Schiffswracks mit Nanotechnologie schützen

Einen neuen Weg zur Konservierung von Schiffswracks und anderen Nassholzfunden, die nach der Bergung aufgrund des Kontakts mit dem Luftsauerstoff zu verfallen beginnen, haben Forscher des Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble (Frankreich) und der Universität von L’Aquila (Italien) gefunden. Mit Hilfe von im Wasser erzeugten Nanopartikeln können sie die einsetzende Übersäuerung des Holzes unterbinden und so Stabilität und Erscheinungsbild der seltenen Funde bewahren.

Trocknungsprozeß eines Holzartefaktes
Trocknungsprozeß eines Holzartefaktes (Foto: ARC-Nucléart)

Bei der Bergung eines Holzfundes ist es von Anfang an wichtig, den Verfallsprozess frühestmöglich zu unterbinden. Für die Entsäuerung von Altholz im großen Maßstab konnte bisher jedoch keine adäquate Lösung gefunden werden. Eines der berühmtesten Schiffswracks der Welt, die 400 Jahre alte Vasa in Stockholm, wurde in den frühen 2000er Jahren teilweise von Schwefelsäure zerstört. Wenn ein Schiffswrack Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit ausgesetzt wird, kann der Verfall weiter fortschreiten und die gesamte Struktur zusammenbrechen.

Um Risse beim Trocknen von Nassholzfunden zu verhindern, werden die Hölzer üblicherweise in eine Polyethylenglykol-Lösung (PEG) getaucht, welche das im Holz enthaltene Wasser ersetzt. Diese Behandlung kann allerdings die Säurebildung nicht unterbinden, weshalb das Holz auch nach Jahren noch korrosive Chemikalien enthalten kann. Neue, in der Zeitschrift Nanomaterials veröffentlichte Forschungsergebnisse zeigen eine innovative Lösung für dieses Problem auf.

Bei dem neuen, von dem Forscherteam aus Frankreich und Italien entwickelten Verfahren kommen Nanopartikel zum Einsatz, die in die Poren des Holzes eindringen und ein Polster bilden, um die Säureentwicklung aufzuhalten. Die Wirkung des Verfahrens untersuchte das Team mit Hilfe von Neutronenstreuung und Röntgenbeugung an einem 2.000 Jahre alten gallo-römischen Schiff im Lugdunum-Museum (Lyon, Frankreich) – einer Leihgabe der ARC-Nucléart (Grenoble, Frankreich). Der Fokus der Untersuchung lag dabei auf der Stabilität und Sicherheit der Nanopartikel im Wasser.
 
Nanopartikelprodukte sind für die Forschung im Bereich des Kulturerbes schon seit geraumer Zeit sehr wichtig. Allerdings sind die derzeit vorhandenen Lösungen sehr teuer und potenziell schädlich für Mensch und Umwelt. Viele beinhalten mit Alkohol als Lösungsmittel eine sehr flüchtige und brandgefährliche Substanz und stellen so bei großflächigem Einsatz (z. B. in einem Becken für ein komplettes Schiffswrack) ein enormes Risiko dar. Ein neues, von Forschern der Universität L'Aquila unter der Leitung von Prof. G. Taglieri entwickeltes Verfahren ermöglicht Herstellung und Einsatz von Nanopartikeln direkt im Wasser. Dieses skalierbare und kostengünstige Verfahren könnte eine nachhaltigere, sicherere und umweltfreundlichere Alternative zu traditionellen Konservierungsmethoden darstellen. Nanopartikel können sowohl kurativ als auch präventiv gegen die Säurebildung bei Holzartefakten eingesetzt werden und dazu beitragen, deren ursprüngliche Struktur und Erscheinungsbild zu bewahren.

Mit Hilfe der Kleinwinkel-Neutronenstreuung (small-angle neutron scattering, SANS) haben die Forscher am Institut Laue-Langevin die Suspension von Kalzium- und Magnesiumhydroxid-Nanopartikeln im Wasser untersucht und konnten so bestätigen, dass die Partikel ungehindert ins Holz gelangen und dieses dort erfolgreich entsäuern. Sie analysierten dann die Struktur der Nanopartikel mittels Rasterkraftmikroskopie (unter Verwendung der PSCM-Plattform), Elektronenmikroskopie und Röntgensondierung und konnten so den Schadstoffabbau in den Holzproben nachweisen.

Neutronen sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Erforschung des Kulturerbes, da sie nicht-destruktiv sind und weit in feste oder flüssige Materialien eindringen können, um zu veranschaulichen, was auf atomarer oder molekularer Ebene geschieht. Sie können z. B. Herstellungsmethoden bei Schwertern sichtbar machen oder auch die Restaurierungsverfahren für jahrhundertealte Kunstwerke verbessern.

»Die Erkenntnisse aus den kombinierten Neutronen- und Röntgenverfahren bestätigen das enorme Potenzial der Nanotechnologie in der Konservierungswissenschaft. Diese bahnbrechenden Erkenntnisse sind von unschätzbarem Wert, denn sie helfen uns zu verstehen, wie wir Schäden an antiken Objekten vermeiden und verringern können. Sie zeigen uns, wie Menschen damals lebten, arbeiteten und die jeweiligen Objekte verwendeten. Gleichzeitig ermöglichen sie uns, Zeugnisse der Menschheitsgeschichte für künftige Generationen zu erhalten.«, erklärt Claudia Mondelli, Wissenschaftlerin des Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR) am ILL. Und Gilles Chaumat, Koordinator von Forschungsprogrammen bei ARC-Nucleart, kommentiert: »Erschwingliche, nachhaltige und wirksame Verfahren zu finden, ist eine große Herausforderung bei der Konservierung von Holzobjekten. Die nichtdestruktiven Untersuchungsmethoden, die in unserer Forschung eingesetzt werden, helfen uns zu verstehen, was bei diesen wertvollen Artefakten unbedenklich verwendet werden kann.«

Ausgrabung eines römischen Schiffes in Lyon
Ausgrabung eines römischen Schiffes in Lyon (Foto: ARC-Nucléart)
Publikation

G. Taglieri, V. Daniele, L. Macera, R Schweins, S. Zorzi, M. Capron, G. Chaumat, C. Mondelli

Sustainable Nanotechnologies for Curative and Preventive Wood Deacidification Treatments: An Eco-Friendly and Innovative Approach

Nanomaterials. 3.9.2020
DOI: 10.3390/nano10091744
https://www.mdpi.com/2079-4991/10/9/1744

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