Archäologen und Restauratoren rekonstruieren antiken Alltag

Restauratoren und Wissenschaftler des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) erforschen zur Zeit in einem deutsch-amerikanischen Kooperationsprojekt archäologische Überreste aus der antiken Stadt Morgantina (Sizilien, Italien): Mehr als 2500 Bronze-Objekte – insbesondere aus den drei Jahrhunderten vor Christi Geburt – geben den Experten des Leibniz-Forschungsinstituts für Archäologie Aufschluss über vergangene Besiedelungen und weitreichende Fernkontakte.

Nachwuchs-Restauratoren des RGZM
Nachwuchs-Restauratoren des RGZM in der Werkstatt des Archäologischen Museums in Aidone. (Foto: RGZM)

"Die Funde stellen wohl den größten und bedeutendsten Komplex ihrer Art im gesamten Mittelmeerraum dar. Viele dieser Stücke sind Jahrzehnte nach der Ausgrabung immer noch nicht restauriert worden, was aber für eine grundlegende wissenschaftliche Bewertung eine zwingende Voraussetzung ist", erklärt der Projektleiter, PD Dr. Holger Baitinger (RGZM), und ergänzt: "Schon die Freilegung einer bestimmten Verzierung auf einem dieser aus Bronze hergestellten antiken Objekte kann uns bei der wissenschaftlichen Einordnung einen großen Schritt voranbringen und Forschungsergebnisse präzisieren." Mehrere Wochen lang ergänzen drei Nachwuchsrestauratoren des dualen Bachelor-Studiengangs »Archäologische Restaurierung« die Arbeit der Archäologen vor Ort. Der Auslandsaufenthalt bildet einen wichtigen Bestandteil ihrer Ausbildung am RGZM, die gemeinsam mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erfolgt.

Seit 2015 ist das wissenschaftliche Projekt, das die Metallfunde aus dem antiken Morgantina näher untersucht, im Forschungsfeld "Kulturkontakte" des RGZM angesiedelt. Die restauratorische Expertise aus dem RGZM begleitet die amerikanischen Grabungen in Morgantina bereits seit Mitte der 1990er Jahre. Aus den Erkenntnissen der vergangenen Grabungen sind sich die Wissenschaftler einig, dass das Areal quasi bruchlos von der späten Bronzezeit (10. Jh. v. Chr.) bis in die Zeit um Christi Geburt besiedelt war. Eine große Überraschung stellen insbesondere zahlreiche "keltische" Gewandspangen dar, die auf die Anwesenheit fremder Personen aus dem oberitalisch-alpinen Raum hinzuweisen scheinen. 1955 begannen die Ausgrabungen unter Leitung der Princeton University; sie werden bis heute durch amerikanische Archäologen von verschiedenen Universitäten fortgeführt. Die bisherigen Funde werden im Archäologischen Regionalmuseum vor Ort ausgestellt.

Kulturkontakte prägen in starkem Maße die moderne Welt und unseren Alltag, hatten auf vor- und frühgeschichtliche Gruppen und Gesellschaften tiefgreifende und oftmals nachhaltige Auswirkungen. Die Untersuchung kultureller Kontakte bildet eine wichtige Basis, um Prozesse und Entwicklungen in unserer heutigen Gesellschaft besser verstehen zu können und bietet damit wertvolles Orientierungswissen. Ihre Erforschung innerhalb des Forschungsfelds erleichtert es den Wissenschaftlern des RGZM deshalb, heutige Entwicklungen und Verhaltensweisen besser zu begreifen.

Zustand einer keltischen Gewandspange nach der Restaurierung
Zustand einer keltischen Gewandspange nach der Restaurierung; Fundort: Morgantina. (H. Baitinger/ RGZM)
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