Die etwa 4500 Jahre alte Waffe war 2005 im Rahmen von Ermittlungen des BKA und des Bayerischen LKA bei einem Münchner Antikenhändler entdeckt und nach Sichtung durch Dr. Michael Müller-Karpe, Archäologe am RGZM, sichergestellt worden.
Der dringende Tatverdacht der Hehlerei, so Müller-Karpe in dem von ihm erstellten Gutachten, ergab sich zum einen aus dem Umstand, dass der Händler keine nachvollziehbaren Angaben zur Herkunft der bedeutenden Antike machen konnte. Es existierten auch keine offiziellen Dokumente (Grabungsgenehmigung, Fundmeldung, Exportlizenz), die bei Antiken legaler Herkunft regelmäßig vorhanden sind. Zum anderen waren auf einer Seite der Axt deutliche Kratzspuren zu erkennen. Hier befand sich offenbar eine Inventarbeschriftung die unkenntlich gemacht worden war. Die Antike dürfte daher aus einem Museumsdiebstahl stammen oder bei einer wissenschaftlichen Grabung entwendet worden sein. Trotz intensiver Nachforschungen konnte der ursprüngliche Besitzer nicht ermittelt werden. Am RGZM durchgeführte Untersuchungen ergaben, dass die Axt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Irak stammt: Vergleichbare Äxte wurden u.a. im Königsfriedhof in Ur (Südirak) gefunden. Irakische Antiken befinden sich regelhaft im öffentlichen Eigentum der Republik Irak, falls die Ausnahme nicht durch amtliche Dokumente nachgewiesen wird. Der Irak hat, wie nahezu alle Staaten mit Fundstätten antiker Hochkulturen, Antiken zu Staatseigentum erklärt und den Antikenhandel verboten. Dieses sog. Schatzregal dient dem Schutz der archäologischen Stätten und Museen vor Plünderungen. Daher folgte die Staatsanwaltschaft München I dem Vorschlag Müller-Karpes und verfügte die Übergabe der Axt an den Irak, zumal der Händler inzwischen auch „freiwillig“ auf die Axt verzichtet hatte.
Seine Exzellenz Dr. Hussain Mahmood Fadhlalla Al-Khateeb bedankte sich bei der Übergabe des Artefakts bei all denen, die dabei helfen, den illegalen Handel irakischer Kunstschätze zu unterbinden – wo und wann auch immer dieser stattfindet. „Ich drücke meine Freude und meine Zufriedenheit aus“, so seine Exzellenz, „heute erneut ein weiteres archäologisches Stück Irakischer Herkunft entgegenzunehmen, das der ganzen Menschheit gehört und an seinem rechtmäßigen Platz im Irak aufbewahrt werden sollte.“ Nicht zuletzt galt sein Dank Herrn Dr. Michael Müller-Karpe.
Michael Ebling, Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Rheinland-Pfalz, der in Vertretung von Ministerin Doris Ahnen die Übergabe vornahm, bezeichnete den Schutz von national wertvollen Kulturgütern, einschließlich der Rückgabe von unrechtmäßig ins Ausland verbrachten Kulturgütern an ihren Herkunftsort, als eine wichtige nationale wie internationale Aufgabe. „Die Rückgabe der antiken Streitaxt an den irakischen Staat ist deshalb nicht nur für den Irak ein erfreuliches Ereignis“, sagte Ebling. „Es ist auch ein guter Tag für den Kulturgutschutz, dem Rheinland-Pfalz eine große Bedeutung beimisst.“
Prof. Dr. Jürgen Stock erläuterte warum diese Sicherstellung zeigte, dass der gezielte Einsatz hochspezialisierter Ermittl er bei der Bekämpfung des illegalen Handels mit antiken Gütern immer wieder Früchte trägt. „Angesichts spektakulärer Fälle wie diesem wird das Bundeskriminalamt seine Expertise auch künftig insbesondere bei der Beobachtung des weltweiten Antikenmarktes einbringen und national wie international den engen Schulterschluss mit spezialisierten Polizeidienststellen sowie externen Fachleuten suchen.“
Peter Dathe hob die vorbildliche Kooperation mit den ermittelnden Beamten von BKA und Staatsanwaltschaft sowie den Sachverständigen des Römisch-Germanischen Zentralmuseum hervor. Dadurch sowie durch effiziente Nachforschungen sei ein Beitrag zum Schutz archäologischen Kulturgutes geleistet und die Rückgabe dieser antiken Streitaxt ermöglicht worden. Von Raubgräbern gehe für den archäologischen Bestand aller Länder größte Gefahr aus. „Die Zahl derer, die in rücksichtsloser Weise archäologische Denkmäler im In- und Ausland zerstören und ausplündern, steigt ständig an“ erläuterte Dathe. „Die historische Identität von Staaten wird damit Angriffsziel von Kriminellen“.
Dies bestätigte auch Dr. Christoph Strötz, Generalstaatsanwalt in München: „Bei dem Handel mit Antiken haben wir es regelmäßig mit einem Hehlereimarkt zu tun“. Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Ereignisse in Ägypten sei es den Staatsanwälten ein großes Anliegen, dass Kulturgüterschutz beachtet und ernst genommen werde. Da die illegale Herkunft des Objektes meist nicht mit der nötigen Sicherheit nachgewiesen werden könne, komme es zum Ende der Ermittlungsverfahren nicht zwingend zu einer Anklage. Strötz hofft, „dass wir möglichst oft in einem derartigen Rahmen zur Übergabe eines antiken Objektes zusammenkommen können.“
In seinem Vortrag zeigte Müller-Karpe Bilder von archäologischen Stätten im Irak, die Raubgräber, „zur Versorgung eines nimmersatten internationalen Antikenmarktes mit Hehlerware“, durchwühlt und völlig zerstört haben. „In der Marktwirtschaft bestimmt bekanntlich die Nachfrage das Angebot“, so Müller-Karpe. „Der Schutz des archäologischen Erbes muss daher bei einer wirksamen Bekämpfung des verbotenen Handels mit Antiken zweifelhafter Herkunft ansetzen – dem finanziellen Anreiz und Motor für Raubgrabungen und Museumsplünderungen.“ Diesem Zweck, in erster Linie, diene die Rückgabe von Antiken wie dieser Streitaxt an das jeweilige Herkunftsland: „Antikenhehlerei darf sich nicht mehr lohnen!“
Prof. Dr. Falko Daim, Generaldirektor des RGZM, erwähnte in seiner Begrüßung, dass das Museum häufig von deutschen Behörden ersucht werde, bei der Verfolgung von Straftaten im Handel mit Kulturgütern zu helfen, da ein großes Fachwissen vonnöten sei, um die Herkunft von archäologischen Gegenständen zu bestimmen. „Einen besonderen Stellenwert für das RGZM hat die Kooperation mit dem Irak, dessen weltberühmte Ausgrabungsstätten in Folge des letzten Krieges geradezu ausgeplündert worden sind“, so Daim. „Wenn durch unsere Mitwirkung heute eine sumerische Streitaxt an die irakische Bevölkerung zurückgegeben werden kann, so wird dies die Wunden nicht heilen, aber es ist mehr als ein Symbol, und wird dazu beitragen, das Verantwortungsbewusstsein im Antikenhandel und die Sensibilität der breiten Öffentlichkeit zu fördern. Welchen Stellenwert die kulturelle Hinterlassenschaft für die Bevölkerung hat, haben demonstrierende Ägypter in Kairo erst vor kurzem gezeigt, als sie mit einer Menschenkette ihr Nationalmuseum vor Plünderern schützten.“