeübte Kraft und dann auch Leistung. Einzeluntersuchungen werden auch ergeben, wie groß das Leistungsspektrum der einzelnen Ruderer ist und in welchen Phasen des Riemendurchzugs die maximale Kraft ausgeübt wird. Da ja bei dem Riemendurchzug eine kreisförmige Bewegung abläuft, kann der Kraftaufwand nur optimal in der Phase sein, wenn die Krafteinwirkung des Ruderers senkrecht zum Innenhebel des Riemens verläuft.

B) Segeln

Die Segeltests wurden ebenfalls bis November 2023 durchgeführt, auf stehenden Gewässern (Altmühlsee) und auf der Donau. Zur Anwendung kamen drei aus der Antike belegten Segelvarianten.

1)

Bereits 2020 auf dem Dechsendorfer Weiher, bei der F.A.N., erwies sich das Spriet-Segel auf windnahen Kursen gegenüber dem Rahsegel überlegen. Mit dem Spriet-Segel war es auch möglich, bei einer Grundgeschwindigkeit von 3 km/h eine Wende durch den Wind zu machen. Bei Rückenwind war das Rahsegel jedoch effizienter.

Die ungünstige Lage des Mastes ist bei der F.A.N. (4,7 m von der Rammspitze) noch extremer als bei der Danuvina (6,7 m von der Rammspitze) bei einem maximalen Tiefgang von 40 cm für beide Boote (bei der Danuvina ist der Querschnitt kantiger). Dies hat Konsequenzen für die Wahl der günstigsten Segel für jedes der Boote.

Die Position des Mastes auf der F.A.N. macht verständlich, warum sich das Spriet-Segel auf der F.A.N. als vorteilhaft erweist, denn der Winddruck ist immer weit hinter dem Mast und näher an den kursstabilisierenden Steuern (mit 120 cm Tiefgang) im Heck des Bootes.

2)

Auf beiden Booten entfaltet sich die Leinenversion jedes Segeltyps (Square, Spriet, Lateiner) gefälliger als die (undurchlässigere) Duradonversion des entsprechenden Segeltyps (Abb. 18).


Abb. 20a-e: Reffkonstellationen auf den römischen Booten mit Rah-Besegelung.

3)

Mit dem Lateinersegel ließen sich auf der Danuvina am besten die Kurse nahe am Wind halten. Die - durchlässigeren! - Leinenversionen waren dem Duradon-»Stoff« überlegen: vorausgesetzt, der Wind ist derselbe. Auch bei der F.A.N., die mit der Spriet am besten navigiert werden kann, war der Leinenstoff besser als die Duradon-Alternative. Mit den Rahsegeln war es nicht immer möglich, Kurse nahe an Wind zu halten, wenn dieser stärker war. Die Abdrift war dann zu stark, vor allem bei der F.A.N. Weitere (im Juni durchgeführte) Versuche, das Rah-Segel auf den Booten entsprechend zu »justieren« (»latinisieren«, Reff-Alternativen wie das sog. BH-Reff), verbesserten das Segelverhalten auf beiden Booten nicht wesentlich (Abb. 19 und 21). Insbesondere der Kurs nahe am Wind oder hart am Wind hat sich nicht wesentlich verändert. Insbesondere die Kurse der F.A.N. blieben instabil wegen der historisch belegten Position des Mastes im ersten Drittel des Bootes.

4)

Beide Boote konnten nur mit Unterstützung der Ruder nach Lee (windabgewandte Seite) mit allen Segeln zuverlässig durch den Wind gedreht werden, wie im Falle des starken Windes im Mai und bei schwächerem Wind Ende September systematisch getestet wurde. Die Abdrift auf windnahen Kursen (mit allen Segeln, aber besonders mit dem Rahsegel) konnte durch die Riemenunterstützung in Lee reduziert werden. Damit wurde eine selten und auch ungenau überlieferte Praxis bei Pilgerfahrten auf dem Mittelmeer bestätigt (Wiegandt - Krauss 1998, 874). Aber auch bei schwachem Wind scheint das Leerudern von Vorteil zu sein.

5)

Das Schiften des Lateiner-Segels ist bei der Danuvina problemlos möglich. Das macht es einfacher, die Winde in eine Vorwärtsfahrtrichtung umzusetzen. Hier hindern nur die Wanten an einer optimalen Entfaltung. In Zukunft werden alternative oder kürzere Masten (wie beim Lateinersegel üblich) auch dieses Problem lösen, da dann keine Wanten mehr nötig sind. Ein Mast von 9,6 m (wie im vorliegenden Fall) muss jedoch durch Wanten an der Seite gesichert werden. Bei der F.A.N. kann das Schiften nur über ein Höherziehen der Rute erfolgen (Abb. 18c vorderes Boot).

6)

Der relativ hohe Mast aber auch von Vorteil, da er über die sogenannte Waage an der Spitze die Position des Rahsegels mitbestimmen kann. So wird eine flexible Ausrichtung des Rah-Segels, aber auch des Latiner-Segels ermöglicht. Allerdings kann seine Höhe auch einen negativen Einfluss auf das Segelverhalten haben, da der Winddruck höher über der Wasseroberfläche liegt. Bei dem Spriet-Segel ist zwar auch ein hoher Fußpunkt am Mast in der Antike nachgewiesen - wie er bei beiden Booten bis zum Sommer 2023 ausschließlich realisiert worden war. Häufiger ist jedoch ein decknaher Fußpunkt der Spriet-Segel am Mast oder sogar auf dem Deck belegt. Aus diesem Grund widmete sich eine Versuchsreihe dem Vergleich von hoch- und tiefgelegten Spriet-Segeln (Abb. 22). Bisher ergeben die Auswertungen, dass der höhere Fußpunkt, der auch die Ruderer weniger belästigt, besser für den Vortrieb ist.

Zusammenfassung

Wir erhalten ein komplexes, differenziertes Bild der Leistungsfähigkeit der Boote vom Typ Oberstimm und vom Typ Lusoria. Der Oberstimmer Typ, nachgebaut in der F.A.N., ist wesentlich wendiger, schneller im Sprint. Beim Segeln hat der Typ Oberstimm - bedingt durch die Maststellung - mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen, auch weil die F.A.N. leichter ist und daher nur geringe Reibung auf dem Wasser hat. Die längeren Steuer sorgen bei beiden Booten für mehr Kursstabilität, wirken sich aber beim Typ Oberstimm aufgrund seines Gewichts stärker aus. Im Hinblick auf das Einsatzgebiet beider Boote (in kleinen und flachen Flüssen nördlich der Alpen, langsame, mäandrierende Strömungen) sind jedoch sowohl kurze Riemen (3,6-4,1 m) und Steuer, die nicht so tief reichen, zu empfehlen. Im Falle des Wracks II von Oberstimm (F.A.N.) hätte das Problem des nahe am Bug attestierten Mastes leicht durch eine Verlegung nach Achtern gelöst werden können (wie beim baugleichen Pisa nave C Schiff). Die Segelalternativen, insbesondere aber das Spriet-Segel (der hohe Fuß scheint von Vorteil), haben sich bei der F.A.N. gegenüber dem Rahsegel, für das die meisten antiken Belege vorliegen, als überlegen erwiesen. Bei beiden Booten stabilisiert Riemeneinsatz auf der Leeseite den Kurs.

Es gibt keinen entscheidenden Vorteil, wenn man die Riemen vor den Dollen platziert, verglichen mit der historisch belegten kardanischen Anbringung. Die Kraftübertragung ist - den Angaben der Messdollen zufolge - auch bei den schmaleren Ruderblättern mit denen moderner Ruderboote (Skullboote) vergleichbar. Allerdings ist der Betrieb aufgrund der geringeren Reibungskräfte der F.A.N. wesentlich angenehmer, im Vergleich zur Danuvina. Beim Rudern hat die Danuvina Vorteile, sobald sie läuft und eine gewisse Geschwindigkeit hat. Beim Segeln hat sie Vorteile, da der Mast weiter hinten liegt. Das Lateiner-Segel bietet hier die beste Konfiguration. Die Durchlässigkeit des Stoffes erklärt auch die Vorteile der Leinenvariante gegenüber der Duradon-Variante bei allen Typen.

Insgesamt hat die Lusoria, deren Replik als Danuvina (von der FAU hergestellt) den Originalen bislang am nächsten kommt, die größeren Vorteile für das Einsatzspektrum: Das gänzlich aus Eiche gezimmerte und mit 4000 Eisennägeln zusammengehaltene Boot ist günstiger und einfacher herzustellen, die Bootsbautradition liegt örtlich näher und sie ist im Einsatzgebiet im Vergleich zum Oberstimmer Typ (F.A.N.) im Segelverhalten, in der Haltbarkeit (dessen Planken aus Kiefer) und für den routinemäßigen Einsatz der Bewachung flussabwärts überlegen. Dies dürften die entscheidenden Gründe, die wir durch die Tests nachweisen können, gewesen sein, die zum bevorzugten Einsatz des Lusoria-Typs in der Spätantike führten.

Literatur

Bockius 2012
R. Bockius, Uniformity or Multiplicity? On Vitruvius' interscalmium, in: B. Rankov (Hrsg.), Trireme Olympias. Final Report (Oxford 2012), 170-181.

Bockius 2013
R. Bockius, Ruder-»Sport« im Altertum - Facetten von Wettkampf, Spiel und Spektakel (Mainz 2013)

Thünnesen - Gatternig - Günther - Wawrzyn -Dreyer 2022
J. Thünnesen - B. Gatternig - H.M. Günther - A.C. Wawrzyn - B. Dreyer, Strömungsmechanische Tauglichkeitsanalyse der Fridericiana Alexandrina Navis (F.A.N.), in: B. Dreyer (Hrsg.), Die Fridericiana Alexandrina Navis (F.A.N.). Ein Römerboot auf dem Prüfstand - Bau und Test für Wissenschaft und Öffentlichkeit (Darmstadt 2022), 431-481.

Whitewright 2018
J. Whitewright, Sailing and Sailing Rigs in the Ancient Mediterranean: implications of continuity, variation and change in Propulsion technology, International Journal of Nautical Archaeology 47, 2018, 28-44.

Wiegandt - Krauß 1998
H. Wiegandt - H. Krauß (Hrsg. u. Übers.): Felix Fabri, Evagatorium über die Pilgerreise ins Heilige Land, nach Arabien und Ägypten. (Ulm 1998)

Fussnoten
  1. Thünnesen - Gatternig - Günther - Wawrzyn -Dreyer 2022

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