Tödliche Holzfallen des römischen Militärs erstmals im Originalzustand zu sehen
»Im inneren Spitzgraben des Kleinkastells haben wir die angespitzten Holzpfähle in einem Verteidigungssystem gefunden. Bemerkenswert ist, dass die Funde in ihrem ursprünglichen funktionalen Konstruktionskontext erhalten geblieben sind. Die außergewöhnlich gute Erhaltung der Holzobjekte und die sehr gut erhaltenen und geborgenen Stoffreste aus dieser Zeit sind vor allem der dauerhaften Staunässe zu verdanken. Solche Annäherungshindernisse wurden bereits von antiken Autoren wie Caesar beschrieben, aber erstmals gelang hier im gesamten Römischen Reich der archäologische Nachweis solcher pila fossata«, so beschreibt der Archäologe Prof. Dr. Markus Scholz von der Goethe-Universität Frankfurt a.M. die Fundsituation.
Eine kleine Sensation für die Archäologie
Die 23 Holzfunde sind 2019 für die nächsten 2,5 Jahre den spezialisierten Laboren des LEIZA zur Konservierung und Restaurierung überlassen worden. »Diese ungewöhnlich gut erhaltenen archäologischen Funde verdanken wir vor allem dem sauerstoffarmen Feuchtboden, der von dichten Sedimentschichten bedeckt war. In meiner 35-jährigen Berufstätigkeit hatte ich es noch nie mit so festaufsitzenden Sedimentauflagen zu tun, “ beschreibt Markus Wittköpper, Experte für Nassholzkonservierung im LEIZA, seinen ersten Eindruck. Die Generaldirektorin des LEIZA Univ.-Prof. Dr. Alexandra W. Busch ergänzt: »Diese auf den ersten Blick unscheinbaren Holzpfähle aus den Militärlagern bei Bad Ems sind für die Archäologie eine kleine Sensation, über die sich die Spezialistin für das römische Militär in mir besonders freut. So bin ich auch persönlich sehr stolz darüber, dass die Labore zur Restaurierung und Konservierung am LEIZA wieder einmal ihre einzigartige Expertise einbringen konnten, um die Holzfunde dauerhaft zu erhalten.«
Mehrere Hektar große römische Militärlager mit Platz für über 3.000 Mann
Die Spuren der zwei römischer Militärlager, die für wenige Jahre um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. besetzt waren, sind im Rahmen des drei Jahre laufenden wissenschaftlichen Projekts zwischen 2017 und 2019 aufgedeckt worden. Die Auswertungen konnten 2023 abgeschlossen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stehen die Lager in Zusammenhang mit der Suche nach Silberadern unter dem römischen Statthalter Curtius Rufus, die durch den römischen Historiker Tacitus überliefert wurde. Das größere der beiden Lager, mit einer Fläche von etwa 8 Hektar, bot Platz für 3.000 Mann. Es war mit Spitzgräben, einem Erdwall und hölzernen Türmen befestigt. Diese Entdeckung wurde erst im Jahr 2016 durch den ehrenamtlichen Denkmalpfleger Jürgen Eigenbrod gemacht.
Bislang galt das Areal im Wald auf dem »Blöskopf« aufgrund seiner Lage oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke und in der Nachbarschaft historischer Abbauspuren (Pingenfelder) seit dem 19. Jahrhundert als römisches Hüttenwerk. Aufgrund seiner Nähe zum Limes wurde es in das 2. bis 3. Jahrhundert datiert. Nach den Prospektionen und Ausgrabungen zwischen 2018 bis 2019 fanden die Forschenden heraus, dass es sich um ein ca. 0,1 Hektar großes Kleinkastell handelt, welches um 50 n. Chr. offenbar der Kontrolle eines römischen Bergbaureviers diente. Im Inneren dieses Kleinkastells befindet sich einer der zweitältesten Steinbauten rechts des Rheins, der als zentraler Wehrbau in der Anlage identifiziert werden konnte.
Gebündelte Expertise verschafft fundierten Blick in die Zeit des Römischen Reichs
Dr. Heike Otto, Generaldirektorin Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz freut sich: »Es ist selten, dass ein so fundierter Blick in die Zeit des Römischen Reiches möglich wird. Ich möchte allen an diesem Projekt beteiligten Expertinnen und Experten aus zahlreichen Disziplinen herzlich danken und die Publikation zum Thema wärmstens empfehlen.« Das Buch »Die frühkaiserzeitlichen Militäranlagen bei Bad Ems im Kontext des römischen Bergbaus« präsentiert die Ergebnisse der mehrjährigen Forschungskooperation zwischen der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, der Goethe-Universität Frankfurt a. M., der Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, der HTW Berlin und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz.