Geflüchtete als Guides auf der Berliner Museumsinsel

Insgesamt 19 Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak werden als Museums-Guides fortgebildet, um Landsleute in ihrer Muttersprache durch das Pergamonmuseum, das Bode-Museum und das Deutsche Historische Museum führen zu können. Der Titel des Projekts ist programmatisch: "Multa-ka" bedeutet auf Arabisch "Treffpunkt" und steht für den Austausch verschiedener kultureller und historischer Erfahrungen.

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Teilnehmer des Museumsguide-Projekts "Multaka"
Teilnehmer des Museumsguide-Projekts "Multaka" im Vorderasiatischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin. (© Staatliche Museen zu Berlin / Foto: A. R. Laub)

Es geht aber auch um Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland, Syrien und dem Irak. Dem Museum für Islamische Kunst, dem Vorderasiatischen Museum, der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst sowie dem Deutschen Historischen Museum geht es um eine große kulturhistorische und epochenübergreifende Erzählung, die die Chance bietet, Verbindungslinien zwischen den Herkunftsländern der Geflüchteten und dem Aufnahmeland zu finden. Die Museen wollen den Flüchtlingen helfen, soziale und kulturelle Anknüpfungspunkte zu finden, um in Deutschland ankommen zu können.

Das Projekt wurde vom Museum für Islamische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin entwickelt. Es wird durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Unterstützung kommt auch von der Schering Stiftung, den Freunden des Museums für Islamische Kunst und dem Syrian Heritage Archive Project.

Die neuen Guides nehmen zunächst an einem inhaltlichen und didaktischen Training teil. Ab Dezember bieten sie regelmäßig Ausstellungsgespräche in ihrer Muttersprache in den Museen an, in denen sie ihre persönliche Haltung und Sichtweise zu den in Berlin ausgestellten Werken spiegeln werden. Bei den einstündigen Rundgängen beschäftigen sich die Guides mit der Kulturgeschichte ihres Herkunftslandes, aber auch mit der christlichen Ikonographie und den Eckpfeilern deutscher Geschichte.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, nannte das Projekt beispielgebend für die deutsche Museumslandschaft: "Die Geflüchteten führen durch die eigene und durch fremde Geschichte. Wir sagen nicht, dass wir damit das ultimative Rezept für Integration erfunden haben, aber Geflüchtete erfahren Stärke durch Bildung und durch Anerkennung ihrer kulturellen Identität, die uns viel bedeutet. Und sie beschäftigen sich mit unserer Kultur, unserem Weg durch die Jahrhunderte. Daraus kann im besten Falle Toleranz und Mut zur Verständigung erwachsen."

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, sagt: "Das Multaka-Projekt ist eine besondere Gelegenheit, die Objektvielfalt auf der Museumsinsel in assoziierten Gesprächen zu erfahren. Im Vordergrund steht dabei nicht die klassische Museumsführung, sondern ein Austausch von Menschen mit ähnlichem Erfahrungshintergrund. Multaka ist somit eine Chance, neue Wege von Verständigung und Akzeptanz in einer heterogenen und ethnisch vielfältigen Gesellschaft zu gehen." Ab Januar 2016 soll auch das einheimische Publikum in das Projekt einbezogen werden.

Die im Museum für Islamische Kunst und im Vorderasiatischen Museum ausgestellten syrischen und irakischen Kulturgüter sind herausragende Zeugnisse der Menschheitsgeschichte. Die Flüchtlinge sollen erfahren, welche Wertschätzung diesen Kulturschätzen aus der alten Heimat von den Berliner Museen entgegengebracht wird. Die Führungen in der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst verweisen auf die religionsübergreifenden Wurzeln und die gemeinsamen Ursprünge der drei Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum. Kulturen im östlichen Mittelmeerraum waren durch die Jahrhunderte bestimmt durch religiös und ethnisch plurale Gesellschaften, die heute in Gefahr sind. Museen sind Erinnerungsorte einer gemeinsamen Vergangenheit.

Das Deutsche Historische Museum wiederum will den Flüchtlingen eine Annäherung an die deutsche Kultur und Geschichte mit samt ihrer Krisen und Erneuerungsbewegungen ermöglichen. Vor allem die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, mit dem sich anschließenden Wiederaufbau, steht hier im Zentrum der Führungen: ein Hoffnungsschimmer, dass mit den Zerstörungen im Irak und Syrien die Geschichte nicht endet. "Das Deutsche Historische Museum ist ein offenes Haus für alle Menschen. Mit diesem ambitionierten Projekt haben wir nun die Möglichkeit, unsere bereits laufenden Programme für Flüchtlinge sinnvoll und zielgerichtet zu erweitern. Wir freuen uns daher sehr, dass sich die syrischen und irakischen Flüchtlinge so zahlreich für die Ausbildung im Deutschen Historischen Museum entschieden haben und damit geflüchteten Menschen Kenntnisse zur deutschen Geschichte, Deutschland und den Deutschen vermittelt werden können", sagt der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Alexander Koch.

Weitere kostenfreie Workshops für geflüchtete Kinder und Familien sowie Führungen für Flüchtlingsgruppen werden im Rahmen des "Willkommensangebots" der Staatlichen Museen zu Berlin angeboten. Informationen bietet das Referat Bildung, Vermittlung, Besucherdienste per E-Mail. Als Empfänger von Transferleistungen erhalten Geflüchtete freien Eintritt in die Staatlichen Museen zu Berlin.

Auch das Deutsche Historische Museum bietet Geflüchteten kostenfreien Eintritt und ein speziell entwickeltes Führungsprogramm in deutscher, englischer und französischer Sprache an, das ebenfalls per E-Mail gebucht werden kann.

Veranstaltung

"Multaka: Treffpunkt Museum" findet jeden Mittwoch um 15 Uhr in folgenden Museen statt:

  • Pergamonmuseum – Staatliche Museen zu Berlin (für Gespräche im Museum für Islamische Kunst und im Vorderasiatisches Museum), Bodestraße, 10117 Berlin
  • Bode-Museum (für Gespräche in der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst), Monbijoubrücke, 10117 Berlin
  • Deutsches Historisches Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin

Treffpunkt sind jeweils die Kassen/Informationen der Museen. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.