Von Krebs-Genen bis Mammut-DNA: Neues Verfahren macht geringste Mengen genetischen Materials lesbar

Heidelberger Wissenschaftler haben eine hochempfindliche und schnelle Methode entwickelt, um Bruchstücke von Erbinformation z.B. aus Blutplasma zu filtern und auszuwerten. Das innovative Verfahren kann in Zukunft die Krebsdiagnostik verfeinern, aber auch bei der Verbrechensaufklärung oder in der archäologischen Forschung helfen.

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Prof. Barabara Burwinkel, Dr. Harald Surowy und Dr. Andrey Turchinovich
Die Heidelberger Krebsforscher Prof. Barabara Burwinkel, Dr. Harald Surowy und Dr. Andrey Turchinovich werten DNA-Sequenzen am Rechner aus. (Universitätsklinikum Heidelberg)

Wächst im Körper ein Tumor, gelangen kontinuierlich in geringen Mengen Bruchstücke seines Erbguts (DNA) sowie weitere Moleküle mit genetischer Information (RNA) ins Blut. Wissenschaftler der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben nun ein hochsensibles Verfahren entwickelt, mit dem erstmals diese minimalen Mengen genetischen Materials aus dem Blutplasma gefiltert und für eine umfassende weitere Analyse zugänglich gemacht werden können. Die DNA- oder RNA-Spuren könnten damit in Zukunft zur Verlaufskontrolle einer Krebstherapie oder zur Früherkennung genutzt werden. Ältere Methoden benötigen größere Mengen an möglichst intakter DNA oder RNA und sind sehr arbeitsaufwendig. "Das neue Verfahren benötigt nur wenig Zeit, kann größtenteils automatisiert werden und ist daher kostengünstig. Es eignet sich für den routinemäßigen Einsatz in der Patientenversorgung", erklärt Professor Dr. Barbara Burwinkel, Leiterin der Arbeitsgruppen "Molekularbiologie des Mammakarzinoms" an der Universitäts-Frauenklinik in Heidelberg und "Molekulare Epidemiologie" am DKFZ.

Mit der Heidelberger Methode "Capture and Amplification by Tailing and Switching (CATS)" können nun selbst kleinste Schnipsel aus dem Flüssigkeitsanteil (Plasma) einer Blutprobe abgefangen und so aufbereitet werden, dass sie ohne weitere Zwischenschritte vervielfältigt und analysiert werden können. Anwendungsmöglichkeiten außerhalb der Medizin ergeben sich überall dort, wo Mediziner und Wissenschaftler es mit sehr geringen Mengen schlecht erhaltener Erbinformation zu tun bekommen, so z. B. in der Archäologie. Je älter eine Mumie oder Knochen in einer altertümlichen Grabstätte, desto geringer die Chance, z.B. in Haarwurzeln oder Knochenmarkhöhle brauchbare Mengen an genetischem Material zu gewinnen. Gleiches gilt für deutlich ältere, tierische Überreste wie die im russischen Permafrostboden konservierten Mammut-Kadaver. Die neue Heidelberger Methode kann in Zukunft eventuell dazu beitragen, diese Funde genauer zu untersuchen und Abstammungen, Herkunft sowie genetische Besonderheiten zu klären. Für die Forensik könnte sich CATS ebenfalls als nützlich erweisen. Denn auch auf diesem Gebiet müssen oft geringste Mengen an bruchstückhaften DNA-Spuren untersucht werden.

Publikation

Capture and Amplification by Tailing and Switching (CATS): An ultrasensitive ligation-independent method for generation of DNA libraries for deep sequencing from picogram amounts of DNA and RNA: Andrey Turchinovich, Harald Surowy, Andrius Serva, Marc Zapatka, Peter Lichter and Barbara Burwinkel. RNA Biology: Volume 11, Issue 7. http://dx.doi.org/10.4161/rna.29304