TU Clausthal macht Nägel mit Köpfen

Ein römisches Kriegsschiff auf der Donau

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SchifffahrtExperimentelle Archäologie

Im August 2004 wird in Regensburg beim "Fest im Fluss" ein rund 20 Meter langes römisches Galeerenschiff im Taktschlag von 30 Ruderern wie ein Pfeil über die Donau dahin gleiten.

Weltweit wird die "Regina" damit der erste schwimm- und navigationsfähige Nachbau eines römischen Kriegschiffes sein. Möglich wird dieses Projekt der beiden Althistoriker, Prof. Dr. Christoph Schäfer von der Universität Hamburg und Dr. Heinrich Konen, Universität Regensburg, auch dank des Sachverstandes des Privatdozenten Dr. habil. Hans Ferkel vom Institut für Werkstoffkunde und Werkstofftechnik der TU Clausthal.

"Bei der Bergung der Wracks von vier römischen Schiffen in Mainz vor einigen Jahren wurden auch die Überreste der originalen Nägel gefunden. Diese haben wir in den vergangenen Monaten in unserem Labor spektralanalytisch untersucht. So konnten wir die Materialzusammensetzung auf 1 Atom pro eine Million Atome genau bestimmen, erklärt PD Dr. Ferkel. Außerdem gaben Gefügeuntersuchungen Aufschluss über den weiteren Materialaufbau.

Um die Art und Weise, wie die Mainzer Nägel hergestellt wurden, nachvollziehen zu können, wurde gleichfalls der weitere Materialaufbau mit Hilfe von Gefügeuntersuchungen bestimmt. "Dieses Vorhaben ist sehr interessant für uns", so Dr. Ferkel, "zumal wir uns sonst eher mit der Erforschung neuer Materialien beschäftigen."

Für den Nachbau wurde eine Stahlsorte ausgewählt, die der historischen Legierung möglichst nahe kommt. Vor kurzem wurden nun nach den Vorgaben der Clausthaler Wissenschaftler die benötigten 2800 Schiffsnägel- und bolzen in dem Langelsheimer Unternehmen ASGE Rümenapp von Hand geschmiedet.

"Die Hilfe der Clausthaler Werkstoffwissenschaftler ist für den Erfolg unseres Projektes außerordentlich wichtig, denn nur so ist gewährleistet, dass auch dieser Aspekt wirklich dem Original entspricht", sagt der Althistoriker Professor Schäfer und fügt hinzu: "Dort, wo wir bei den historischen Quellen an Grenzen stoßen, haben uns die Erkenntnisse unserer Clausthaler Partner entscheidend weitergebracht."

Die navis lusoria, das tanzende, spielende Schiff, übersetzt man den lateinischen Ausdruck ins Deutsche, war ursprünglich ein auf den Flüssen eingesetztes Lastschiff, das offenbar mit Rudern angetrieben wurde.

"Im militärischen Zusammenhang werden diese Schiffe auf dem Rhein erstmals für die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts erwähnt. Vor allem im vierten Jahrhundert entwickelte sie sich auf Rhein und Donau zum Standardschiff der römischen Flussflotten", erklärt Dr. Heinrich Konen von der Universität Regensburg.

"In Mainz liegen aus dem späten vierten Jahrhundert vier Wracks vom Typ eines sehr schlanken Ruderkriegsschiffs vor, die mit dem Typ der navis lusoria gleichzusetzen sind", sagt Professor Schäfer. " Laut unserer Berechnungen wird es bis zu 10 Knoten (ca.18 km/h) schnell sein."

"In den römischen Quellen der Zeit wird berichtet, dass Kriegsschiffe diesen Typs auf der Donau eingesetzt wurden. Aus der Sicht der althistorischen Forschung ist die praktische Erprobung der Lusoria von großer Bedeutung. Es lässt sich damit ein klares Bild über ihr Leistungsvermögen und ihre Fahreigenschaften gewinnen", sagt Dr. Konen.

(Informationen TU Clausthal)