Nachweis einer verborgenen Inschrift in einem Degen aus dem "Collegium Jenense"

Ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Jena untersucht derzeit die frühneuzeitliche Universitätsgeschichte rund um die zerstörte Kollegienkirche. Dabei wurde ein stark korrodierter Degen aus dem 16. Jahrhundert entdeckt. Um eine mögliche Inschrift unter der Rostschicht sichtbar zu machen, kam die moderne Computertomographie (CT) zum Einsatz.

Virtuell freigelegte Inschrift auf der Degenklinge
Klinge des Degens mit dem harten Stahl der Scheiden, dem weichen elastischen Stahl der »Seele« und der virtuell freigelegten Inschrift (Tauschierung aus Kupfer). Falschfarbenbild: © INNOVENT e.V.

Das Ergebnis: Unter der Korrosionsschicht konnte tatsächlich der Name des Solinger Klingenschmieds Clemes Stam nachgewiesen werden. Die Untersuchung liefert nicht nur kulturhistorische Erkenntnisse, sondern demonstriert auch die Leistungsfähigkeit der zerstörungsfreien 3D-Analyse mit CT.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Kollegienkirche in Jena durch einen Bombentreffer zerstört. Bis dahin war sie über Jahrhunderte der wichtigste Zentralort der Universität und diente zwischen 1594 und 1814 auch als Bestattungsstätte für Professoren, deren Angehörige und Studenten. In den Grüften fanden sich zahlreiche Beigaben, darunter vier Degen. Einer dieser Degen wurde im Rahmen des Forschungsprojekts "Frühe Jenaer Universitätsgeschichte anhand des Kollegienquartiers und unter besonderer Berücksichtigung der Rektorengräber" an INNOVENT e.V. – Technologieentwicklung Jena übergeben.

Die Restauratorin Ivonne Przemuß vermutete unter der dicken Korrosionsschicht eine Inschrift. Um diese Hypothese zu überprüfen, kam der bei INNOVENT seit Ende 2022 verfügbare Computertomograph "EasyTom 150-160 X-Ray Micro & Nano-CT" des französischen Herstellers RX Solutions zum Einsatz.

Diese Technologie ermöglicht eine zerstörungsfreie Untersuchung des Objektinneren bei gleichzeitig hoher Auflösung (Voxelgröße < 1 µm). Der Degen passte vollständig in die Probenkammer, sodass eine vollständige volumetrische Erfassung durchgeführt werden konnte. Mit speziellen Auswertealgorithmen ließen sich unterschiedliche Materialbereiche in Falschfarben darstellen – darunter Reste der Degenhülle, Korrosionsschichten und Beschädigungen der Klinge.

Interessant war die Entdeckung einer Inschrift mit dem Namen "Clemes Stam", einem in Solingen nachgewiesenen Klingenschmied aus dem späten 16. Jahrhundert. Vergleichbare Waffen aus der Zeit von etwa 1580 bis 1620 befinden sich im Deutschen Klingenmuseum Solingen. Die aufwändige Tauschierung und die Qualität der Klinge deuten darauf hin, dass der Degen einem Angehörigen des akademischen oder adligen Standes gehört haben muss.

Die Untersuchung zeigt eindrucksvoll, wie moderne Computertomographie zur Beantwortung archäologischer und kulturhistorischer Fragestellungen beitragen kann. Gleichzeitig verdeutlicht sie die breite Anwendbarkeit dieser Technologie – von der Materialforschung bis zur Qualitätssicherung in der Industrie. 

Freigelegte Inschrift auf der Degenklinge
Zwei von der Restauratorin freigelegte Buchstaben unter einer dicken Rostschicht. Foto © INNOVENT e.V.
Degen im Computertomographen
Computertomographische Untersuchung des historischen Degens. Foto © INNOVENT e.V.
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