München war schon immer ein begehrter Siedlungsraum

2.800 Befunde, sechs Brunnen, neun Gräber – und mehr als 100 Hausgrundrisse: Die große Anzahl kreisrunder brauner Verfärbungen im Kies macht deutlich, wie beliebt der Nordrand der heutigen bayerischen Landeshauptstadt einst gewesen sein muss.

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Spätantikes Lavezgefäß
Spätantikes Lavezgefäß, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: 3Archäologen

Bei einer archäologischen Untersuchung im Rahmen der Bebauung für ein neues Wohngebiet wurden dort überdurchschnittlich viele Hausgrundrisse ehemaliger Siedlungen entdeckt. Diese Pfostenlöcher, als Kreise im Kies nun sichtbar, sind die letzten Überreste einzelner Grubenhäuser. Sie belegen eindrücklich, dass im heutigen Stadtteil Feldmoching schon in der Eisenzeit an die 500 Menschen lebten – eine enorme Zahl für diese Zeit.

"München ist und war groß. Schon vor 2.000 Jahren strömten die Menschen hier her, um sich in der damaligen Metropolregion niederzulassen. Bislang haben wir nur annehmen können, dass es überall im heutigen Münchner Stadtgebiet Großsiedlungen gab. Die gründliche Untersuchung auf dem Lerchenauer Feld konnte das allerdings nun bestätigen und damit eine Forschungslücke schließen", sagt Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Architekt Mathias Pfeil vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD).

Die Häuser waren unterschiedlich groß, es lassen sich verschiedene Grundrisse erkennen. Spuren von historischem Lehmbewurf, der als Füllmaterial noch immer beim Hausbau verwendet wird, lassen den Schluss zu, dass ihre Bewohner in Fachwerkhäusern aus Holz wohnten. Die Siedlung hatte lange Bestand. Die Archäologen legten zwei Grabgruppen aus der späten Eisenzeit (450 bis 15 vor Christus) und römischen Kaiserzeit (3./4. Jahrhundert nach Christus) frei. Diese Körpergräber beweisen, dass das Gebiet Jahrhunderte lang fruchtbar gewesen sein muss und dort auch Ackerbau betrieben wurde. Zu den Füßen eines Bestatteten aus spätrömischer Zeit wurden Teile von Tafelgeschirr mitsamt einem Teller, eine fast intakte Henkelkanne sowie ein Trinkbecher aus Speckstein gefunden. Ein ungewöhnliches Fundstück ist die Klinge einer Sichel, denn Arbeitsgeräte findet sich selten in Gräbern. Die Bestattungen gehören zu einer römischen Streusiedlung aus dem 3. und 4. Jahrhundert.

"Römer und Kelten siedelten hier am Moosrand auf dem Lerchenauer Feld. Die bisher untersuchten zwölf Hektar stecken voller Siedlungshistorie. Nicht nur ein seltener, wertvoller Fund für die Archäologen und uns Münchner, sondern wegweisend für künftigen Städtebau. Die Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt München und dem Bauträger bei den archäologischen Ausgrabungen läuft beispielhaft. Diesen Drive wollen wir in die Fortführung der Entwicklung mitnehmen,“ sagt die Münchener Kommunalreferentin Kristina Frank.

Warum dann am Ende des Römischen Reichs plötzlich alle Menschen das Feld verließen und dort bis heute keiner mehr eine große Siedlung errichtete, könnte mit Klimaveränderungen in der Region zusammenhängen. Die Feldmochinger Grabung liefert daher unterschiedlichen Forschungsdisziplinen neue wichtige Daten.

Spätantike Schnalle
Spätantike Schnalle, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: 3Archäologen
Latenèzeitliche Keramikbeigabe
Latenèzeitliche Keramikbeigabe, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: 3Archäologen
Spätantike Kanne und Teller
Spätantike Kanne und Teller, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: 3Archäologen
Grabungsfläche Lerchenauer Feld
Die Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Drohnenfoto: 3Archäologen