Emil Hoffmann: Lexikon der Steinzeit

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Zusammenfassung

Das Lexikon der Steinzeit bietet sowohl interessierten Laien als auch Fachleuten erste Antworten auf Fragen zur Steinzeit. Besonders hervorzuheben sind die ausführlich behandelten Bereiche Evolution des Menschen, Altsteinzeit und die technischen Erläuterungen zu Artefakten.

Vom Aalstecher bis zum Zwischenstück - Emil Hoffmann erklärt´s

Schon der leuchtend orange Einband der Publikation von Emil Hoffmann erweckt Aufmerksamkeit, die durch den Titel „Lexikon der Steinzeit“ in Erstaunen und neugierige Erwartung übergeht: Ein Taschenbuch in handlichem Format als Nachschlagewerk, das ganz mutig zum Begriff „Steinzeit“ Auskunft geben will?

Gelingt dieses Vorhaben, so wird im Bereich der Publikationen zur Archäologie zumindest eine Lücke gefüllt: Es mangelt unter anderem an einem handlichen Nachschlagewerk, das prägnant und kompetent erste Fragen den Themenbereichen der Urgeschichte beantwortet und somit eine weitere Recherche erleichtert und grundsätzliche Eindrücke vermitteln kann.

Das nun vorliegende „Lexikon der Steinzeit“ von Emil Hoffmann will, nach Aussage des Autors, „wissenschaftliche Inhalte übersichtlich und verständlich“ darstellen.

Emil Hoffmann war als Studiendirektor in Mannheim tätig und ist heute im Ruhestand. Basis für seine Publikation war eine Stichwortsammlung, die er während seiner Beschäftigung mit der Frühzeit und der Entwicklung des Menschen anlegte. Im Vorwort zu dem daraus entstandenen „Lexikon der Steinzeit“ weist Hoffmann darauf hin, daß sicher nicht alle Begriffe erfaßt wurden oder aufgrund der Forschungssituation durchaus mehrere Interpretationen zu einen Begriff möglich seien.

Eine gewisse Subjektivität, geprägt durch die vornehmlichen Arbeitsgebiete des Autors, ist in der Auswahl der zu erläuternden Begriffe erkennbar. Der thematische und chronologische Schwerpunkt des Lexikons liegt eindeutig auf dem Paläolithikum, das besonders in den Bereichen Evolution des Menschen und Technologie / Ergologie ausführlich behandelt wird. Es finden sich jedoch auch zahlreiche und repräsentativ ausgewählte Stichworte zum Mesolithikum und Neolithikum; einige Begriffe des Chalkolithikums und der frühen Bronzezeit werden ebenfalls behandelt.

Die Auswahl der Fundorte und der vorgestellten archäologischen Kulturen ist geographisch nicht begrenzt, sondern richtet sich nach den einzelnen Themen: Von Olduvai Gorge und Bilzingsleben über Abu Hureyra und Çatal Hüyük bis hin zum Val Camonica, das Spektrum ist, trotz der deutlichen Konzentration auf die Altsteinzeit, weit gefasst.

Die erläuterten Begriffe können verschiedenen Sparten zugewiesen werden. Ausführlich vertreten sind Termini der Bereiche Technologie und Ergologie, die Erläuterungen zu den technischen Seiten von Artefakten sowie zum Umgang mit denselben sind anschaulich und präzise beschrieben. In gleicher Weise als gelungen können die Erklärungen der Begriffe zur Geologie, Klimatologie und Anthropologie betrachtet werden.

Als eindeutige „highlights“ des Lexikons sind die kleinen, inhaltlich gegliederten Artikel zu ausgewählten Begriffen anzusehen. Ob es sich hierbei um das Thema „Abschläge“, Bestattungen oder „Perlen“ handelt - das Lesen macht Spaß und es wird mehr geboten als eine kurze lexikale Erläuterung. Hervorzuheben sind die Ausführungen zu „Evolution“ und „Evolution des Menschen“, die auf insgesamt 21 Seiten das Basiswissen zu diesen beiden Themen anschaulich und spannend vermitteln.

Begrüßenswert sind die genauen terminologischen Hinweise oder „Übersetzungen“ direkt unter den einzelnen Schlagwörtern, die dem Leser die sprachwissenschaftliche Herkunft näherbringen und oft somit ein „Verstehen“ erleichtern.

Irritierend wirken einige der eingefügten Zitate, die wohl zur besseren Veranschaulichung der Begriffsinhalte dienen sollten. Etwas pauschal plaziert (unter „Hügelgräber“) und aus dem ursprünglichen Zusammenhang gelöst, findet sich folgendes Zitat von Rolf Feustel:

„In der Gesellschaft hatten anscheinend die Männer das Sagen ... Denn anders ließe sich kaum erklären, warum unter hohem Arbeitsaufwand und sicherlich als Gemeinschaftsunternehmen fast alle Grabhügel für jeweils einen Mann errichtet worden seien. Zudem lagen fast sämtliche Männer im Zentrum und auf dem Grund des Grabhügels, während die Frauen und Kinder meist am Rande bestattet wurden.

Hoffmann bezieht sich hier auf ein angebliches Zitat von Feustel (Probst 1996), jedoch handelt es sich bei der zitierten Textpassage um eine indirekte Wiedergabe der Meinung Feustels durch Ernst Probst (Probst 1996:168). Und dieser Bezug auf Feustel fand im Rahmen eines Beitrages über die mittelbronzezeitliche Hügelgräber - Kultur statt. Unter dem Stichwort „Hügelgräber“ im „Lexikon der Steinzeit“ erhält das Zitat eine allgemeingültige Aussagekraft für alle Hügelgräber.

Ebenso problematisch scheint die Auswahl des folgenden Zitates von Andrew Sherratt in Rahmen der Erläuterungen zu den „Schnurkeramischen Kulturen“ (Hoffmann 1999:335):

„Die Schnurkeramiker überrollten die dort vorherrschenden Kulturen und prägten riesige Gebiete neu, die so zu einer großen Kultureinheit zusammenwuchsen, die mit den Hirten und Viehzüchtern der Steppen und mit [...] den seßhaften Bauern Südosteuropas rivalisierte [...]“.

In eine ähnliche Richtung geht folgende Aussage von Hoffmann zu dem Begriff „Keramik“ (Ders. : 201):

„Am Ende des Neolithikums haben die verschiedenen Völkerstämme Formen und Dekore mit typischer Eigenart entwickelt. In Europa lassen sich nach den vorhandenen Erzeugnissen sogar Völkerbewegungen nachweisen [...]“.

Diese Sichtweise, die durch die Auswahl des obigen Zitates verdeutlicht wird, findet ihre Erklärung in dem traditionellen Kulturbegriff von Emil Hoffmann (siehe auch Hoffmann 1999:220 „Kultur“), der archäologische Kulturen teilweise als Völkerstämme interpretiert, und aus dem Verbreitungsbild von Keramik auf Wanderungen schließt.

Die Verwandlung einer Ösenkopfnadel in eine „Ochsenkopfnadel“ (Hoffmann 1999:287) ist sicherlich ein redaktionstechnisches Versehen und sei hier nur am Rande erwähnt.

In einer Beurteilung des Lexikons der Steinzeit stehen obige Kritikpunkte jedoch eher im Hintergrund, da es eindeutig festzustellen gilt: Dieses Werk ist gelungen. Der Autor hat schon im Vorwort zu verstehen gegeben, daß er keinen Anspruch erhebt, ein allumfassendes Nachschlagewerk zur Steinzeit geschrieben zu haben. Seine Auswahl der Begriffe ist jedoch in sich grundsätzlich geschlossen und sinnvoll. Das Taschenbuchformat ermöglicht einen Preis von 34,- DM, die Vorteile im Preis-Leistungsverhältnis liegen eindeutig auf der Seite des Käufers. Weitere Lexika in ähnlichem Format wären wünschenswert und würden den Einstieg in die Urgeschichtsforschung erleichtern.

Das Lexikon der Steinzeit“ von Emil Hoffmann dürfte nach der Veröffentlichung von Friedemann Schrenk „Die Frühzeit des Menschen“ (1998) ein weiterer Erfolg für die Beck´sche Reihe werden und wird sich sowohl in den Fachbibliotheken als auch in den Regalen interessierter Laien finden.

Weitere Literatur:

  • Probst, Ernst (1996): Deutschland in der Bronzezeit. Bauern, Bronzegiesser und Burgherren zwischen Nordsee und Alpen (München 1996).
  • Schrenk, Friedemann (1998): Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. Beck´sche Reihe 2059 (München 1998).

Rezension zu

Hoffmann, Emil
Lexikon der Steinzeit

München: Beck, 1999
Beck'sche Reihe; 1325
ISBN 3 406 42125 3
Taschenbuch, 419 Seiten
Preis: 34,00 DM; 248 ÖS; 17,38 EUR