Neuer Mosaikstein der Geschichte Israels

Inschrift aus dem 10. Jh.v.Chr. ist ein neuer Mosaikstein der Geschichte Israels

Südwestlich von Jerusalem, im Ela-Tal, liegt die Ruinenstätte Qeiyafa. Der Jerusalemer Archäologe Yosef Garfinkel hat dort eine sensationelle Entdeckung gemacht. Gefunden wurde eine Keramikscherbe, die nach dem Bruch des Gefäßes als "Notizzettel" benutzt und mit fünf Zeilen in sogenannter "protokanaanäischer" Schrift versehen wurde.

Inschrift (Abgaben-Ablieferungs-Quittung) auf einer Scherbe
Inschrift (Abgaben-Ablieferungs-Quittung) auf einer Scherbe vom Tell el-Fara Süd/Südisrael, 9.Jh.v.Chr.: "für unseren Herrn" (Foto/Copyright: H. M. Niemann)

Über den Inhalt gibt es noch keine Informationen. Was auch immer darauf steht: "Aus dem 10. Jahrhundert vor Christus sind landesweit bisher nur fünf kurze Inschriften bekannt, die kürzeste aus einem Wort (Name) und die längste aus sieben Zeilen (19 Wörtern) und zwei Namen bestehend", sagt der Rostocker Theologe Prof. Hermann Michael Niemann.

Mit den über tausend biblischen und außerbiblischen Manuskripten aus dem 3. Jahrhundert vor Chr. bis zum 1. Jahrhundert nach Chr., die in den Höhlen von Qumran gefunden wurden, ist der neue Fund inhaltlich nicht zu vergleichen. Aber er ist viel älter. Das hohe Alter von Inschrift und Ort, von dem man noch nicht weiß, ob er in der Bibel erwähnt ist, wie er im Altertum hieß und ob dort Israeliten, Judäer oder andere Bewohner lebten, machen Ort und Funde bedeutend als neuen Mosaikstein für die Konstruktion der Geschichte Israels. "Spekulationen über Beziehungen zu David, Jerusalem oder Juda sind aber verfrüht, auch wenn der Ort nur zwei Tagesmärsche von Jerusalem entfernt liegt", sagt Niemann.

"Bei einem Ort wie dem neu entdeckten ist es wichtig, nicht voreilig ethnische Zuweisungen (judäisch, israelitisch, philistäisch o.ä.) vorzunehmen, die politisch-nationalistisch für Identitätsstiftungen und zur Untermauerung historischer Ansprüche benutzt werden können", sagt Niemann. Ebenso unangebracht seien kurzschlüssige Folgerungen, die die neuen Funde als Kronzeuge eines mächtigen Riesenreiches Davids missbrauchen. "Biblische Texte und historische Funde lassen sich nicht nach einem Wahr-Falsch-Muster zuordnen. Vielmehr ergänzen sich Theologie und Historie zu einem tiefenscharfen Gesamtbild", so der Rostocker Theologe.

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