7.000 Jahre Persische Kunst in Bonn

Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran

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Die "neolithische Revolution" war ein großer Wendepunkt der Menschheitsgeschichte: Zu Beginn der Jungsteinzeit wurden Jäger und Sammler seßhaft, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Sonne und Regen - nicht zu viel und nicht zu wenig - bestimmten die Ernte, entschieden über Leben und Tod. Schädlinge und Wild konnten alles vernichten. Daher suchten die Siedler Hilfe bei Fruchtbarkeitsgottheiten, die meist weiblich waren. Einige der ältesten Kultbilder aus Ton und Bein (1,6 bis 4 cm hoch), die zwischen dem 7. und 4. Jahrtausend v. Chr.entstanden, sind derzeit in Bonn zu sehen. Sie sind Teil der Ausstellung "7000 Jahre Persische Kunst" in der Kunst- und Ausstellungshalle. 180 kostbare Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran führen durch die facettenreiche Kulturgeschichte des Großreiches der "Edlen", der "Gesandten" (parsi), das zeitweise vom heutigen Afghanistan bis nach Ägypten, von Indien nach Griechenland reichte. Das Gebiet des Vorderen Orients im Kreuzungspunkt zahlreicher zivilisatorischer Einflüsse war die Wiege menschlicher Kultur.

"Hier ist der Anfang der Welt!" soll der sagenhafte erste arische König Keyvan der Wissende bei seiner Ankunft vor 7000 Jahren ausgerufen haben. Und hier entstanden über die Jahrtausende in Königreichen und Stadtstaaten, trotz Umstürzen, Kriegen, Völkerwanderungen Kunstschätze von atemberaubender Schönheit: Schon in frühen Horizonten feinste geschliffene Alabasterschalen; dünnwandige Tonwaren mit einer oft stark stilisierten Bemalung, meist mit Tierformen, manchmal auch abstrakt; ausdrucksvolle Büsten und Statuetten von Göttern, Menschen und Tieren aus Keramik; Chloritgefäße mit eingeritztem Dekor; vielfältiger Schmuck.

Durch die frühe Entwicklung eines urbanen Wirtschaftslebens ergab sich der Bedarf, Eigentum zu kennzeichnen, Inhalte zu sichern, Gegenstände, später auch Urkunden unverwechselbar zu machen, Herkunft von Waren für buchhalterische Zwecke festzuhalten. Also wurde neben geometrischen Zahlensymbolen, Zählsteinen, später der Schrift das persönliche Stempel-Siegel erfunden. Es wurde in feuchte Tonklumpen gedrückt, mit denen Gefäße, Türen, Knoten an verschnürten Ballen verschlossen, Vereinbarungen dokumentiert wurden. Ein Exponat aus Steatit zeigt zum Beispiel in einer sehr ausgewogenen Komposition einen Menschen, der auf beiden Seiten das Horn je eines Steinbocks hält. Eine Weiterentwicklung sind seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. Rollsiegel. Das sind kleine Zylinder aus kostbarem Stein, Keramik, Knochen oder Metall. In die Mantelfläche sind geometrische Formen, Tiere, Götter und Menschen (wie immer wieder Gottkönig Gilgamesch und sein treuer Gefährte Enkidu) eingeschnitten. Beim Abrollen auf feuchtem Ton ergibt sich ein endloses Band mit erhabenem Halbrelief. Eine Durchbohrung in der Längsachse erleichterte das Abrollen und auch das Tragen an einer Schnur um den Hals wie ein Amulett. Da zunehmend mehr Menschen am Wirtschaftsleben teilnahmen und die Mode gefiel, wurden die Darstellungen immer differenzierter und entwickelten sich zu bezaubernden Miniaturkunstwerken, frühen Statussymbolen. Ein besonders erlesenes Stück aus Serpentin ist die Darstellung von zwei dramatischen Tierkampfszenen: Mann gegen Stier und Mann gegen Löwe aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend. Ganz ungewöhnlich das Bild einer Frau mit ausladendem Ziegengehörn neben einer Vegetationsgöttin, aus deren Körper fächerförmig neun Kornähren sprießen. Eine Mondsichel bescheint die beiden Gestalten nebst gehörnten Tieren und Pflanzen.

Schon um die letzte Jahrtausendwende v. Chr. entstanden Schnabelkannen aus Keramik, deren kühne, weit ausladende Formen eine besondere künstlerische Phantasie und hohe technische Meisterschaft der Töpfer verraten. Dieser Stil war wohl schon eine "Modeerscheinung". Ein weiterer Vorgriff auf spätere Entwicklungen sind "kubistische" weibliche Idole in Form einer Statue und eines Gefäßes.

Besonders ausdrucksvoll wirken die ausgestellten Luristan-Bronzen aus West-Iran, seit etwa 1000 v. Chr. ein geschlossenes Ensemble von unverwechselbaren Formen und künstlerischen Vorstellungen von Mensch-, Tier- und Dämonendarstellungen, oft kopiert und oft gefälscht für den modernen Kunsthandel. Die Exponate umfassen Standarten und Aufsätze, Zeremonialäxte, Schild-, Köcherbeschläge, Armreifen, Pferde-Trensen und -Pektorale zum Schmuck und Schutz, eine figural verzierte Nadel in besonders eindringlicher Gestaltung. Kampf- und Jagdszenen waren besonders beliebt.

Die erlesensten Ausstellungsstücke stammen aus Grabfunden und aus den monumentalen Palästen der Achaimeniden-Herrscher um 500 vor unserer Zeitrechnung: Parsargadae, Susa, Persepolis (griech. "Stadt der Perser"). Zentren der Macht und der Pracht! Hier wurden edle Elfenbein-Schnitzereien gefunden, prunkvolle Gefäße aus Gold, Silber und Elektron, der Legierung aus beiden. Ein kostbares goldenes Löwenrhyton ziert Ausstellungs-Plakat und Katalog. Der Trinkbecher ist an den Vorderkörper eines geflügelten Löwen angelötet. Dieses Prunkstück achaimenidischer Goldschmiede mag kultischen Zwecken gedient haben. Vielleicht gehörte es auch zum königlichen Tafelgeschirr.

Es war das goldene Zeitalter des Reiches: Kyros der Große hatte die persischen Stämme geeint, die Dynastie begründet, die Juden aus der Gefangenschaft entlassen, den Zarathustra-Feuerkult zur Staatsreligion gemacht, die fortgesetzte Verehrung des alten Licht- und Schöpfergottes Ahura Mazda, den Marduk-Kult Babylons, Christentum, Judentum, Manichäismus und Buddhismus aber toleriert. Sein Nachfolger Kambyses hatte Ägypten erobert, allerdings in der Wüste ein Heer von 50.000 Soldaten auf dem Weg zur Oase Siwa verloren. Nun erweiterte Darius der Große die Reichsgrenzen bis zur Donau und nach Indien. Er begann den Bau von Persepolis mit den Halbreliefs von 23 tributbringenden Länderdelegationen an den großen Steintreppen.

Einen Eindruck vom Altagsleben und von der umfangreichen Buchhaltung zu dieser Zeit vermitteln Tausende von Tontäfelchen in elamischer Keilschrift. Sie wurden in einem Verwaltungsarchiv von Persepolis gefunden. Ursprünglich auf ungebranntem Ton geschrieben und ebenso aufbewahrt, sind die meisten inzwischen zu Staub zerfallen. Als aber Alexander der Große 330 v. Chr. den Palast anzünden ließ, wurde in der Feuersbrunst ein Teil des Bestandes zufällig gebrannt und ist uns dadurch erhalten geblieben. So erfahren wir in einem der Wirtschaftstexte, wieviel Kascha, Schekel und halbe Schekel der Schatzmeister Mahus dem Aufseher Zissawis für die Arbeiter im Schatzhaus und für die Künstler zahlen sollte. Die Namen dieser unbedeutenden Untertanen sind ungewollt durch eine kuriose Laune der Geschichte unsterblich geworden.

Mit der Eroberung durch Alexander dem Großen wurde die damals bekannte östliche Welt und ihre Kultur griechisch. Ihm folgten die Dynastien der Seleukiden und Arsakiden (Parther). Sie sind in der Ausstellung repräsentiert durch eine Auswahl von ausdruckstarken Statuen aus Stein, Marmor und Bronze. Besonders der Gesichtsausdruck eines elymaischen Fürsten, eines Adoranten und der des Herakles prägen sich ein.

Die Zeit der Sasaniden (3.-7. Jh. n. Chr.) brachte eine Rückbesinnung auf die große kulturelle Tradition der achaimenidischen Blütezeit. Prächtig dekorierte Silberschalen, Skulpturen, Keramik und frühe Glasstücke von hoher technischer und ästethischer Perfektion dokumentieren das Kunstschaffen dieser "Renaissance". Bezaubernd mit seiner spielerischen Phantasie ist ein silberner, teils vergoldeter Teller, dessen Innenseite als See mit Fischern, Putti, Enten, Fischen und allerlei geflügelten Fabelwesen gestaltet ist.

Der Siegeszug des Islam brachte eine neue Bildersprache. Unter dem grünen Banner entstanden Objekte aus Silber, Keramik, Glas von bestechender Schönheit. Zudem natürlich Handschriften des Koran. Eine besonders aufwendige illuminierte Schrift auf Pergament in Querformat aus dem 9./10. Jahrhundert bildet den Schlußpunkt der Ausstellung. Die Schrift ist schwarz, die Vokalisierungs-Hilfszeichen sind rot und die Trennungen der 114 Suren (Kapitel) in Gold-Dekor.

Die Ausstellung ist noch bis zum 6. Januar in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn zu sehen. In zwei Jahren soll eine Fortsetzung über die islamische Periode den kulturellen Dialog der Zivilisationen vertiefen.