Alte Proben für ein neues Projekt

In der Genbank der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) lagerten seit 1980 zahlreiche archäologische Proben aus Griechenland, die nun dem Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften übergeben wurden. Die Proben stammen aus Ausgrabungen der spätbronzezeitlichen mykenischen Siedlung Aigeira und sollen im Rahmen eines neuen ÖAI-Projekts zur Umweltarchäologie der Stadt ausgewertet werden.

Nachrichten durchblättern
Aigeira, Luftbild der Akropolis
Aigeira, Luftbild der Akropolis mit den Ausgrabungsbereichen ›Sattel‹ und südlicher sowie östlicher Abhang der Akropolis (Foto: ÖAW-ÖAI/C. Kurtze)

Die AGES betreibt am Standort in Linz Österreichs größte Genbank für pflanzengenetische Ressourcen: Seit 1968 wird hier die genetische Vielfalt heimischer Nahrungspflanzen sowie von Heil- und Gewürzkräutern vor dem Verlust bewahrt, um sie für Züchtung, Forschung und künftige Nutzungen bereit zu halten. Der Leiter der AGES-Genbank DI Paul Freudenthaler: "Wir wissen um unsere pflanzlichen Schätze, denn das Erbgut alter Pflanzen ist gerade im Hinblick auf den Klimawandel die Grundlage für unsere Ernährung. Für uns ist es natürlich schade, dass kein keimbares Samenmaterial bei diesem archäologischen Schatz vorhanden war." In der AGES-Genbank lagern rund 5.000 Muster von landwirtschaftlich genutzten Pflanzenarten, die als Samen auch bei Temperaturen von minus 20 Grad Celsius langfristig gesichert werden. Medizinal- und Aromapflanzen bzw. vegetativ erhaltene Arten werden angebaut. "In der Genbank zeigt sich, dass im landwirtschaftlichen Wissen und der Vielfalt der Pflanzen aus unserer Vergangenheit auch unsere Zukunft liegt", so Freudenthaler. Die nationalen 'Muster' finden sich im Katalog unter www.genbank.at.

Die Proben, die nun an das ÖAI übergeben wurden, stammen aus dem griechischen Aigeira, wo vom 16.-11. Jh. v. Chr. eine spätbronzezeitliche mykenische Siedlung bestand. Bei Ausgrabungen in den 1970ern wurden Vorratsgefäße mit Linsenwicken, Ackerbohnen und Gerste entdeckt. Sie waren während eines Großbrands in der Bronzezeit verkohlt und dadurch konserviert worden. Der damalige Leiter der AGES-Genbank Dr. Rudolf Schachl übernahm schließlich Teile dieses archäologischen Fundes für weitere Analysen.

Bei der Vorbereitung zu einem neuen umweltarchäologischen Projekt zu Aigeira wurde der Archäobotaniker Dr. Andreas G. Heiss vom ÖAI auf das Material in der AGES-Genbank aufmerksam: "Die Proben, die in der AGES-Genbank lagern, stellen eine wertvolle Ergänzung unserer Datenbasis für unser Projekt dar. Durch diese können wir wertvolle Informationen über die Ernährung und Landwirtschaft der Bronzezeit in Aigeira gewinnen." Geplant ist die umfassende Untersuchung der Nutzung der Umwelt ‒ von Landwirtschaft bis Holzgewinnung. Dazu sollen alle biologischen Funde, die während der Grabung entdeckt wurden, als Wissensbasis dienen: Die Tausenden entnommenen Erdproben, die der derzeitige ÖAI-Grabungsleiter Dr. Walter Gauß aus den Schichten der Stadt entnehmen ließ, ebenso wie die in Griechenland lagernden Proben der 1970er-Grabungen und das an der AGES-Genbank verwahrte Material. Die Proben aus der AGES-Genbank werden dann am ÖAI dauerhaft archiviert.

Übergabe der Proben von DI Paul Freudenthaler an Dr. Andreas G. Heiss
Übergabe der Proben von DI Paul Freudenthaler (Leiter AGES-Genbank) an Dr. Andreas G. Heiss (Österreichisches Archäologisches Institut an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) (Foto: AGES)
Linsenwicke (Vicia ervilia)
Blick in einen Vorrat aus Linsenwicke (Vicia ervilia), der durch den Brand auf der Akropolis von Aigeira verkohlt ist (Foto: ÖAW-ÖAI/A. Heiss)