Archäologie in Zeiten von Corona

Museen und Universitäten haben geschlossen, selbst in den Denkmalämtern ist plötzlich der Begriff »Home-Office« kein Fremdwort mehr - das Virus SARS-CoV-2 lässt auch die Archäologie nicht unberührt. Auf dieser Seite beleuchten wir schlaglichtartig, wie Archäologinnen und Archäologen mit der ungewohnten Situation umgehen und stellen einige daraus hervorgegangenen Angebote vor. Diese Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll vor allem als Einstiegspunkt dienen.

Landesarchäologie

Der Lockdown hat in vielen Berufszweigen teils deutliche Veränderungen in den Arbeitsbedingungen gebracht, so auch in den archäologischen Landesbehörden. In allen Bundesländern wurden die Ämter für den Besucherverkehr geschlossen bzw. dieser wurde weitgehend eingeschränkt. Um den gebotenen Sicherheitsabstand einhalten zu können, wurden Mitarbeiter angehalten, Urlaub zu nehmen, für die Kinderbetreuung freigestellt oder ins Home-Office geschickt. Letzteres ist ein Modell, das bisher weitgehend unbekannt war bzw. möglichst vermieden wurde. Nun mühen sich auch hier die IT-Verantwortlichen, die nötigen Zugänge zu schaffen und Mitarbeiter kämpfen mit ungewohnter Technik und schwachen Internetleitungen.

Nach außen wird meist nur die Schließung für den Besucherverkehr aktiv kommuniziert. Eine Ausnahme ist das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, das Impressionen der coronabedingten Veränderungen in einer Bildstrecke dokumentiert hat.

Manche Ämter schauen auch über den eigenen Tellerrand hinaus und versuchen, einen Teil zur Entschärfung der Situation beizutragen. So hat etwa das Brandenburgische Landesamt für Denkmalschutz und archäologisches Landesmuseum seinen Bestand an FFP2-Schutzmasken, die sonst in Laboren und Werkstätten genutzt werden, dem Evangelischen Krankenhaus in Ludwigsfelde übergeben.

Studium

Unter der Schließung der Universitäten leiden natürlich auch die Studierenden archäologischer Fächer. Nicht nur wird es eine ganze Weile dauern, bis die Lehrveranstaltungen auf Telepräsenz umgestellt sind. Auch der Zugang zu Bibliotheken und Sammlungen ist - wenn überhaupt - nur sehr eingeschränkt möglich. Für Studierende, die ihr Studium durch einen Nebenjob zumindest teilfinanzieren müssen, kommt oft erschwerend der Wegfall der üblichen Möglichkeiten für eine Nebentätigkeit hinzu. Um in solchen Fällen zumindest eine kleine Unterstützung zu leisten, hat die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. den Spendenfonds »#DGUFNothilfe« gegründet, um Masterstudent*innen rasch und unbürokratisch Hilfe leisten zu können: https://www.dguf.de/dgufnothilfe.html.

Neu: Fernpraktika

Ganz neu ist die Möglichkeit, ein Fernpraktikum beim Deutschen Archäologischen Institut zu absolvieren. Die angebotenen Praktika sind vergütet und können als Pflichtpraktikum fürs Studium angerechnet werden. Die ersten Praktika beginnen im Mai, entsprechend kurzfristig sind die Bewerbungsfristen. Informationen zu den Angeboten und den Bewerbungsmöglichkeiten gibt's hier: https://www.dainst.blog/DAI4all/category/fernpraktikum/

Vorlesungen

An der Universität zu Köln findet derzeit die Ringvorlesung Sozialität – Materialität – Praxis (Mittwoch bzw. Donnerstag 18:00 bis 19:30 statt) über die Videokonferenzsoftware Zoom statt.

Bibliothek digital

Wenn Bibliotheken geschlossen sind, fehlt eine wichtige Komponente des Studiums. Glücklicherweise wurden in den letzten Jahren wissenschaftliche Publikationen auch im Online-Access veröffentlicht und auch ältere Fachzeitschriften werden zunehmend retrodigitalisiert und stehen so zumindest teilweise auch online zur Verfügung. Das Deutsche Archäologische Institut hat eine Übersicht der frei zugänglichen Onlineressourcen im Bereich der Archäologie und Altertumswissenschaften zusammengestellt. Diese Linkliste umfasst eine Vielzahl an Open Access Quellen und temporär freigeschaltete Ressourcen aus dem Bereich der Archäologie und Altertumswissenschaften, die ohne finanziellen oder lizenzrechtlichen Hürden abrufbar sind. Sie wird ständig erweitert und steht auch als PDF-Download in mehreren Sprachen zur Verfügung.

Online Lernen

Nicht nur für Studenten

Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) bietet seit neuestem auch eine E-Learning-Plattform an. Hier können sich Interessierte in verschiedenen Tutorials Wissen über archäologische Dokumentation, Datenmanagement, Datenmodellierung und GIS in der Archäologie aneignen. Voraussetzung ist lediglich das Anlegen eines Nutzerkontos. Das Angebot soll stetig ausgebaut werden, Vorschläge für neue Tutorials sind daher willkommen. Wer selber ein Tutorial anbieten möchte, ist kann sich als Instruktor melden. https://tutorials.idai.world

Seit dem 2. April und noch bis zum 19. Juni läuft bereits in der zweiten Auflage der MOOC (Massive Open Online Course) »Discovering Greek & Roman Cities« auf deutsch, englisch und französisch. Interessierte können sich weiterhin anmelden und teilnehmen.

FutureLearn ist an Angebot verschiedener britischer Universitäten, in dem auch Kurse zur Archäologie belegt werden können. Zudem gibt es in der übergeordneten Rubrik Geschichte weitere Kurse aus diesem Bereich. Die Kurse sind in englischer Sprache und grundsätzlich kostenlos. Wer ein Zertifikat oder mehr Zeit zum Lernen haben möchte, kann dies über die Zahlung einer einmaligen oder jährlichen Gebühr erreichen.

Museen und Ausstellungen

Ausstellungen geschlossen? Dann eben virtuell besuchen!

Um die Zeit bis zum Ende des ShutDown zu überbrücken bietet das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen auf seinem Youtube-Kanal u.a. die mehrteilige Filmreihe »Abenteuer Steinzeit« an.

Auch das LVR-RömerMuseum - Archäologischer Park Xanten hat eine kleine Flimreihe mit dem Titel »APX fürs Sofa« gestartet, die das Museum auf seinem Youtube-Kanal präsentiert.

Das LWL-Museum für Archäologie bietet eine ausführliche, aus mehreren Videos bestehende virtuelle Führung durch die Sonderausstellung »Pest!«, in der natürlich auch ein Vergleich der Pest mit Corona nicht fehlt. Zudem bieten viele LWL-Museen weitere digitale Angebote an, wie wir bereits berichteten.

Wer die Azteken-Ausstellung im Linden-Museum in Stuttgart nicht live sehen konnte, der hat jetzt noch virtuell die Chance an einer Führung teilzunehmen.

Neben diesen Angeboten, die relativ neu als Reaktion auf die Corona-Pandemie enstanden, gibt es auch weiterhin die Webseiten zu verschiedenen Sonderausstellungen archäologischer Museen, die zum Teil einen ebenfalls recht ausführlichen Eindruck der jeweiligen Ausstellung vermitteln. Als Beispiel sei die Homepage zur Ausstellung »Leben am Toten Meer« des Sächsischen Museums für Archäologie in Chemnitz (smac) genannt. Viele weitere Seiten zu archäologischen Museen und Ausstellungen finden Sie auch bei uns im Guide.

Twitter & co

Unter dem Hashtag #MuseumFromHome oder #closedbutopen posten Museen weltweit ihre Onlineaktivitäten und bringen so auf vielfältige Art und Weise »Kunst & Kultur« direkt nach Hause auf den Bildschirm. Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle postet die Meldungen, die besonders gut zum Couchsurfen geeignet sind unter dem Hashtag  #archäologievomkanapee.

Kulturerbe virtuell

Auch vor COVID-19 war es nicht jedem möglich, zu Welterbestätten oder interessanten Fundplätzen zu reisen. Auch die Betrachtung hochrangiger kulturhistorisch bedeutender Objekte war bisher schon mit Schwierigkeiten verbunden, sofern sie überhaupt öffentlich zugänglich sind. In diesem Jahr, in dem Urlaubsreisen in andere Länder voraussichtlich weitgehend ausfallen und solche Ziele noch weniger erreichbar sind, gewinnen virtuelle Besichtigungsmöglichkeiten an Bedeutung. Hier haben wir für Sie einige davon zusammengestellt:

Die Generaldirektion Kulturelles Erbe in Rheinland-Pfalz hat ebenfalls eine Seite zusammengestellt, auf der sie ihre digitalen Angebote bündelt: #KulturErbeOnline. Auf der Seite findet man u.a. ein Exponat der Woche sowie die Möglichkeit, Museen und Schlösser des Landes digital zu besuchen.

Weitere Angebote

Gibt es noch mehr?

Wir haben hier mit Sicherheit nicht alle Angebote aufgeführt. Falls Sie noch weitere kennen, teilen Sie uns diese doch bitte mit! Wir nehmen gerne weitere Beispiele hier auf.

Viele weitere interessante Online-Ressourcen finden Sie übrigens auch in unserem Guide. Die haben zwar nicht unbedingt etwas mit der aktuellen Coronakrise zu tun, ermöglichen aber Entdeckungstouren, ohne dafür vor die Haustüre gehen zu müssen.