Neue Erkenntnisse zur "Villa Arnesburg"

Seit 2014 finden jährlich in den Sommermonaten Ausgrabungen durch die Abteilung hessenARCHÄOLOGIE, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, in der mittelalterlichen Siedlung "Villa Arnesburg“ nördlich des Licher Stadtteils Muschenheim (Lkr. Gießen) statt. Erste Untersuchung gab es hier bereits 1993 durch die Kommission für Archäologische Landesforschung e.V. (KAL). Die Kampagne 2017 dauerte von Juni bis Mitte Juli mit niederländischer und irischer Beteiligung im Rahmen eines internationalen studentischen Praktikums.

Untersuchung eines Grubenhauses
Untersuchung eines Grubenhauses,Villa Arnesburg (© M. Gottwald M.A., Landesamt für Denkmalpflege Hessen, hessenARCHÄOLOGIE)

Durch die diesjährigen Grabungsergebnisse wird das in den vergangenen Jahren gewonnene Ergebnis untermauert, dass die mittelalterliche Siedlung am Wetterufer in enger Verbindung zu der nur 250 Meter entfernt gelegenen Burg Arnsburg (gegründet im 10. Jahrhundert) stand. Diese war einer der Stammsitze der mächtigen Herren von Münzenberg, ehemals eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter der Wetterau. Die Untersuchungsergebnisse belegen zudem den engen wirtschaftlichen Bezug der Siedlung zur Burg. Die Entdeckung von Fundamentresten eines hochmittelalterlichen Steinturmes, der in das 11./12. Jahrhundert datiert wird, war 2016 eine kleine Sensation – denn Steinbauten in einer ländlichen Siedlung sind in dieser Zeit äußerst selten.

Dies unterstreicht die ehemals wichtige Rolle dieses Ortes im Herrschaftsgefüge der Region. 2017 wurden im Umfeld dieses Steingebäudes neun in den Boden eingetiefte Bauten (Grubenhäuser) entdeckt. Sie sind eine wichtige Daten- und Fundquelle. Damit erhöht sich deren Gesamtzahl in Arnsburg auf 29. Auch sind erneut Pfostengruben nachgewiesen worden, die als Indiz für eine ebenerdige Bebauung zu werten sind. In diesen Grubenhäusern wurden nachweislich handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt. Metall- und Keramikfunde belegen mehrheitlich eine Nutzung vom 8. bis 12. Jahrhundert. Als besonderes Highlight der diesjährigen Kampagne ist der Fund einer Scheibenfibel mit plastischer Darstellung des Christus Pantokrator (Christus als Weltenbeherrscher) aus dem 10./11. Jahrhundert zu werten. Stil und künstlerische Qualität der Ausführung verweisen auf eine Herkunft aus dem byzantinischen Raum.

Doch nicht nur im Mittelalter war dieser Platz für Menschen als Siedlungsort attraktiv. Die frühesten Belege für die Anwesenheit von Menschen stammen aus der Altsteinzeit. Auch für nachfolgende Epochen sind Siedlungsspuren nachgewiesen. 2017 sind zudem weitere beachtenswerte Befunde und Funde gemacht worden, die eine Nutzung des Areals im 4. und 5. nachchristlichen Jahrhundert durch eine elb-wesergermanische Bevölkerungsgruppe untermauern. Nach dem Abzug der Römer ließen sich Germanen hier, unterhalb des ehemaligen Limeskastells Arnsburg-Alteburg, am Ufer der Wetter nieder.

Somit unterstreichen die Grabungsergebnisse 2017 erneut die wichtige Stellung dieses Areals für die Siedlungsforschung der Region. Denn es besteht durch die hier herrschende Siedlungsgunst die seltene Möglichkeit, umfassend Besiedlungsvorgänge über mehrere Jahrhunderte – seit der Auflassung des Limes bis zum Ende der mittelalterlichen Siedlung – zu untersuchen.

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