Wie Katzen die Welt eroberten

Die Domestikation der Falbkatze zur Hauskatze fand sowohl in Ägypten als auch im Nahen Osten statt – und beide Linien haben ihre Spuren im Erbgut der europäischen Hauskatzen hinterlassen, wie eine neue Studie zeigt.

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Die europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris)
Die europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris)

Katzen gehören zu den beliebtesten Haustieren und sind heute weltweit bis in die entlegensten Gebiete verbreitet. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass sich Katzen schon vor fast 10.000 Jahren dem Menschen angeschlossen haben. Trotzdem ist ihre Domestikationsgeschichte noch weitgehend ungeklärt. Ein internationales Forscherteam konnte nun mithilfe genetischer Analysen nachweisen, dass sowohl Katzen aus dem Nahen Ostern als auch aus Ägypten zu den Vorfahren der heutigen Hauskatzen gehören. An der Studie maßgeblich beteiligt war Professor Joris Peters, Inhaber des Lehrstuhls für Paläoanatomie, Domestikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin der Ludwig Maximilians Universität München (LMU) sowie Leiter der Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie, die einen wichtigen Teil des Probenmaterials zur Verfügung stellte.

Aus genetischen Untersuchungen an heutigen Katzen ist bekannt, dass alle Hauskatzen auf die Falbkatze (Felis silvestris lybica) zurückgehen, eine Unterart der Wildkatzen, die in Nordafrika und Südwestasien vorkommt. "Um die Domestikationsgeschichte der Hauskatze aufzuklären, haben wir nun zum ersten Mal das Erbmaterial von Katzenfunden aus archäologischen Fundplätzen und historischen Sammlungen analysiert und verglichen", sagt Peters. "Diese Funde aus Europa, Afrika und Südwestasien, zu denen auch ägyptische Katzenmumien gehören, erlauben quasi eine Zeitreise zum Beginn der engeren Beziehung zwischen Mensch und Katze als Folge seiner sesshaften Lebensweise mit Getreideanbau." Die ältesten untersuchten Proben sind etwa 9000 Jahre alt, die jüngsten stammen aus dem 19. Jahrhundert.

Aus ihren Untersuchungen schließen die Wissenschaftler, dass das Verbreitungsgebiet der Falbkatze vor dem Beginn des Ackerbaus in der Jungsteinzeit viel größer war als bisher bekannt und bis Südosteuropa reichte, wo es mit dem der europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) überlappte. Die Umwandlung der Falbkatze zur Hauskatze hatte zwei geografische Schwerpunkte: den Nahen Osten und Ägypten.

Die im Nahen Osten entstandene Hauskatzen-Linie breitete sich bereits etwa 4400 Jahre vor Christus bis nach Europa aus. Später waren es vor allem die ägyptischen Katzen, die zur Zeit der Griechen und Römer entlang der Handelsrouten im Mittelmeergebiet bis nach Europa kamen. "Vermutlich sind viele Katzen an Bord von Handelsschiffen mitgenommen worden, um Ratten und Mäuse in Schach zu halten", sagt Peters. "Wie weit die Handelsrouten reichten, zeigt eine Katzenlinie, die zur Wikingerzeit nach Norddeutschland gekommen sein muss."

Vor Ort mischten sich die zugereisten Katzen mit einheimischen Wildkatzen, sodass es zu zahlreichen Hybridisierungen kam. Beispiele zeigen dabei eine zeitliche Streuung derartiger Vermischungen. Eine Genmutation etwa, die für ein typisches gestromtes Fellmuster verantwortlich ist und das bei europäischen Hauskatzen heute sehr häufig vorkommt, entstand erst im Mittelalter, also lange nach der Ankunft der ersten Hauskatzen in Europa. Die Forscher vermuten daher, dass die Domestikation der Hauskatze zunächst ihr Verhalten beeinflusste, und weniger ihre äußeren Merkmale.

Publikation

The palaeogenetics of cat dispersal in the ancient world
Claudio Ottoni, Wim Van Neer, Bea De Cupere, Julien Daligault, Silvia Guimaraes, Joris Peters, Nikolai Spassov, Mary E. Prendergast, Nicole Boivin, Adrian Bălăşescu, Adina Boronenant, Cornelia Becker, Norbert Benecke, Alison Crowther, Hijlke Buitenhuis, Jwana Chahoud, Nina Manaseryan, Hervé Monchot, Laura Llorente, Arturo Morales, Vedat Onar, Marta Osypińska, Olivier Putelat, Jacqueline Studer, Ursula Wierera, Ronny Decorte, Thierry Grange, Eva-Maria Geigl. Nature Ecology & Evolution 1, Article number: 0139 (2017)
DOI: 10.1038/s41559-017-0139