Etwas anderes als erhofft

Vier Wochen lang suchten die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) nach mittelalterlichen Relikten im Park der Menschenrechte in Bielefeld. Gefunden haben sie ganz andere Spuren der Vergangenheit, die in keinem Urkataster verzeichnet waren.

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Gebäudereste auf der Füllschicht des 19./20. Jahrhunderts
Blick in die nordöstliche Grabungsecke: Deutlich sieht man die Gebäudereste auf der Füllschicht des 19./20. Jahrhunderts. (Foto: LWL/Hahne)

Der Bau eines Regenrückhaltebeckens war der Anlass für die archäologischen Ausgrabungen. Hier vermuteten die Archäologen Überreste der Stiftsimmunität, die im 13. Jahrhundert die Bielefelder Neustadt prägte. Über diesen Komplex ist nicht viel bekannt. Deshalb erhofften sich die Fachleute der Bielefelder LWL-Archäologie für Westfalen von den Voruntersuchungen auch chtige Erkenntnisse über diesen noch lückenhaften Teil der Stadtchronik.

Was das Grabungsteam um Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe entdeckte, fiel dann aber in eine ganz andere Epoche der Stadtgeschichte. Zunächst kam eine durchgehend mächtige Füllschicht aus dem 19./20. Jahrhundert zum Vorschein. Außerdem dokumentierten die Ausgräber, unterstützt von ehrenamtlichen Helfern, Bebauungsreste in Form von Backstein- und Bruchsteinmauern sowie Schächte und eine Rinne. "Die Gebäudereste stammen alle aus dem vergangenen und davor liegenden Jahrhundert", so Grabungsleiterin Hallenkamp-Lumpe. Mittelalterliche Befunde blieben dagegen spärlich und waren zudem stark gestört.

Ein Plan aus dem Jahr 1897 zeigt angrenzend an die Grabungsfläche die sogenannte "Volkshalle". Das Vergnügungs- und Tanzlokal hatte im Jahr 1896 der "Christliche Verein Junger Männer Bielefeld e. V." erworben. Die baulichen Reste, die von den LWL-Archäologen dokumentiert wurden, dürften mit diesem Gebäude zusammenhängen - auch mit den Renovierungs- und Umbauarbeiten in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Englische Luftangriffe ließen am 30. September 1944 einen Bombenhagel auf Bielefeld niedergehen. Dabei wurde die Volkshalle völlig zerstört, wie auch einige Bauschuttverfüllungen belegen.

Vor und während der Bauarbeiten für das Rückhaltebecken werden die Forscher im kommenden Jahr auch noch nördlicher gelegene Parkbereiche auf Überreste der Stiftsimmunität von St. Marien untersuchen.

Die aktuellen Ausgrabungen werden die LWL- Archäologen so schnell nicht vergessen, hatten die abschließenden Arbeiten doch einen Rettungseinsatz ausgelöst. Ein Stein hatte sich während der Ausgrabungen aus dem Abraum gelöst, war in die Ausgrabungs-Grube gerollt und traf die Grabungsleiterin seitlich am Kopf. Nach anfänglich schlimmen Befürchtungen konnte sie die Ambulanz aber mit einer Prellung schnell wieder verlassen.