Nomaden setzten Nahrungsmitteltrends entlang der Seidenstraße

Neue Forschungsergebnisse zeigen: Die geschmacklichen Trendsetter entlang der Seidenstraße waren mobile Viehhändler, die auch als "Nomaden" bezeichnet werden. Zu dieser Erkenntnis gelangte ein internationales Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Universität Washington in St. Louis, Missouri/USA, und der Akademie der Wissenschaften in Usbekistan.

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Menschliche Überreste von der Grabung in Toshbuloq, Usbekistan
Menschliche Überreste von der Grabung in Toshbuloq, Usbekistan. (Foto: Tom Malkowicz/Universität Washington)

Die Seidenstraße erstreckte sich von Asien bis Europa und basierte auf der Dynamik von sesshafter Bevölkerung und Gemeinschaften, die mehr in Bewegung waren. Vom 2. Jahrhundert vor Christus bis ins 16. Jahrhundert nach Christus tauschten Menschen auf diesem Handelsweg Waren wie Wolle, Gold, Silber und natürlich Seide – aber Nahrung wurde bisher nicht als Teil des Tauschsystems angesehen. Vor diesem Hintergrund untersuchte Taylor R. Hermes, Doktorand des Instituts für Ur- und Frühgeschichte an der Graduiertenschule "Human Development in Landscapes" der CAU, wie sich diese Gemeinschaften ernährten und wie sich ihre Ernährungsstrategien sich während des überregional wachsenden Handelsnetzwerkes gegenseitig beeinflusst haben konnten. Zu diesem Zweck analysierte das Team um Hermes Kohlenstoff- und Stickstoffisotope von 74 Menschen, von denen die meisten Proben im Sommer 2016 gesammelt wurden. Sie stammen von 14 Friedhöfen, die sich auf eine Zeitspanne vom 2. bis ins 13. Jahrhundert nach Christus datieren lassen und sich im heutigen Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan befinden.

"Mit der 'Seidenstraße' sind bisher meist wertvolle Waren in Verbindung gebracht worden, die große Entfernungen zurücklegten. Aber die Menschen selbst werden dabei oft ausgelassen. Ernährungsmuster sind eine exzellente Möglichkeit, etwas über die Zusammenhänge von Kultur und Umwelt zu erfahren. Dabei können wichtige Erfahrungen aufgedeckt werden, die die Menschen innerhalb dieser großen Vernetzung miteinander gemacht haben", sagt Hermes. Historische Texte über das mittelalterliche Zentralasien zeichnen ein Bild von reichen, multikulturellen Umgebungen mit produktiven landwirtschaftlichen Systemen und andauerndem Handel. "Die Ausgangshypothese war, dass alle Nahrungsmittel verfügbar waren und dass die Menschen mehr oder weniger das gleiche aßen", sagt Hermes. Doch diese Annahme bestätigte sich nicht. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Menschen in den Städten sich von nomadischen Gemeinschaften unterschieden", erklärt Hermes.

Dagegen scheint jedes urbane Zentrum trotz umfangreichem Handel seine eigene Essenstradition gehabt zu haben, die innerhalb regionaler Gemeinschaften weniger vielfältig war: "Sesshafte Menschen waren stärker abhängig vom Getreideanbau als Nomaden", sagt Dr. Farhod Maksudov von der Akademie der Wissenschaften der Republik Usbekistan, der die internationale Zusammenarbeit leitete, auf der die Studie beruht. "Nomadische Gruppen hatten wahrscheinlich Zugang zu einer größeren Vielfalt an Nahrungsmitteln. Sie trieben durch ihre Mobilität die Vernetzung entlang der Seidenstraße voran und hatten daher das Potential, Trends und kulturelle Veränderungen zu beeinflussen", so Hermes.

Das Forschungsprojekt hebt insbesondere die Vorteile der internationalen Zusammenarbeit hervor. Cheryl A. Makarewicz, Professorin für Archäologie und Leiterin des Isotopenlabors (ASIL) und Mentorin von Hermes an der CAU, merkt an: "Dieses Projekt ist ein bewährtes Modell für internationale Kooperationen. Dadurch dass wir Forscherinnen und Forscher uns immer wieder über Ideen und archäologische Laborergebnisse ausgetauscht haben, konnten wir einen völlig neuen Einblick in die Rolle von Nahrung bei den Interaktionen entlang der Seidenstraße erhalten." Auch Professor Michael D. Frachetti von der Universität Washington, der die internationale Zusammenarbeit gemeinsam mit Dr. Maksudov leitete, betont dies: "Mit diesem Ansatz wollten wir das wissenschaftliche Potenzial maximieren. Unsere gemeinsame Feldforschung und Laborstudien in Usbekistan haben neue wichtige Erkenntnisse über die Ernährungsgewohnheiten geliefert."

Weitere Autoren der Studie sind Elissa Bullion, Doktorandin der Anthropologie an der Universität Washington und Samariddin Mustafokulov vom Afrasiyab Museum in Samarkand, Usbekistan. "Dieses Forschungsprojekt ist nur der Anfang, aber es gibt uns bereits ein völlig neues Bild von den Menschen im mittelalterlichen Zentralasien", sagt Hermes, der bereits weitere und umfangreichere Untersuchungen in der Region plant.

Publikation

Taylor R. Hermes, Michael D. Frachetti, Elissa A. Bullion, Farhod Maksudov, Samariddin Mustafokulov & Cheryl A. Makarewicz

Urban and nomadic isotopic niches reveal dietary connectivities along Central Asia’s Silk Roads

Scientific Reports. 26.3.2018
DOI: 10.1038/s41598-018-22995-2